In Österreich denken wir oft gar nicht darüber nach, aber eine sichere Wasserquelle zu haben, ist keine Selbstverständlichkeit. Laut der WHO haben 785 Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser in ihrer Nähe, das führt jährlich zu Hundert Tausenden Todesfällen.
Neues System
„Die Vereinten Nationen haben das Problem der uneingeschränkten Verfügbarkeit von sauberem Wasser für alle als eine der größten Herausforderung 21. Jahrhunderts bezeichnet“, erklärt Medina Hamidovic das Problem. Die Linzer Mechatronikerin arbeitet in Kooperation mit der schottischen Heriot-Watt University an Lösungen für die Trinkwasserkrise.
Das Produkt jahrelanger Forschungsarbeit ist ein System, mit dem um wenig Geld in kürzester Zeit Wasserproben auf Krankheitserreger untersucht werden können. Hamidovic hat dafür die Hardware geliefert, die schottische Partner-Uni die Software.
Schneller & günstiger
Das System herzustellen dauert nur fünf Minuten, der Preis liegt bei fünfzig Cent pro Stück. „Verglichen mit dem derzeitigen Stand der Technik führt dieser Herstellungsprozess zu einer extremen Kosten- und Zeitersparnis.“ Herkömmliche Systeme kosten nämlich tausende Euro, eine unüberwindbare Hürde für Entwicklungsländer.
Der Analyseprozess mit dem von der Mechatronikerin entwickelten Chip dauert ein bis zwei Stunden. Demnächst beginnen die ersten biologischen Experimente mit dem neuen System. „Wir sind sehr optimistisch, dass unser Prototyp einige nützliche Einblicke in das biologische Verhalten von gefährlichen Krankheitserregern im Trinkwasser liefern wird“, meint Hamidovic.
So funktioniert der Chip
Für die Analyse werden die Krankheitserreger sowie das mögliche Desinfektionsmittel in Tröpfchenform miteinander vermischt und auf den Chip aufgetragen, wodurch eine chemische Reaktion hervorgerufen wird. Auf dem Chip wird schließlich untersucht, wie sich das Desinfektionsmittel auf den Krankheitserreger auswirkt.
„Dieses neuartige mikrofluide System bedeutet einen großen technologischen und medizinischen Fortschritt und wird uns helfen, neue Desinfektionsmittel zu finden und somit weitere Krankheitsausbrüche aufgrund von verunreinigtem Trinkwasser zu verhindern“, erklärt die Mechatronikerin, die für ihre Arbeit für den Women-in-Technology-Preis der USA nominiert wurde.
Bewusstsein für Wasserkrise
Herkömmliche Systeme brauchen für die Analyse Hunderte Liter Wasser, die Verarbeitungszeit beträgt mehrere Tage. Zudem müssen sie beaufsichtigt werden, was die zuständige Person unter Gefahr stellt, mit unsicherem Wasser in Berührung zu kommen. Das von Hamidovic entwickelte System hingegen läuft autonom.
Das Ziel ist, das System weltweit verfügbar zu machen, um die Möglichkeit einer Epidemie einzudämmen. „Außerdem möchten wir eine neue Art von Bewusstsein für die globale Wasserkrise schaffen. Dieses Problem betrifft uns alle, ist aber vor allem für Menschen in Entwicklungsländern akut.“