486 Millionen Menschen sprechen die Sprache bereits und bald könnten es noch mehr sein: Spanisch entspricht dem Zeitgeist und ist – nach Mandarin – auf Platz Zwei der meistgesprochenen Sprachen der Welt. Prognosen zufolge wird Spanisch – neben Mandarin, Englisch und Hindi – auch künftig zu den vier wichtigsten Sprachen zählen. Und so erlebt auch die Popkultur gerade einen Spanisch-Boom: Ob der Kult um Fußballer Lionel Messi, die beliebte spanische Netflix-Serie „La casa de papel“ (zu Deutsch: „Haus des Geldes“) oder spanische bzw. lateinamerikanische Musiker*innen wie Bad Bunny oder Rosalía – alle sind locos por el español.
Spanische Kultur und Kulinarik
Elke Höfler ist Assistenzprofessorin für Mediendidaktik und Sprachendidaktik (Schwerpunkt Romanistik) am Institut für Romanistik an der Universität Graz und bloggt ebenso unter https://digitalanalog.at/ sowie https://elkessprachenkiste.at/. Auch sie erkennt den Trend: „Die hispanistische Kultur generell erlebt gerade einen Boom – spanischsprachige Musik und spanisches oder lateinamerikanisches Essen sind nur zwei Ausdrucksformen dafür.“ Das zeigt sich an der Schule: Viele Schüler*innen wählen Spanisch, weil ihre Vorbilder aus Fußball, Musik und Film die Sprache beherrschen und Streamingdienste auf spanischsprachigen Content setzen. Zudem wird die Sprache mit Lebensfreude, Leichtigkeit und Urlaub verbunden, auch touristische bzw. wirtschaftliche Gründe sprechen für die spanische Sprache.
Tipps zum Spanisch lernen
Ist Spanisch nun leichter oder schwieriger als andere Sprachen zu erlernen? Die Expertin relativiert:
„Das hängt tatsächlich etwa davon ab, welche Sprachen man davor erlernt hat.“ Versteht jemand eine andere romanische Sprache – wie zum Beispiel Italienisch – wird es dieser Person deutlich leichter fallen, Spanisch zu lernen. „Grundsätzlich ist Spanisch nicht schwerer oder einfacher als andere Sprachen.“ Die Expertin hat Tipps für den Spracherwerb: „So viele Sprachkontakte wie möglich haben und dranbleiben – also Serien im Original ansehen, entsprechendsprachige Musik hören und Zeitungen oder Blogbeiträge in der jeweiligen Sprache lesen.“ Ein weiterer Tipp kann schnell umgesetzt werden: Die eigenen Social Media-Accounts auf die jeweilige Sprache umstellen. Vokabeln sollte man stets im Kontext lernen. Schlussendlich hilft beim Lernen der Austausch mit anderen – und die Freude an der neuen Fremdsprache.
Digitale Tools
Neue Möglichkeiten für den Spracherwerb ergeben sich auch durch digitale Tools: Diese ermöglichen Kollaboration sowie Kommunikation – und sie werden bereits an österreichischen Schulen eingesetzt. Früher musste das Lehrpersonal ausländische Printmedien extra bestellen, um diese im Fremdsprachenunterricht zu verwenden. Heute ist das einfacher geworden: Online-Inhalte – auf Social Media-Kanälen und anderswo – bieten einen authentischen Eindruck in eine neue Sprachwelt. Die Romanistin nennt einige Beispiele für weitere Tools im (Fremdsprachen-)Unterricht, die bereits an österreichischen Schulen genutzt werden: Verschiedene Übersetzungstools (wie DeepL), ChatGPT und Extended Reality. Videokonferenzsysteme ermöglichen den direkten Kontakt zu Erstsprechenden und unterschiedliche Sprachlern-Apps können individuell und autodidaktisch genutzt werden. Mit diesen Tools lassen sich auch interkulturelle Kompetenzen sowie Medienkompetenzen ausbauen.
An den Schulen
Als Beispiel hierfür nennt Höfler Mystery Skype: Schulklassen können sich mit anderen Schulklassen via Skype verbinden und spielerisch die jeweils andere Klasse kennenlernen – Live-Spracherwerb quasi. Auch Grafik-Programme wie Canva können genützt werden. Manche Schulen verwenden OneNote und verschiedene Plattformen wie eduvidual, auch Tools wie Padlet, Learning Snacks und H5P und natürlich YouTube werden schon eingesetzt. Die grundsätzlichen Fragen sind laut der Expertin, aber die, wieso die Tools eingesetzt werden und welche Lernziele verfolgt werden. Das Problem ist, dass der Lehrplan sehr voll ist und es wenig Spielraum für neue Inhalte gibt und Schulbücher eine lange Produktionsfrist haben. Sie hinken den aktuellen Entwicklungen und Themen stets etwas nach. Daher sieht Höfler auf jeden Fall die Notwendigkeit, den Unterricht – auch durch digitale Tools – individuell, inklusiv und interdisziplinär zu gestalten.
Nachteile
Sie sieht aber auch Nachteile der neuen digitalen Tools: Erstens besteht die Gefahr, sich zu sehr auf Tools wie ChatGPT und DeepL zu verlassen, denn auch diese machen Fehler bzw. präsentieren mitunter zu oberflächliche Texte. Zudem darf der Fokus auf die mündliche Kompetenz nicht vergessen werden. Und die digitale Welt bringt weitere Herausforderungen für Lehrer*innen wie Schüler*innen: Themen wie Urheberrecht, Persönlichkeitsrechte und Medienkompetenz sind immer mehr gefragt. Zudem gilt es, kritisches Denken zu etablieren – gerade auch in Hinblick auf die Möglichkeiten der Digitalisierung: „Sind die Texte inhaltlich korrekt? Gehen sie auch in die Tiefe? Sind sie argumentativ schlüssig? Sind sie sprachlich richtig? Betreffen sie eine interkulturelle Ebene? Gibt es hier einen Eurozentrismus? Wie sieht der Datensatz im Hintergrund einer Künstlichen Intelligenz aus?“, so Höfler.
Neue Sichtbarkeit für Spanisch
Der aktuelle Spanisch-Boom führt laut Elke Höfler zu einer neuen Sichtbarkeit des lateinamerikanischen Raums. Die neue Kultur wird als spannend und aufregend wahrgenommen und neue kulturelle Entwicklungen geraten nun in den Blick. Höfler betont auch den Umstand, dass bestimmte Kulturen – wie etwa die lateinamerikanische – oft mit Vorurteilen und Stereotypen zu kämpfen haben – und diese können nun besser abgebaut werden. Für diejenigen, die Spanisch lernen, öffnet sich auf jeden Fall eine große Welt. Und auch hier spielt mitunter die Digitalisierung eine Rolle: „Dieses Zusammenrücken der Welt durch Digitalisierung und Globalisierung hat dazu geführt, dass Lateinamerika stärker wahrgenommen wird und in den Fokus rückt.“