Zusammen lässt sich das Leben besser durchstehen: Von Kooperationen profitieren nicht nur Menschen, auch in der Natur gibt es zahlreiche Beispiele, in denen Tiere bzw. Pflanzen, Pilze oder eben Mikroorganismen miteinander arbeiten: In einer Studie haben Wissenschafter*innen des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie, des Alfred-Wegener-Instituts und der Universität Wien eine bisher unbekannte Partnerschaft entdeckt: So gehen Kieselalgen mit einer bestimmten Bakterienart der Rhizobien, eine Gemeinschaft ein, um Stickstoff zu fixieren.
„Pflanzen benötigen – wie alle anderen Lebewesen – Stickstoff zum Aufbau ihrer Biomasse (das ist die gesamte organische Substanz, die durch Pflanzen, Tiere, Pilze oder Mikroorganismen anfällt oder erzeugt wird, Anm.), denn Stickstoff ist ein essentieller Bestandteil von Proteinen, DNA und Vitaminen“, erklären Katharina Kitzinger und Daan Speth, die an der Studie beteiligt waren.
Stickstofffixierung
Pflanzen können dafür Sonnenenergie nutzen, um aus CO2 selbst Zucker herzustellen und diesen in Biomasse einzubauen, jedoch können sie molekularen Stickstoff, wie er in der Luft vorkommt, nicht direkt für den Aufbau von Biomasse nutzen. „Für den so genannten bioverfügbaren Stickstoff sind sie auf Dünger oder auf spezialisierte Mikroorganismen, die molekularen Stickstoff aus der Luft binden können, angewiesen.“
Hier kommen die Bakterien ins Spiel, denn die Algen verwenden diese um an den begehrten Stickstoff zu gelangen. Kitzinger und Speth führen aus: „Diese bakteriellen Symbionten sind in der Lage, den für die meisten Organismen nicht verwertbaren molekularen Stickstoff aus der Luft in biologisch besser verwertbare Moleküle umzuwandeln, also zu ‚fixieren‘. Dieser Prozess ist für das Leben auf der Erde von großer Bedeutung, denn neben dem industriell hergestellten Ammonium ist Stickstofffixierung die einzige nennenswerte Quelle für biologisch leicht verwertbaren Stickstoff.“ Dieser biologisch verfügbare Stickstoff kann zum Biomasse-Aufbau genutzt werden, denn alle Lebewesen auf der Erde brauchen eben zum Wachsen und Gedeihen Stickstoff, erklären Katharina Kitzinger und Daan Speth.
Weitere Anwendungen
Diese Erkenntnis ist sehr hilfreich – und zwar für den Klimawandel und die Landwirtschaft:
Beim Klimawandel spielt Stickstoff insofern eine Rolle, da er einerseits in bestimmten Formen und Verbindungen – wie dem Treibhausgas Lachgas – vorkommt und andererseits Grundbaustein für viele Pflanzen und Lebewesen, die CO₂ binden, ist. Über diesen Zusammenhang sagen die beiden Expert*innen: „Da biologisch verfügbarer Stickstoff im Meer meistens limitierend, aber ein essentieller Bestandteil aller Lebewesen ist, bestimmt die Verfügbarkeit von Stickstoff, wie viel CO2 die Algen aufnehmen und in Zucker umwandeln können. Ein Teil dieses gebundenen CO2 wird langfristig der Atmosphäre entzogen und hat somit einen direkten Einfluss auf die CO2-Konzentration in der Luft.“ Künftig müsste nun die Symbiose zwischen den Rhizobien und der Kieselalge hier berücksichtigt werden. Diese Symbiose stellt quasi einen ‚Kurzschluss‘ dar, denn die Algen müssen nicht biologisch verfügbaren Stickstoff aus dem Meerwasser aufnehmen, auf den auch viele andere Organismen angewiesen sind, und der dementsprechend eine stark nachgefragte Ressource ist, sondern erzeugen den Stickstoff, den sie brauchen einfach selbst“, fassen Kitzinger und Speth zusammen.
Zudem könnten diese Erkenntnisse wichtig für die Landwirtschaft sein: So werden weltweit jährlich etwa 100 Teragramm ((100.000.000 Tonnen) Stickstoff in Form von Kunstdünger ausgebracht, um hohe landwirtschaftliche Erträge zu ermöglichen – doch nur ein Teil davon erreicht die Pflanzen. Der Rest wird teils in Gewässer ausgewaschen, teils von Mikroorganismen verstoffwechselt – und große Mengen davon werden als Lachgas freigesetzt. „Symbiosen zwischen Pflanzen und stickstofffixierenden Mikroorganismen können einerseits die Menge des benötigten Stickstoffdüngers stark reduzieren, andererseits den Stickstoff effizient direkt an die Pflanze liefern und so die Lachgasemissionen aus der Landwirtschaft minimieren“, halten die beiden Expert*innen fest.