Welche Themen interessieren die Öffentlichkeiten außerhalb der USA an diesem Wahlkampf? Welche Veränderungen erwartet man dort, abhängig davon, ob die Demokratin Hillary Clinton oder der Republikaner Donald Trump der nächste und xx. US -Präsident werden? Wir haben im Politologieabsolventen aus dem Ausland um ihre Einschätzung gebeten. Ein Blick über den Tellerrand der Schnitzelrepublik:
1. Interessierte sich die Öffentlichkeit, in dem Land, in dem du lebst, für den US-Wahlkampf und welches Thema war da vor allem präsent?
Halstein Bagøien Moe, 30, lebt in Norwegen:
Über die US-Wahl wurde in Norwegen intensiv berichtet, in etwa gleich viel wie über norwegische Wahlen. Und zwar mit einem Schwerpunkt darauf, zu erklären, wie eine bestimmte Sicht auf die Welt und ein damit einhergehender Diskurs in den USA so promeninet werden konnten. Aber auch die norwegischen Medien sind nicht immun gegen die Sensationsgier, die die politische Debatte in den USA in einen Medienzirkus verwandelt hat.
Johannes Langer, 31, lebt in Bogotá: Viele Kolumbianer verfolgen sehr oberflächlich die Diskussion um die Präsidentschaftswahlen in den USA. Weil die urbane Mittelschicht viele Verwandte in den USA hat, vor allem in Florida, gibt es eine Identifizierung mit den Latinos und deren Problemen in den USA. Viele Kolumbianer können sich aber weder mit Hillary Clinton noch mit Donald Trump anfreunden.
Matthias Hager, 35, lebt vorwiegend in Rom: Der politisch interessierte Teil der italienischen Öffentlichkeit verfolgt auch mit Interesse den US-Wahlkampf. Wobei im Moment in Italien viele Themen durch das anstehende Verfassungs-Referendum verdrängt werden. Im medialen Diskurs waren vor allem die Skandale rund um Donald Trumps sexistische Aussagen verstärkt präsent, während der Affäre rund um Hillary Clinton’s Emails – auch mangels Verständnis, worum es dabei eigentlich geht – weniger Bedeutung beigemessen wurde. In Österreich wird Trump auch im Kontext des Rechtspopulismus eingeordnet, in Italie ist dies weniger der Fall. Hier dominieren hingegen die Vergleiche mit Berlusconi, wobei in Italien berichtet wird, diese Vergleiche würde von der US-Medienlandschaft ausgehen.
Maciek Lekowski, 28, lebt in Polen: Ich denke, der durschnittliche Pole interessiert sich kaum für die US-Wahl. Wenn dann interessiert es die besser ausgebildeten Leute in den größeren Städten: Die Themen, die hier öffentlich stark diskutiert werden, sind die Außen- und die Sicherheitspolitik. Da gehts es zum Beispiel darum, wie der künftige US-Präsident/ die künftige US-Präsidentin Zentraleuropa sieht und ob er oder sie eine stärkere NATO-Präsenz in Osteuropa unterstützen wird.
2. Was wäre die einschneidendste Veränderung, die du für deine (Wahl)heimat erwartest, wenn Trump US-Präsident würde?
Matthias Hager, Italien: Ein Sieg Trumps würden den italienischen TTIP-Gegnern Auftrieb geben. Daneben wäre wohl vor allem die Frage interessant, inwieweit ein Präsidentschaft Trumps Auswirkungen auf die militärische Kooperation der beiden Länder hätte. In Italien herrscht hierbei die Sorge, dass es unter Trump zu einer Isolationspolitik der USA käme, die letztlich auch indirekt wirtschaftliche Auswirkungen auf Italien hätte (angesichts der dortigen nach Deutschland zweitgrößten Zahl un US-Militär Standorten in Europa).
Johannes Langer, Kolumbien: Eine Wahl Trumps wird in Kolumbien vor allem mit Unsicherheit verbunden. Wenn Trump die Wahlen gewinnt, wäre das ein Rückschlag für Präsident Juan Manuel Santos, weil das neue Programm „Paz Colombia“, das im Jänner 2016 mit Obama unterschrieben wurde, in der Luft hängen könnte. Der US-Kongress unterstützt das Programm, aber Trump könnte es wie so viele andere internationale Verträge aufkündigen – auch wenn er sich nicht dazu geäußert hat.
In Lateinamerika gibt es generell eine eindeutige ablehnende Haltung gegenüber Trump, vor allem wegen seiner als beleidigend aufgefassten Kommentare über Latinos in den USA. Seine Positionen bezüglich der Region sind unklar genauso wer seine Ratgeber sind. Die mögliche Grenzmauer mit Mexiko könnte einige antiamerikanische Wellen in der Region schlagen, vor allem wenn Trump darauf beharren sollte, dass eine solche Mauer von Mexiko bezahlt wird.
Maciek, Polen: Wenn Trump zum Präsidenten gewählt würde, könnte es einen Wechsel der US-Politik gegenüber Russland geben. Derzeit bekennen sich die USA zur Stationierung militärischen Ressourcen in Osteuropa (auch in Polen). Es gibt analysen, die nahelegen, dass Trump diese Entscheidung revidieren würde. Außerdem ist es kein Geheimnis, dass trump die US-Beziehungen zu Russland verbessern will. Die Frage ist, was der Preis dafür wäre undob die Ostflanke der Nato hier nicht in gewisser Weise „geopfert“ würde.
Halstein, Norwegen: In Norwegen herrscht generell ein positives Bild der USA, ein großteil der Bevölkerung spricht hier (amerikanisches) Englisch und besucht die USA gerne. Wenn trump Präsident würde, würde sich das Bild, das Norweger von des USA haben, sehr verschlechtern. Die wirklichen Auswirkungen sind sehr schwierig zu erahnen, aber als Mitglied in der NATO und nicht in der EU könnte ein Vertrauensverlust gegenüber dem wichtigsten Verbündeten schon die norwegische Außenpolitik verändern.
3. Was wäre die einschneidendste Veränderung, die du für das Land, in dem du lebst, erwartest, wenn Clinton US-Präsidentin würde?
Halstein, Norwegen: Clinton würde wahrscheinlich für Norwegen nicht viel Veränderung bedeuten, die meisten leute hier würden das wohl „Business as usual“ erwarten.
Johannes Langer, Kolumbien: Kolumbiens Präsident Santos hat sich in einem AFP-Interview im September 2016 klar geäußert wen er bevorzugt: Hillary Clinton. Ein Wahlerfolg von Clinton würde klare Garantien für den Friedensprozess mit Guerrillagruppen stehen und damit fortsetzen, was unter Obama betrieben wurde: eine zurückhaltende, aber unterstützende Position im Friedensprozess. Sie würde wohl auch das Freihandelsabkommen weiterhin unterstützen, wie sie das als Außenministerin tat, obwohl sie ursprünglich als Senatorin dagegen gestimmt hatte.
Im Vergleich zu Obama könnte Clinton eine aktivere Rolle in Lateinamerika spielen. Wie in anderen Regionen hat sie einen eher militanten Zugang zur Region. Sie verlangt etwa einen Plan Colombia (2000-2015) für Zentralamerika. Dieser Plan schwächte Kolumbiens Rebellengruppen, brachte aber unzählige Menschenrechtsverletzungen mit sich. Ansonsten hat sie sich in der Vergangenheit als Verteidigerin des Freihandels hervorgetan.
Maciek, Polen: Für den Fall, dass Clinton gewinnt, sehe ich keine besonderen Veränderungen auf Polen zukommen. Ich denke, die beziehungen würden weitestgehend so bleiben, wie sie jetzt sind.
Matthias Hager, Italien: Eine Clinton-Präsidentschaft wird von der aktuellen politischen Führung Italiens defintiv begrüßt, da dies wohl business as usual für das Verhältnis der beiden Länder bedeuten würde. Einige Verschwörungstheoretiker etwa aus dem Umfeld des Movimento Cinque Stelle warnen aber davor, dass eine Clinton-Präsidentschaft zu einer verschärften Auseinandersetzung mit Russland, wenn nicht sogar zu einem Krieg führen könnte.