Eine Wand, die sich selbst reinigt und dadurch stets schön und rein aussieht – das könnte bald Realität werden. Forscherinnen des Instituts für Materialchemie der TU Wien und der Università Politecnica delle Marche (Italien) ist nämlich ein Erfolg gelungen: Dank bestimmter Titanoxid-Nanopartikel, die von den Wissenschafter*innen modifiziert wurden und zu jeder Wandfarbe beigemischt werden können, erhält diese Farbe die Fähigkeit, sich durch Sonneneinstrahlung selbst zu reinigen und aus der Luft aufgenommene Verfärbungen und Schadstoffe chemisch abzubauen. Gründe dafür, dass Wandfarbe schmutzig wird, gibt es laut Günther Rupprechter, Leiter des Instituts für Materialchemie der TU Wien, der an der Studie beteiligt war, viele: „Natürliche Verwitterung, Ablagerung flüchtiger organischer Verbindungen (auf Englisch: Volatile Organic Compounds; VOCs) im Laufe der Zeit oder Abbau von Farbpolymeren aufgrund von Schimmelpilzaktivitäten.“
Titanoxid-Nanopartikel
Titanoxid (TiO2) ist ein weißes Farbpigment, das unter anderem in Sonnenschutzprodukten enthalten sein kann. „Titanoxid-Nanopartikel (TiO2-NPs) zeichnen sich durch ihre extrem geringe Größe aus“, erklärt Günther Rupprechter, der Vorteil dieser winzigen kleinen Partikel besteht darin, dass sie chemische Reaktionen begünstigen. Dadurch werden sie in unterschiedlichen Anwendungen, wie etwa der Photokatalyse und der Sensorik eingesetzt. Sie können Licht gut aufnehmen und dadurch zu photokatalytischer Aktivität führen. Darunter versteht man durch Licht ausgelöste chemische Reaktionen. Genau das ist auch hier der Fall.
Phosphor, Stickstoff und Kohlenstoff
Günther Rupprechter erklärt weiters: „Titanoxid-Nanopartikel helfen beim Abbau organischer Schadstoffe.“ Im konkreten Fall nützen die Titanoxid-Nanopartikel das Licht der Sonne, um diverse angelagerte Substanzen zu zerlegen. Eine Wandfarbe, die diese Pigmente enthält, kann sich somit selbst reinigen. Günther Rupprechter und sein Team haben den Nanopartikeln zusätzliche Atome wie Phosphor, Stickstoff und Kohlenstoff beigemischt, dadurch ändern sich die Lichtfrequenzen, die von den Partikeln aufgenommen werden können: Statt nur durch UV-Licht wird die Photokatalyse nun ebenso durch gewöhnliches sichtbares Licht ausgelöst.
Die Forscher*innen gingen dabei besonders umweltschonend vor: Um Phosphor, Stickstoff und Kohlenstoff zu erhalten, verwendeten sie getrocknetes Laub von Olivenbäumen und das Titan für die Titanoxid-Partikel gewannen sie aus Metallabfällen.
Zahlreiche Vorteile der Wandfarbe
Die Nanopartikel können jeder gängigen Wandfarbe (in geringen Maßen) zugesetzt werden, sie verändern die Grundfarbe nicht und haben auch keine sonstigen negativen Auswirkungen auf die Wandfarbe. Aktuell arbeiten Günther Ruprechter und seine Kolleg*innen daran, die Methode für die Massenproduktion zu optimieren, schließlich hat ihre Erfindung viele Vorteile: Die neue Wandfarbe kann nicht nur Verschmutzungen und Schadstoffe unschädlich machen, sie hält auch noch länger, ist rohstoffschonend und kann aus recycelten Materialien gewonnen werden.