Seit der Corona-Pandemie haben Online-Dating-Plattformen einen Aufschwung erfahren: 270 Millionen Menschen nutzten 2021 weltweit Apps wie Tinder oder Bumble, mittlerweile gibt es sogar mehr als 5.000 Datingseiten bzw. Apps, die die große (oder zumindest kleine) Liebe versprechen – und diese soll jeweils nur ein paar Klicks entfernt sein. Also wird gewischt und geschrieben – und natürlich für Fotos posiert, sind es doch die visuellen Eindrücke, die auf Tinder und Co. meist den Ausschlag für ein Match geben. Besonders Bilder beim Sport oder auf Partys sollen gut ankommen, doch sind dort auch Fotos von Haustieren zu finden? Und wenn ja, wie werden die Tiere inszeniert? Diesen Fragen gingen die beiden am Messerli Forschungsinstitut der Vetmeduni Wien tätigen Wissenschafter*innen Christian Dürnberger und Svenja Springer in dem Artikel „Wanna See My Dog Pic? A Comparative Observational Study of the Presentation of Animals on Online Dating Profiles in Vienna and Tokyo“ nach, der im Fachjournal „Animals“ im Januar 2022 erschienen und hier zu finden ist.
Hunde und Katzen beim Online-Dating
In Österreich leben 1,8 Millionen Singles – das sind 29 Prozent der Bevölkerung – die meisten davon in Wien. 1,39 Millionen Privathaushalte haben Haustiere und in diesen leben 1.537.850 Katzen und/oder 629.120 Hunde. Singles gibt es auch zunehmend in Japan: Beinahe ein Viertel der Japaner*innen zwischen 20 und 49 ist solo. Haustiere gibt es in Japan ebenso viele: Laut der Japan Pet Food Association leben in Japan 20 Millionen Hunde und Katzen (im Vergleich dazu haben die Japaner*innen 17 Millionen Kinder).
Zu welchem Ergebnissen sind die beiden also gekommen und wieso wurden gerade die Städte Wien und Tokio ausgewählt? „Die Auswahl Wien – Tokio ist schnell erklärt: Wir wollten zwei Kulturräume miteinander vergleichen, die gemeinhin als unterschiedlich gelten. Darüber hinaus haben wir die analysierten Profile nach Alter, Geschlecht und sexueller Orientierung differenziert. Etwa 16% der untersuchten Profile hatten mindestens ein Foto, das ein Tier zeigte. In beiden Städten waren Hunde das häufigste Tier, gefolgt von Katzen. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass Nutzer:innen in Wien, Frauen und ältere User:innen eher Tiere in ihren Profilen präsentieren. Die sexuelle Orientierung brachte hingegen keine signifikanten Unterschiede in der Analyse. Nimmt man die beiden Städte zusammen, tauchten Hunde in ca. 45% der Bilder mit Tieren auf; Katzen in ca. 25%.“
Tiere als Familienmitglieder
Die beiden betonen, dass ihre Studie wenig über die Mensch-Tier-Beziehung an sich aussage, sie lasse aber durchaus weitere Interpretationen zu: So spielen etwa – im Unterschied zu Hunden und Katzen – exotische Tiere (9,9%), Nutztiere (6,4%) oder Pferde (4,6%) laut Springer und Dürnberger eine wesentlich geringere Rolle beim Online-Dating. Die Erklärung der beiden Expert*innen: „Man kann daraus schließen, dass vor allem jene Tiere auf einem Dating-Profil gezeigt werden, mit denen User:innen in engem und häufigem Kontakt stehen. Gezeigt wird also weniger „das Außergewöhnliche“ (wie etwa ein Delfin beim Tauchurlaub), sondern eher ein Einblick in das tägliche Leben mit Tieren.“ Weiters wurde in der Studie untersucht, auf welche unterschiedliche Arten Tiere auf Online-Dating-Bildern auftauchen: Tiere werden, so Springer und Dürnberger, als enge Freund*innen oder sogar als Familienmitglieder inszeniert, zugleich lassen die Tier-Fotos Assoziationen zu den jeweiligen User*innen zu; die Personen wollen also ihre soziale Ader oder ihren gesunden und aktiven Lebensstil mit den Fotos zum Ausdruck bringen.
Großes mediales Echo
Christian Dürnberger und Svenja Springer forschen in der Abteilung Ethik der Mensch-Tier-Beziehung und sie befassen sich dabei meist mit ethischen Problemen sowie moralisch schwierigen Entscheidungen, wie etwa Euthanasie von Heimtieren oder den Herausforderungen von Tierärzt*innen im Bereich der Nutztierhaltung. „Zur Abwechslung wollten wir mal ein „Wohlfühlthema“ behandeln. So kamen wir auf die Idee mit der Repräsentation von Tieren beim Online-Dating. Dabei stießen wir immer wieder auf diese ’urban legend‘, dass sich zahllose Menschen dabei mit ihren Hunden und Katzen zeigen. Das wollten wir uns genauer ansehen“, beschreiben die beiden den Anlass für ihren Artikel. Das mediale Echo zu ihrer Studie sei groß gewesen, so Springer und Dürnberger, künftig wollen sich beiden jedoch wieder ihren primären Themen widmen, nämlichen „vor allem ethischen Fragen in der Veterinärmedizin“.