Maria Theresia legte den Grundstein des modernen Schulwesens in Österreich, als sie 1774 eine sechsjährige Schulplicht einführte. Seither hat sich eine Menge an Österreichs Schulen getan. Um mit gesellschaftlichen Entwicklungen und neuen Herausforderungen Schritt zu halten, gibt es das Angebot der Schulentwicklungsberatung.
Aktuelle Herausforderungen
Stefan Brauckmann-Sajkiewicz ist Experte für Schulentwickungsberatung und kennt die aktuellen Probleme der österreichischen Schulen: Der Lehrkräftemangel ist ein großes Thema und damit geht auch die Tatsache einher, dass bereits jetzt viele Lehrer*innen fachfremde Fächer unterrichten müssen. Neue Technologien – allen voran Künstliche Intelligenz (KI) – verändern auch die Schulen und werfen Fragen auf – etwa die, wie zeitgenössische Bildung aussehen soll. Auch Fragen der Gemeinschaft und was es bedeutet, in einer Demokratie zu leben, sollen in der Schule behandelt werden. Und selbstverständlich sind Schulen soziale Orte, in denen die Persönlichkeit der Schüler*innen – auch abgesehen von ihrer Leistung – wachsen kann und sollte, erinnert der Experte.
In Österreich ist ein Mehr an Schulautonomie ein Schlüsselbegriff innerhalb der bildungspolitischen Debatte: Das bedeutet, dass die Schulen bestimmte Entscheidungen unter Mitwirkung aller Schulpartner*innen (Lehrer*innen, Schüler*innen und Erziehungsberechtigte) selbst treffen können. Dieses Maß an Freiheit setzt jedoch voraus, dass die Schulen sich mit ihrer Entwicklung befassen und diese steuern – und hier kommt die Schulentwicklungsberatung in Spiel.
Aufgaben der Schulentwicklungsberatung
Bei der Schulentwicklungsberatung kommt den Pädagogischen Hochschulen eine besondere Bedeutung zu. Ausgebildetete Expert*innen begleiten im Rahmen dieser Beratungen die Schulen bei den Prozessen ihrer Qualitätsentwicklung und -sicherung. Nachdem die Schulleitungen die Berater*innen kontaktieren, werden in einem ersten Gespräch die inhaltlichen Schwerpunkte festgelegt. Diese können auf der Ebene der Unterrichts-, der Organisations- und/oder auf der Personalentwicklung liegen. Meist sind diese drei Bereiche miteinander verschränkt und schwer zu trennen.
Die Aufgaben der Schulentwicklungsberater*innen sind vielfältig: Sie unterstützen Schulen dabei, Stärken und Chancen, aber auch Risiken zu erkennen. Sie fördern die Entwicklung von effektiven Arbeitsprozessen und Teamstrukturen und sie stärken ebenso die Feedback- und Evaluationskultur. Sie bieten Beratung bei Konflikten an und unterstützen den Aufbau und die Entwicklung von professionellen Lerngemeinschaften. Zudem arbeiten sie an der Kompetenzorientierung des Unterrichts mit und bringen ihre Expertise bei Themen wie Diversität ein.
Die Anlässe, um eine Beratung zu beginnen, sind unterschiedlich und reichen laut Stefan Brauckmann-Sajkiewicz von Unterrichts- und Teamentwicklung, Schulzusammenlegung und Clusterbildung, Gewaltprävention, bis hin zu Qualitätsmanagement. Dauer und das Ausmaß der Schulentwicklungsberatung variieren, im Durchschnitt begleiten die Schulentwicklungsberater*innen die Schulen zwei Jahre lang.
Fehlender institutioneller Rahmen
Das Interesse an Schulentwicklungsberatung von Seiten der Schulen steigt, soStefan Brauckmann-Sajkiewicz, und das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung forciert diese Form der Unterstützung. Dennoch hat die Schulentwicklungsberatung aktuell einen geringen institutionellen Status. Um diesen auszubauen, braucht es einerseits mehr Ressourcen andererseits aber auch Forschung, erklärt Stefan Brauckmann-Sajkiewicz: „Es braucht einen Rahmen, in dem Schulentwicklungsberatung untersucht werden kann. Es muss analysiert werden, welche Aspekte, Prozesse und Instrumente dafür nötig sind.“
Gemeinsam mit der Johannes-Kepler-Universität Linz, den Pädagogischen Hochschulen Oberösterreich und Vorarlberg wurde an der Universität Klagenfurt daher nun ein kooperatives Doktoratsprogramm mit sechs Stellen ins Leben gerufen, in dem sich die Forscher*innen erstmalig mit Schulentwicklungsberatung auseinandersetzen. Geplant sind quantitative Befragungen, Fallstudien sowie vertiefende Interviews. Forschungsvorhaben wie diese tragen dazu bei, die Entwicklung österreichischer Schulen zu analysieren und somit die künftige Bildung der Schüler*innen positiv zu beeinflussen.