Science Fiction kann stark beeinflussen, wie wir uns die Zukunft vorstellen. Das betrifft auch die Forschung. Wie das jetzt schon passiert, untersucht eine Studie der Kunstuni Linz.
In Szenarien denken
Wie du Zukunft aussieht, ist nicht nur Sache von Wahrsager*innen mit Glaskugeln, sondern auch der Wissenschaft. Die sogenannte Futurologie oder Zukunftsforschung ist Teil vieler Disziplinen. Auch die Industrie ist daran interessiert, was die Zukunft bringt. Die Forschung macht sich dafür die Vorstellungskraft der Science Fiction zunutze.
Wie das genau aussieht, beschreibt Julia Grillmayr von der Kunstuni Linz in ihrer Studie Science Fiction, Fact & Forecast. Ihre Arbeit dreht sich um das sogenannte „scenario thinking“, also die Vorstellung von gewissen Szenarios und was sie für uns bedeuten. „Das Wort ‘Szenario’ kommt ursprünglich aus der Kunst, ist aber in der Zukunftsforschung ein zentrales Tool geworden“, erklärt die Literaturwissenschaftlerin. In der Literatur bestehen diese Szenarien in einer imaginierten Zukunft, die sich durch gewisse Aspekte von der nicht-fiktionalen Gegenwart unterscheidet.
Kunst und Wissenschaft gemeinsam
Doch was bringt das jetzt der Zukunftsforschung? Und wozu braucht die die Wissenschaft? Zukunftsforschung bezeichnet eine Art von Wissenschaft, die sich mit den zu erwartenden Entwicklungen in sozialen, wirtschaftlichen und technischen Bereichen beschäftigt. Dafür blickt sie auch zur Kunst. Denn was die Kunst sich vorstellen kann, wird vielleicht auch irgendwann Realität. Beispielsweise gab es in der Kunst schon lange menschenähnliche Roboter, bevor wir angefangen haben, sie zu bauen.
Forscher*innen machen sich genau diese Vorstellungskraft der Science Fiction zum Vorteil. An der Arizona State University etwa gibt es das Center for Science and Imagination. Dort, erzählt Julia Grillmayr, gibt es eine Sammlung an Science Fiction Kurzgeschichten, die durch die Zusammenarbeit von Sci-Fi-Autor*innen und Forscher*innen entstanden sind. Durch die Kollaboration zwischen Kunst und Wissenschaft sollen neue Ideen entstehen, die die Forschung in ihrer Arbeit weiterbringt. „Dieses Nachdenken darüber, welche Zukunft uns wahrscheinlich erwartet, kann dazu führen, dass sich Perspektiven verschieben“, so Grillmayr. Da überrascht es wenig, dass gerade im technologischen Ideen-Zentrum der USA, dem Silicon Valley, Zukunftsforschung beliebt ist.
Kritische Betrachtung von Science Fiction
Dieses scenario thinking, wie Grillmayr sagt, ist noch recht unerforscht. Besonders im deutschsprachigen Bereich ist das Interesse noch nicht stark ausgeprägt. Umso wichtiger sei es, sich genau anzusehen, wie diese Kollaborationsprojekte von Kunst und Forschung genau aussehen und was sie hervorbringen. Denn bei all der Kreativität, die produziert wird, dürfe nicht vergessen werden, kritisch zu hinterfragen, ob Kunst hier nicht auch für fragwürdige Zwecke instrumentalisiert wird.
„Es ist interessant zu beobachten, welche Veränderungen durch Science Fiction hervorgebracht werden. Es gibt Geschichten, die ganze Generationen beeinflusst haben“, sagt Grillmayr. Diese Geschichten geben uns einen Handlungsraum dafür, wie wir uns die Zukunft vorstellen und was wir mit ihr machen können. Die Forscherin will mit ihrer Studie auch einen Leitfaden für die Untersuchung von diesen Szenarien liefern. „Was für Geschichten wir erzählen, ist total wichtig“, so Grillmayr. „Aber es müssen sich auch die kritischen Sozial- und Geisteswissenschaften in die Diskussion miteinbringen.”