ÖsterreicherInnen essen täglich rund 93 Gramm Zucker, das ist fast doppelt so viel, wie die World Health Organization (WHO) empfiehlt. Obwohl wir seit einigen Jahren immer weniger Zucker zu uns nehmen, sind fast zwanzig Prozent der ÖsterreicherInnen (also jedeR fünfte) stark übergewichtig.
Light oder normal?
Zugeschrieben wird die hohe Anzahl an adipösen Menschen teils dem übermäßigen Konsum von Zucker, besonders von zuckrigen Getränken, die zusätzlich zu den Mahlzeiten konsumiert werden. Um Zucker einzusparen und damit auch DiabetikerInnen mehr Lebensqualität zu ermöglichen, setzen viele ProduzentInnen auf alternative Süßungsmittel.
Das Ergebnis wird oft als „Light“-Produkt bezeichnet. Diese als Diätprodukte vermarkteten Lebensmittel können dabei helfen, die Kalorienzufuhr zu verringern, bestätigt Barbara Lieder, Chemikerin an der Uni Wien. „Allerdings sollte man einen sogenannten „Rebound“-Effekt vermeiden und nicht die eingesparten Kalorien an anderer Stelle zu sich nehmen.“
Studien fehlen
Süßstoffe werden oft als „pure Chemie“ abgetan und deshalb verteufelt. Doch sind alternative Süßungsmittel wirklich schädlich? „Es gibt wissenschaftliche Studien, die einen Einfluss von Süßstoffen auf beispielsweise die Regulation der Blutglukose gefunden haben“, klärt Lieder auf. Süßstoffe lassen aber den Blutzucker nicht ansteigen, wodurch auch kein Insulin ausgeschüttet werden muss.
Andere Studien konnten dies jedoch nicht vollumfänglich bestätigen, daher ist das Ergebnis nicht gesichert. Wie in vielen Forschungsbereichen mangelt es auch hier an Untersuchungen. „Ein weiteres Problem ist, dass bei vielen Studien alle Süßstoffe über einen Kamm geschoren werden, aber strukturell unterschiedliche Stoffe auch unterschiedlich wirken können“, so Lieder.
Es gibt also nicht genug Daten, um pauschal sagen zu können, ob Süßstoffe schädlich sind. „Aus wissenschaftlicher Sicht fehlen weitere, vor allem längere Interventionsstudien, um konkretere Aussagen treffen zu können“, bemängelt Lieder. „Zudem benötigen wir mehr Studien, die zwischen schlanken und übergewichtigen Personen, aber auch zum Beispiel Diabetes Typ II PatientInnen unterscheiden, da es hierbei auch Unterschiede geben kann.“
Da die Reaktion jeder Person auf verschiedene Süßungsmittel sehr unterschiedlich sein kann, lassen sich allgemeine Aussagen laut Lieder nur schwer treffen. Prinzipiell kann man aber davon ausgehen, dass in der EU zugelassene Süßstoffe gesundheitlich unbedenklich sind.
Machen Süßstoffe auch glücklich?
Und wie steht es um die „Glücksgefühle“, die sich beim Verzehr von Süßem einstellen? Hierzu muss man wissen, dass nicht der süße Geschmack an sich glücklich macht. Das gilt auch für den altbekannten „Stimmungsaufheller“ Schokolade. Die enthält zwar bestimmte Stoffe, die den Körper zur Serotoninproduktion anregen. Was uns allerdings wirklich „glücklich“ macht, ist, dass wir auf Schokolade als Belohnung konditioniert sind.
Fragt man Menschen nach ihrer Süßungspräferenz, spalten sich die Meinungen. Auch Lieder bestätigt, dass viele Süßstoffe anders wahrgenommen werden: Manche schmecken wir nur mit Verzögerung, bei anderen hält die Süße länger an. „Dies führt häufig zu einer verringerten Akzeptanz bei den Konsumenten“, so Lieder. Alternative Süßungsmittel gefallen Testpersonen in Untersuchungen nicht so gut wie der echte Zucker und lösen auch nicht dieselbe Glücksreaktion im Körper aus. Das weist darauf hin, dass die Verwertbarkeit der Nährstoffe für den Körper eine größere Rolle spielt als der Geschmack.
Egal ob echter oder Fake-Zucker: Auf Süßes will niemand verzichten. Deshalb erforscht Barbara Lieder im Rahmen des Christian Doppler Labors für Geschmacksforschung an der Fakultät für Chemie der Uni Wien den süßen Geschmack, um seine Auswirkungen auf unseren Stoffwechsel besser zu verstehen und damit zur Entwicklung von wohlschmeckenden und gleichzeitig kalorienarmen alternativen Süßungsmitteln beizutragen.