Einige Menschen ziehen Stechmücken gerade zu magisch an, während andere unbehelligt danebensitzen können, ohne einen einzigen Stich zu erleiden. Wer gestochen wird, hängt vor allem vom Duft eines Menschen ab. Außerdem reagieren manche allergisch auf Mückenstiche und es tauchen auch hierzulande zunehmend Arten auf, die gefährliche Krankheiten übertragen können. Schrödingers Katze hat bei Carina Zittra vom Insitut für Parasitologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien nachgefragt, worauf man sich einstellen muss und was man tun kann.
Unnütze Plagegeister?
Spinnen fressen Gelsen. Das Argument hat Menschen schon davon abgehalten, sämtliche Spinnen in der häuslichen Umgebung als Problem aufzufassen. Doch gilt das auch umgekehrt? Brauchen wir die Stechmücken in der Nahrungskette unseres Ökosystems und wenn Ja, wie viele Stechmücken muss es geben?
Carina Zittra erklärt: „Wie viele Stechmücken wirklich zum Erhalt eines Ökosystems beitragen, ist nicht belegt. Sicher ist jedoch, dass sie einen Beitrag leisten.“ Denn sie sind nicht nur auf dem Speiseplan diverser Wasser- und Landbewohner (etwa Fische, Amphibien, Insekten, Vögel oder Fledermäuse), sie fungieren auch als Pflanzenbestäuber.
Denn Stechmücken ernähren sich nicht generell von Blut, nur die weiblichen benötigen es als Proteinquelle für die Produktion der Eier. „Aber Männchen als auch Weibchen benötigen zuckerhaltige Pflanzensäfte, um Energie für ihren Flug, die Paarung etc. zu haben“, so die Parasitologin.
Außerdem spielten Stechmücken eine wesentliche Rolle in Stoffkreisläufen zwischen den Ökosystemen im Wasser und denen an Land: „Die Larven leben und wachsen im Wasser und transportieren alle dort aufgenommenen Nährstoffe und Energie nach der Metamorphose zum Adulttier in die umgeben Landlebensräume.“
Wer wird gestochen?
Man sollte sich also wohl oder übel damit abfinden, dass Stechmücken ein Bestandteil unseres Ökosystems sind und dass einem – wie auch vielen Tieren – mitunter ein wenig Blut von ihnen abgezapft wird. Warum allerdings manche Menschen Stechmücken anziehen wie Motten das Licht, ist noch kaum geklärt. Fest steht: Mit Licht hat es nichts zu tun, Stechmücken werden eher von Duftmolekülen und Kohlendioxid, das wir ausstoßen, angezogen.
Unter anderem Studien mit Zwillingspaaren haben gezeigt, dass die Zusammensetzung des Dufts, der auf Mücken attraktiv wirkt, vor allem genetisch bedingt ist. Auch eine Schwangerschaft verändert die Duftstoffe auf eine Weise, die Gelsen stärker anzieht.
Warum juckt es, wenn wir gestochen werden?
„Wenn die weibliche Stechmücke eine geeignete Stelle gefunden hat sticht sie, und injiziert ein Speichelsekret das unter anderem gerinnungshemmende Substanzen enthält“, erklärt Zittra. „Auf die im Speichel enthaltenen Stoffe (vor allem auf die Proteine) reagiert menschliche Körper mit der Ausschüttung von Histamin als Immunantwort, wodurch eine Entzündungsreaktion entsteht.“
Aus einer Mücke einen Elephanten machen
Menschen werden nicht nur unterschiedlich oft zum Opfer von Mückenstichen, einmal gestochen, reagieren sie auch auf verschiedene Weisen. Die einen spüren ein leichtes Jucken für wenige Stunden, andere werden tagelang von Juckreiz und Schmerzen geplagt und bei manchen schwillt das Betroffene Körperteil auf die doppelte Größe an.
Liegen die unterschiedlichen Reaktionen an den verschiedenen Mücken oder an den verschiedenen Menschen? Zittra stellt klar: „Unterschiedlich starke Reaktionen auf Gelsenstiche haben nichts mit den unterschiedlichen Stechmücken zu tun. Wie stark die Reaktion auf den Stich ausfällt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.“
Allergische Reaktionen seien seltene Fälle, starke Reaktionen seien meistens schlicht auf „Manipulation der Stichstelle“ – also beispielsweise häufiges Kratzen – zurückzuführen. Außerdem erhöhe das Kratzen das Risiko für Sekundärinfektionen, da über einen aufgekratzten Mückenstich Keime in den Körper gelangen können.
Jedes Jahr eine neue Invasion?
Jedes Frühjahr warnen Stimmen vor den Gefahren, die mit der Zuwanderung exotischer Mückenarten auch bei uns virulent würden: Tigermücke, Japanische Buschmücke oder Anopheles-Mücke würden Dengue-Fieber, Malaria und – seit 2016 auch Zika zu uns bringen.
Inwiefern ist es ein Problem, wenn sich neue Stechmücken in Österreich ansiedeln und wie groß ist die Bedrohung durch sie wirklich? Die Auswirkungen der Neuankömmlinge auf das Ökosystem sind noch unbekannt und auch, wie man auf die Veränderungen reagieren könne, gesteht Zittra. In den letzten Jahren seien vier neue Stechmückenarten in Österreich nachgewiesen worden.
„Im besten Fall haben wir einige Arten mehr in der österreichischen Fauna, im schlimmsten Fall verdrängen sie einheimische Arten, die für das Funktionieren des Ökosystems von Bedeutung sind. Das gilt allerdings auch für andere Insekten, Säugetiere, Krebstiere und Pflanzen, die bisher nicht etabliert waren.“
Who’s who der neuen Sauger
Unter den Neuankömmlingen gibt es einerseits zwei aus dem Mittelmeerraum, die Anopheles hyrcanus und die Culiseta longiareolata, die kaum für besondere Aufregung sorgen.
„Wesentlich mehr Bedeutung wird der japanischen Buschmücke und der Tigermücke geschenkt“, so die Parasitologin. Die Krankheiten, die Stechmücken übertragen, unterscheiden sich von Art zu Art. Die Tigermücke, erklärt Zittra, gelte als Hauptüberträger von Dengue- und Chikungunya-Fieber. Doch sie „wurde bisher nur vereinzelnd in Österreich nachgewiesen und hat bisher noch keine stabile Population ausbilden können. Daher ist Dengue, Chikungunya und auch Zika derzeit kein akutes Problem in Österreich.“
„Die japanische Buschmücke ist kältetoleranter und hat sich in Österreich bereits angesiedelt, ob sie in Österreich stabile Population ausgebildet und hier auch überwintert bedarf aber weiterer Untersuchungen.“ Unterscheiden könne man die verbreiteten Arten anhand anhand ihrer Größe, der Anordnung, Form und Färbung ihrer Schuppen an den Beinen, dem Kopf, dem Stechrüssel, den Flügeln und am restlichen Körper, wo sich unterschiedliche Muster ergeben. „Einige Arten unterscheiden sich auf den ersten Blick sehr deutlich. Andere machen es einem schon schwerer, sie unterscheiden sich nur durch wenige Schuppen und sind auf den ersten Blick nicht zu differenzieren“, sagt Zittra.
Der Sommer geht, die Gelsen bleiben
Wann die Mückenplage hierzulande zumindest für heuer vorbei sein wird, ist laut Zittra prinzipiell immer schwer vorherzusagen. „Das Massenaufkommen von Überschwemmungsgelsen ist meist einige Wochen nach der Überschwemmung wieder vorbei, da ihre Entwicklung meist stark an Flussdynamiken gebunden ist.“
Hausgelsen hingegen würden bis in den Herbst hinein sehr häufig vorkommen, „da sie mehrere Generationen im Jahr durchlaufen und sich ihre Eier und Larven auch in kleinen Wasserkörpern (vom Blumentopfuntersetzer über Vasen bis zur Regentonne) entwickeln“.
Mückenschutz Knoblauch und Bier?
Als ökologische und tierfreundliche Möglichkeit der Mückenabwehr werden im Handel etwa Geräte angepriesen, die über akustische Signale Stechmücken abwehren sollen. Zittra dazu: „Wissenschaftliche Studien konnten bisher zeigen, dass handelsübliche akustische Stechmückenabwehrgeräte keinen ausreichenden Schutz bieten.“ Dasselbe gelte für die meisten „Hausmittel“ wie Knoblauch, Vitamin B, Bier oder ätherische Öle.
Wie kann man sich im Freien effektiv schützen? Mit eigens konzipierten Abwehrmitteln, sogenannten Repellents, so die Wissenschaftlerin. Ihnen habe eine Wirkung nachgewiesen werden können.
„Sie werden meist direkt auf die Haut aufgetragen, und stoßen Gelsen ab. Wenn man keinen auf die Haut aufzutragenden Insektenspray verwenden will, hilft es, lange, körperbedeckende Kleidung zu tragen (die man zusätzlich mit Insektenabwehrmittel imprägnieren kann).“ Ratsam ist außerdem weite, nicht anliegende Kleidung, da die meisten Stechmücken auch durch den Stoff in die Haut stechen können.