Vulkane sind selten berechenbar, doch mit einer neuen Methode kann man dem Ausmaß ihrer Ausdünstungen zumindest besser auf die Schliche kommen. Vulkanwolken bestehen meistens aus Asche, aber auch aus anderen Stoffen wie Schwefeldioxid. Diese Wolken können bis in die Stratosphäre reichen, also etwa 30 bis 40 Kilometer in die Höhe. Diese riesigen Mengen an Teilchen führen zu thermischen Anomalien, sie verändern also das Temperaturprofil der Atmosphäre. Neue Erkenntnisse über das Verhalten von Vulkaneruptionen haben außerdem einen großen Einfluss auf unser Verständnis ihrer Auswirkungen auf das Klima.
Einmal die Welle für GPS!
Bis jetzt war es mit herkömmlichen Messmethoden kaum möglich, neben einer horizontalen auch zu einer vertikalen Darstellung von Vulkanwolken zu kommen. Die Radio-Okkultation, mit der Forscher der Uni Graz erstmals erfolgreich die Untersuchung von zwei Vulkanausbrüchen demonstrieren konnten, funktioniert über GPS-Signale. Es gibt dabei einen Sender- und einen Empfänger-Satelliten, die durch die Wolken hindurch Signale, als Radio-Wellen, senden und empfangen. „Durch die veränderte Luftdichte werden sie gebrochen“, erklärt Assoz.-Prof. Andrea Steiner von der Forschungsgruppe Atmosphärenfernerkundung und Klimasystem am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Karl-Franzens-Universität Graz. „Das kann man sich so vorstellen, wie wenn ein Lichtstrahl im Wasserglas gebrochen wird. Aus der Stärke der Ablenkung des Signals können wir dann den Druck in der Atmosphäre, die Temperatur und weitere Klimaparameter ableiten.“ Durch ergebe die gute sich eine vertikale Auflösung der Messungen kann man die Höhe und thermische Wirkung Vulkanwolke ermitteln.
Demonstriert hat die Forschungsgruppe das bei zwei Vulkanen, die beide im Juni 2011 ausgebrochen sind, nämlich bei dem Puyehue in Chile und dem Nabro in Eritrea. Puyehue hat hauptsächlich Asche in die Troposphäre, also die untere Wetterschicht, in der wir leben, geblasen. Nabro allerdings hatte einen explosiven Ausbruch, bei dem auch Schwefeldioxid in die Stratosphäre gelangt ist, etwa 17 bis 20 Kilometer hoch. Beide Ausbrüche hatten enorme negative Folgen für den Flugverkehr im anliegenden Gebiet. Mithilfe von Radio-Okkultation konnten die Ausmaße der Eruptionen besser bestimmt werden. „Bei beiden konnte man sehr schön die Änderung in der thermischen Struktur sehen“, sagt Steiner.
Flying home for christmas
Zwar könne man Vulkanausbrüche schon sehr gut mit Radio-Okkultation analysieren, allerdings sagt Steiner: „Kurzfristig geht das für den Flugverkehr noch nicht.“ Dass sich der Feiertagsflugverkehr spontan an Vulkaneruptionen anpasst, ist also noch Zukunftsmusik. „Was wir mit den Daten der Radio-Okkultation in erster Linie machen, ist Klima-Monitoring“, erklärt Steiner. „Wir untersuchen prinzipiell Temperaturänderungen und die Klimavariabilität in der Atmosphäre. Da gehören Vulkane natürlich dazu, weil sie das Klima kurzfristig beeinflussen.“
Untersucht würden außerdem Klimatrends und Extremereignisse wie Hitzewellen oder plötzliche Kälteeinbrüche. Doch der Flugverkehr ist nicht vergessen, sagt Steiner: „Es wird in Zukunft viel mehr Satelliten und Messungen für die Radio-Okkultation geben, die sowohl Wettervorhersagemodelle als auch Klimamodelle weiter verbessern werden.“ Für diejenigen, die wegen einem Vulkanausbruch noch am Urlaubsort festsitzen, heißt es dann wohl noch: Abwarten und Kokosmilch trinken!
Die Arbeit des Forschungsteams wird gefördert vom Österreichischen Wissenschaftsfond (FWF), der Forschungsförderungsgesellschaft FFG (Weltraumforschungsprogramm ASAP) und durch europäische Mittel der Weltraumorganisationen ESA und EUMETSAT sowie der EU.