Schlechte Laune, Stress, Ärger – und schon greifen wir zu süßen oder salzigen Lebensmitteln, um unsere Stimmung zu heben. So zumindest die Annahme, denn wissenschaftlich bestätigen konnten dies Psycholog*innen der Universität Wien nicht. Giorgia Silani und ihre Kolleg*innen führten eine Studie während des ersten Corona-Lockdowns durch: Dafür befragten sie rund 800 Teilnehmer*innen aus Österreich, Deutschland und Italien zu Essverhalten, Belohnungen und sozialen Interaktionen.
Entgegen der Erwartungen der Forscher*innen konnten sie keinen Zusammenhang zwischen Stress und einer erhöhten Aufnahme von süßen bzw. salzigen Lebensmitteln feststellen. „Unsere Analysen ergaben, dass sich die Teilnehmer*innen bei erhöhtem Stress weniger mit Essen, Tabak, Alkohol oder Medienkonsum belohnten“, sagt Giorgia Silani.
Neue Erkenntnisse
Dies überraschte die Forscher*innen. Eigentlich hatten sie die Hypothese aufgestellt, dass die Lockdowns sich negativ auf das Sozialleben der Teilnehmer*innen auswirken und diese daher zu verschiedenen Mitteln – wie eben süßes und salziges Essen, Medienkonsum oder Alkohol bzw. Tabak – greifen würden, um ihre Stimmung zu verbessern. „Eine bessere soziale Vernetzung während des Lockdowns hätte als Schutzfaktor dienen und so die Auswirkungen eines verringerten psychischen Wohlbefindens auf den Konsum von Nahrungsmitteln und anderen Belohnungen verringern können“, erklärt Giorgia Silani die Annahme. Doch genau dies war eben nicht der Fall.
Bessere Stimmung
Die Studie ergab, dass die Teilnehmer*innen eher dann zu süßen bzw. salzigen Essen griffen, wenn sie in besserer Stimmung waren. „Wir stellten fest, dass die Teilnehmer*innen das Essen mehr genossen, wenn sie besser gelaunt waren und sich ruhiger und energiegeladener fühlten. Wir haben außerdem festgestellt, dass eine bessere Stimmung und die Anwesenheit von mehr Menschen die Nahrungsaufnahme fördern.“ Hatten die Teilnehmer*innen weniger Energie und schlechtere Laune, führten sie grundsätzlich weniger Aktivitäten aus und gönnten sich bestimmte Lebensmittel, Alkohol, Tabak sowie Medien weniger.
Gute Strategien
Die Teilnehmer*innen versuchten also nicht, ihre negative Stimmung mit bestimmten Lebensmitteln und anderen Genussmitteln zu bekämpfen. Jedoch helfen diese, um eine positive Stimmung beizubehalten. Also gibt es einen Zusammenhang zwischen Nahrungsaufnahme und den Umgang mit Stress. Die Psychologin betont, dass es noch mehr Forschung braucht, um dazu weitere Aussage zu treffen.
Über die Strategien, die man treffen kann, um weniger oft zu fett- und zuckerreichen Lebensmitteln zu greifen, sagt Giorgia Silani abschließend: „Meiner persönlichen Meinung nach wird etwas ‚ungesund‘, wenn es in einem Übermaß konsumiert wird, das dem Einzelnen psychisch oder physisch schadet. Aktivitäten nachzugehen, die uns Spaß machen, ist an sich eine gute Sache. Es ist in Ordnung, ab und Glas Wein oder Pizza zu konsumieren. Mehr Dinge zu haben, die uns Spaß machen, könnte eine gute Lösung sein, um den übermäßigen Konsum eines bestimmten Genussmittels zu vermeiden.“
