Altkleider und andere gebrauchte Textilien lassen sich schlecht recyceln, deshalb werden sie meist verbrannt. ForscherInnen der TU Wien haben erste Fortschritte beim Textil-Recycling gemacht.
10.850 Liter Wasser für eine Jeans
Laut Global 2000 werden pro Jahr allein in Österreich 26.000 Tonnen Kleidung bei der Altkleidersammlung entsorgt, weitere 75.000 Tonnen landen im Restmüll. Das ergibt pro ÖsterreicherIn ein Gewicht von 11,2 Kilogramm oder umgerechnet 35 Kleidungsstücke, die pro Jahr weggeworfen werden.
Gleichzeitig ist die Produktion von Textilien extrem ressourcenintensiv: Um ein einziges T-Shirt aus Baumwolle zu produzieren, braucht es 2.720 Liter Wasser. Für eine Jeans werden sogar 10.850 Liter Wasser benötigt. Zudem sind die globalen CO2-Emissionen der Kleidungsproduktion so hoch wie die des Flug- und Schiffverkehrs zusammen.
Nur ein Prozent wird recycelt
Altkleider werden – so sie nicht im Restmüll landen – hierzulande meist von karitativen Einrichtungen gesammelt, sortiert und verkauft. Was nicht verkauft werden kann, wird verbrannt, denn beim Recycling von Textilien steckt die Industrie noch in den Kinderschuhen. Nur ein Prozent der für Kleidung verwendeten Materialien wird recycelt. „Man spricht zwar heute von der Industrie 4.0, beim Recyceln sind wir aber bei noch bei Version 1.0“, urteilt Andreas Bartl von der Fakultät für technische Chemie der TU Wien.
Das liegt in der Natur der Sache: Um Materialien wiederverwenden zu können, müssen diese in einen entsprechenden Rohstoff umgewandelt werden. Besteht ein Kleidungsstück nur aus einem Material, wie etwa Baumwolle oder Polyester, können die Fasern ohne großen Aufwand wiederverwertet werden. Je mehr Bestandteile ein Textil hat, desto komplizierter ist der Recycling-Prozess, meint Bartl. Sportkleidung beispielsweise bestehe oft aus fünf oder mehr verschiedenen Materialien und sei so unmöglich zu recyceln.
Ein zweites Leben für Leintücher
Andreas Bartl ist Teil des Forschungsprojekts TEX2MAT der TU Wien. Dem Team ist es gelungen, Textilien, die aus zwei verschiedenen Materialien bestehen, zu recyceln. Der Ausgangsstoff waren weiße Leintücher aus Baumwolle und Polyester, wie sie täglich in großen Mengen in Hotels und Krankenhäusern anfallen. Die Baumwolle macht die Leintücher anfällig für Löcher: Sie saugt sich beim Waschen mit Wasser voll, schwillt an und schrumpft beim Trocknen wieder auf die ursprüngliche Größe zurück. Das zehrt an den Fasern, bis sie schließlich reißen. „Nach zirka hundert Waschgängen sind die Leintücher dann am Ende ihres Lebenszyklus angekommen“, sagt Bartl.
Baumwollfasern reißen wesentlich schneller als Polyester, weshalb sich Polyester einfacher recyceln lässt. Die Leintücher wurden von dem Forschungsteam mit einer wässrigen Enzym-Lösung gewaschen, um den Polyester herauszufiltern. Das Enzym zersetzt die Zellulose der Baumwolle zu Zucker – genauso, wie Enzyme das in Tiermägen mit Pflanzenfasern machen.
Druck auf Firmen steigt
Die übrig gebliebenen Polyesterfasern werden zu einem Granulat eingeschmolzen, aus dem anschließend wieder Fäden gesponnen werden. Das Endprodukt des Projekts liegt bereits vor: Die Firma Herka in Oberösterreich hat daraus Handtücher produziert. Eine anderes österreichisches Unternehmen, die Firma Lenzing, versucht sich am Baumwoll-Recycling, jedoch nur in geringem Ausmaß. „Die Menge, in der Baumwolle derzeit recycliert wird, zeigt, dass wir in diesem Bereich noch ganz am Anfang stehen“, so Andreas Bartl.
Das könnte sich allerdings in den nächsten Jahren ändern. Denn ab 2025 gilt eine neue EU-Richtlinie, nach der alle Alttextilien getrennt gesammelt werden müssen. „Es steigt der Druck auf Firmen, Geld in die Hand zu nehmen und in Forschung zu investieren“, meint Bartl. Das Prinzip von TEX2MAT soll in Zukunft so auch in der Industrie angewendet werden. Fortschritte in der Recycling-Forschung wie diese sind allerdings noch rar, weswegen Textilien wohl weiterhin hauptsächlich auf der Deponie landen werden.