Liebes Tagebuch,
die häufigste Frage, die mir seit gestern gestellt wurde, ist, warum mich Soylent eigentlich so brennend interessiert. Nun ja, einerseits war ich nie ein begeisterter Esser. Was nicht heißen, soll dass ich ein Feind der festen Nahrungsaufnahme bin. Im Vergleich zu meinen Altersgenossen habe ich aber schon seit Kindheitstagen immer eher weniger gegessen – sieht man auch an meiner Statur. Ein Schluck aus der Flasche, und das Problem ist erledigt? Wir werden es sehen. Aber vor allem bin ich ein experimentierfreudiger Mensch, der nicht abgeneigt ist, auch in dieser Hinsicht Neues auszuprobieren.
Es darf ein bisschen mehr sein!
Nachdem der erste Tag relativ problemlos, aber auch unspektakulär verlaufen war – vermutlich aufgrund der ersten Aufregung und der eher zaghaften Portionierung – traue ich mir heute zu, noch ein bisschen Pulver beizusetzen. Ich denke mir: je dickflüssiger der Brei, desto geschmackvoller. War ich zu vorsichtig gewesen? Heute dauert das Durchmischen schon etwas länger, passende Tanzmusik lässt diesem Teil der Routine aber ein bisschen Spaß abgewinnen. Trotzdem frage ich mich, wie viel Arbeit die Entwickler in die Wasserlöslichkeit des Pulvers investiert haben.
„Ich habe meinem Körper etwas Gutes getan.“
Das Resultat kommt nun eher dem gleich, was ich ursprünglich erwartet hatte: ein nach Hafer schmeckender Brei mit der Konsistenz von ungekochten Palatschinken-Teig – diesmal mit einer Note von Vanille im Abgang. Ich denke nicht viel nach und spüle das Zeug einfach hinunter. Bereits nach wenigen Minuten spüre ich ein Gefühl von Sättigung, und merke, dass ich meinem Körper etwas Gutes getan habe und fühle mich wach. Andererseits könnte der gewöhnungsbedürftige Geschmack einen ähnlich aufweckenden Effekt haben wie eine eiskalte Dusche – das weiß ich leider nicht.
Gerüstet für die Zombie-Apokalypse
Am Nachmittag bekommen mein Mitbewohner und ich Besuch von einem guten Freund. Nach kurzer Zeit entwickelte sich eine aufgeheizte Diskussion über den Sinn von Soylent einerseits, und mein Selbstexperiment andererseits. Im Hinblick auf letzteres ist klar, dass es wohl keinen wissenschaftlichen Wert hat, aber durchaus einen interessanten Einblick in ein fremdes Thema gewährt – darauf konnten wir uns einigen. Der Zweck des Pulvers würde sich laut meinem Mitbewohner auf “den unwahrscheinlichen Fall einer Zombie Apokalypse und die daraus resultierenden Nahrungsengpässe” reduzieren. Hoffen wir mal, das dieser Fall nicht allzu bald eintritt.