Das Klischee hält sich zäh: Frauen wollen Männer mit Ressourcen als Partner, Männer wollen fruchtbare, also junge und „schöne“, Frauen und davon möglichst viele. Evolutionsbiologen haben diese Ansicht lange geteilt.
Heute wird aber auch von ihnen infrage gestellt, ob sich solche Verhaltensweisen nicht mit gesellschaftlichen Gegebenheiten verändern, erklärt uns Marcel Zentner, Professor für Persönlichkeitspsychlologie und psychologische Diagnostik am Institut für Psychologie der Universität Innsbruck. In seiner Forschung befasst er sich mit Fragen der Persönlichkeitsentwicklung, den psychologischen und neurobiologischen Grundlagen des Musikerlebens und mit psychosozialen Aspekten der Partnerwahl.
Survival of the Fittest
Fitness, also Anpassungsfähigkeit, ist überlebenswichtig. Aber wer ist fit? „Wir wissen mittlerweile, dass die Umwelt unserer Vorfahren nicht so stabil war, wie wir lange dachten, sondern sich auf viele Weisen immer wieder drastisch veränderte. Überleben konnte, wer flexibel war“, sagt Zentner. Diese Flexibilität betrifft den Forschungsergebnissen zufolge auch die Entscheidungsgrundlage dafür, welchen Partner wir wählen. „Wir haben selbst Studien durchgeführt, aber auch schon vorhandene Daten ausgewertet. Beispielsweise wurde beobachtet, auf welche Aspekte Männer und Frauen beim Speed-Dating achten.“
Reich & schön?
Die Ergebnisse der Studie zeigen: „Es ist eine Fehlauffassung, dass Männer bei der Partnersuche vor allem auf junges Alter und schöne Formen achten“, betont der Psychologe. Die zunehmende Gleichstellung der Geschlechter wirke sich auf die Partnerwahl aus: „Auch wenn man hier zurecht noch immer nicht zufrieden ist, haben Fortschritte in der Gleichstellung zu einer Angleichung in den Partnerpräferenzen von Frauen und Männern geführt“, und das werde in der Studie auf dreifache Weise sichtbar:
Im internationalen Vergleich wird deutlich, je weiter die Gleichstellung in einem Land vorangeschritten ist, desto mehr gleichen sich Männer und Frauen in ihren Partnerpräferenzen an. Betrachtet man die Frage innerhalb einer Gesellschaft, lässt sich nachweisen: Wer ein konventionelles Männer- und Frauenbild hat, dem sind auch in der Partnerwahl die klischeehaft männlichen und weiblichen Attribute wichtiger.
Besonders spannend, so der Wissenschaftler, ist die dritte Ebene: Im Verlauf der Zeit – etwa der letzten 75 Jahre – zeige sich, wie sich die Eigenschaften, die beim anderen Geschlecht hoch im Kurs stehen, verändert haben: „Und das ist ja auch plausibel, bedenkt man, dass vor 40 Jahren eine Frau in Deutschland noch gesetzlich verpflichtet war, Ihren Mann um Erlaubnis zu fragen, wenn sie einer Erwerbsarbeit nachgehen wollte. Eine Frau, die heute gut verdient, braucht nicht unbedingt einen Mann mit viel Geld. Für Frauen ist es beispielsweise zunehmend wichtig, dass sich Männer im Haushalt bewähren,“
Rollentausch?
„Schönheit und Jugend sind ja Männern nicht völlig unwichtig geworden“, erinnert Zentner, „aber beides ist nicht mehr so entscheidend. Bildung und Intelligenz bei Frauen ist Männern wichtiger geworden, wichtiger als ihre physische Attraktivität.“ Besonders interessant ist dabei, dass dies sogar für Länder gilt, in denen die Gleichstellung noch nicht weit vorangeschritten ist.
In Finnland allerdings zeichne sich bereits eine Rollenumkehr ab: Dort ist Männern die Bildung und Intelligenz der Partnerin wichtiger als diese Eigenschaften den Frauen bei der Partnersuche sind. Die weitere Entwicklung darf also mit Spannung verfolgt werden!