Leichte, langsame Berührungen, wie zum Beispiel das Streicheln, mit dem man Kinder tröstet. So wenig kann es brauchen, um das Verhalten von jemandem zu beeinflussen. Doch der sogenannte Midas-Effekt konnte bis jetzt nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, obwohl er unter Forschern als gegeben gilt.
Goldene Berührungen: Der Midas-Effekt
Der Midas-Effekt wurde benannt nach einer Figur der griechischen Mythologie. Alles, was König Midas berührte, wurde zu Gold. In der Psychologie besagt der Midas-Effekt, dass wir Menschen gegenüber großzügiger sind, wenn sie uns auf eine angenehme Art und Weise berühren.
Verantwortlich dafür sollen die C-taktilen Fasern (CT-Fasern oder -Nerven) sein. Das sind Nerven, die sich von unseren haptischen Nerven unterscheiden. CT-Fasern sagen uns, wie angenehm eine Berührung ist, im Gegensatz zu den haptischen Nerven, die nur die Information liefern, ob und wie stark wir berührt werden.
Haptische Nerven liegen außerdem auf der gesamten Haut, CT-Fasern nur dort, wo auch Haare wachsen, wie etwa auf der Oberseite der Unterarme.
Bis jetzt kein Nachweis im Laborversuch
„Bis jetzt waren die meisten Studien, die den Midas-Effekt gezeigt haben, Fallstudien”, sagt Lisa Anna Rosenberger von der Uni Wien. Es wurde beobachtet, sozusagen im „echten Leben” im Gegensatz zum Laborversuch, dass Kellner mehr Trinkgeld bekamen, wenn sie Gäste berührten.
Rosenberger hat Laborversuche zu den CT-Nerven durchgeführt. Gefunden hat sie den Midas-Effekt dabei wider Erwarten nicht. „Es ging uns eigentlich gar nicht primär darum, den Effekt im Labor nachzuweisen. Wir wollten uns rein auf die Rolle der C-taktilen Nerven fokussieren”, so Rosenberger.
„Wir dachten, dass die CT-Fasern für die psychologische Interpretation der Berührung verantwortlich sind und uns vielleicht mehr darüber sagen können, warum wir großzügiger werden, wenn wir berührt werden.”
Einige wenige Studien haben den Midas-Effekt auch im Laborversuch entdeckt. Die Studie von Rosenberger ist allerdings die erste, die die Wirkung einer die CT-Nerven-aktivierende Berührung mit einer neutralen Berührung vergleicht.
So aktiviert man die CT-Fasern
Bei dem Versuch von Rosenberger wurden die Teilnehmer auf zwei verschiedene Arten berührt. Danach wurde ein Spiel mit ihnen gespielt, bei dem sie Geld hin und her schicken konnten, um ihre Großzügigkeit zu messen
Versuchsleiter strichen ihnen mit einem Pinsel langsam über die Unterarme, diese Berührung sollte die CT-Fasern aktivieren. Zum Vergleich wurden die Teilnehmer neutral berührt, die Leiter tupften ihnen mit dem Pinsel über den Unterarm.
Doch egal wie die Teilnehmer berührt wurden: Sie verhielten sich beim folgenden Spiel immer gleich großzügig. „Unsere Berührung hat eigentlich überhaupt keinen Unterschied gemacht”, fasst Rosenberger zusammen.
Was macht uns wirklich großzügig?
Woran das liegt, ist noch unklar. „Aber wir haben natürlich unsere Vermutungen”, sagt Rosenberger. „Und zwar, dass der Kontext, in dem die Berührung stattfindet, sehr wichtig ist.”
Die Berührungen in ihrem Versuch fanden in einem sehr sterilen Setting statt. Dadurch kann es sein, dass sie nicht denselben Effekt wie in einer natürlichen Situation hatten, trotz der Stimulierung der CT-Fasern.
Möglicherweise unterscheidet unser Gehirn also nicht nur, ob uns eine Berührung angenehm ist, je nachdem, ob die CT-Fasern aktiviert werden. Stattdessen ist auch der Kontext der Berührung wichtig, und wie wir sie interpretieren. Was uns großzügiger macht, ist also nicht unbedingt die Berührung der Person an sich, sondern die Sympathie, die wir dadurch der Person gegenüber empfinden.