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Ein Mann sitzt auf seinem brauen Sofa und schaut sehr gestresst aus.
7. Februar 2020

Störung im Betriebsablauf

Von Schrödingers Katze
Allgemein
Viele Menschen sind im Laufe ihres Lebens mit psychischen Krankheiten konfrontiert - entweder sie selbst oder ihre Angehörigen erkranken. Wo liegt der Ursprung all dieser Kranken?

415.000 ÖsterreicherInnen haben eine ärztlich diagnostizierte Depression, so der Österreichische Gesundheitsbericht 2016. Neun Prozent aller Krankenstandstage in Österreich gehen auf psychische Belastungen zurück. Woher psychische Krankheiten kommen, ist nicht in allen Fällen geklärt, denn oft gibt es keinen nachweisbaren biologischen Grund. Betroffene stehen einem überforderten Gesundheitssystem gegenüber, das nicht genug Kapazitäten hat.

Die Rolle der Gene

Es ist eine alte Diskussion in der Psychologie: Ist der Zustand unserer Psyche von Geburt an festgelegt oder entwickelt er sich mit der Zeit? Mit anderen Worten: Liegen die Gründe für unser Handeln und Denken in den Genen oder erzieht uns unser Umfeld dazu? Bei der Entstehung von psychischen Krankheiten wissen wir nur teilweise mehr. „Das einzige, was wir nachweisen können, sind Korrelationen und Zusammenhänge“, sagt die Psychologin Sylke Andreas von der Uni Klagenfurt.

Selten gibt es nur einen Grund für den Ausbruch einer psychischen Krankheit. Fest steht, dass nicht immer gleich ein Trauma nötig ist. Wenn ein Kind in den ersten Lebenswochen zu wenig Nähe und Geborgenheit erfährt, kann dies bereits in späteren Jahren zu einer psychischen Erkrankung führen.

Bei manchen Krankheiten spielt die Genetik eine Rolle. „Es gibt das Vulnerabilitäts-Stress-Modell, das davon ausgeht, dass es eine genetische Prädisposition gibt“, so Andreas. Depressionen sind ein gutes Beispiel dafür. Ist einE PatientIn depressiv, suchen MedizinerInnen auch immer nach engen Verwandten, die ebenfalls schon einmal von einer Depression betroffen waren. Doch ob wirklich das Erbmaterial schuld ist, ist nicht gesichert. „Es ist natürlich schwer zu sagen, ob sich diese Gene auswirken, weil der oder die psychisch kranke Verwandte dann auch das Kind erzieht“, gibt die Expertin zu.

Oft nur Symptome mit Medikamenten behandelbar

Von Depressionen ist auch bekannt, dass sie „greifbare“ biologische Ursachen haben: Botenstoffe, wie etwa das Glückshormon Serotonin, die die Stimmung beeinflussen, geraten durcheinander. Das zeigt sich dann an einem niedrigen Serotoninwert im Blut.

Medikamentös kann man manche psychischen Krankheiten mit Psychopharmaka behandeln – etwa eine Depression mit Antidepressiva oder Schizophrenie mit Lithium. Für manch andere psychishce Erkrankungen gibt es noch keine Medikamente. Bei Essstörungen beispielsweise werden nur die Symptome medikamentös behandelt, wie etwa Schlafstörungen. „Es wird versucht, durch Medikation das Gleichgewicht wiederherzustellen und die PatientInnen in der körperlichen Symptomatik zu unterstützen“, fasst die Expertin zusammen.

Medikation alleine würde allerdings oft nicht ausreichen, so Andreas: „Da ist die Studienlage relativ eindeutig, dass Medikation und Psychotherapie zusammen am effektivsten sind, um eine psychische Erkrankung zu behandeln.“

Therapieplätze sind knapp

Eine Psychotherapiestelle zu bekommen, ist allerdings für viele Menschen in Österreich keine Option. Wenn eine medikamentöse Behandlung möglich ist, verschreiben manche MedizinerInnen deshalb der Einfachheit halber Psychopharmaka. „Ich glaube, dass in der Tat häufiger zu Medikamenten gegriffen wird als zur Psychotherapie, weil wir hier in Österreich im ambulanten Bereich ein auf Seiten der PatientInnen sehr kostenintensives System haben“, so Sylke Andreas. „Ich spreche mich auch dafür aus, dass dieses System dringend renoviert werden sollte. Freier Zugang zu Psychotherapie für alle, egal, mit was für einem finanziellen Hintergrund, wäre wünschenswert.“

Psychisch kranke PatientInnen wird durch die rein medikamentöse Behandlung ohne Psychotherapie möglicherweise sogar geschadet. Deshalb ist Vorsicht geboten, PatientInnen sollten nicht mit ihrer Krankheit allein gelassen werden, warnt die Psychologin: „Zumal es ja auch im Bereich der Angsterkrankungen, wenn man an die Benzodiazepine denkt, die ja einen starken Suchtcharakter haben, auch gefährlich wird.“

Seit Oktober gibt es an der Uni Klagenfurt das Psychotherapeutische Forschungs- und Lehrzentrum, das eine Brücke zwischen der Behandlung von PatientInnen sowie Lehre und Forschung schlagen soll. Psychisch Kranke können dort für einen geringen Unkostenbeitrag Psychotherapie in Anspruch nehmen. „Wir möchten damit die Versorgungslandschaft optimieren und PatientInnen eine Möglichkeit geben, niederschwellig und niederpreisig Zugang zu Psychotherapie zu erhalten“, so Sylke Andreas.

Dir geht es nicht gut? Die Telefonseelsorge erreichst du rund um die Uhr unter der Telefonnummer 142.

Univ.-Prof. Dr, Sylke Andreas vom Institut für Psychologie der Uni Klagenfurt. Foto: aau / Daniel Waschnig.

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