Der „male gaze“, übersetzt das „männliche Starren“ oder auch der „männliche Blick“, bezeichnet eine Darstellung von Frauen durch die metaphorischen Augen eines Mannes. Die Frau wird dadurch mehr als Objekt betrachtet als als Mensch. Besonders bei der Darstellung von Schauspielerinnen zeigt sich, dass der male gaze in der Film- und Fernsehindustrie noch allzu präsent ist.
Verbesserungen in der Filmindustrie
Der male gaze zeigt sich vor allem dadurch, wie Frauen gefilmt, fotografiert oder beschrieben werden. Im Film wird durch den Blickwinkel der Kamera der Blick eines Mannes simuliert, erklärt Maren Lickhardt, Germanistin an der Uni Innsbruck. „Frauen werden beispielsweise so ins Bild gerückt, dass man mehr von ihrem Körper sieht, oder sie werden eher beim Zuhören gezeigt, während Männer beim Sprechen gezeigt werden.“
Heute zeigen sich diese männlichen Perspektiven in Film und Fernsehen nicht mehr so stark wie früher, so Lickhardt. Man würde heute Filme und Serien einfach nicht mehr so drehen wie beispielsweise noch in den achtziger Jahren. Was zu dieser Zeit durchaus gängig war, wird heute teilweise nicht mehr als „angebracht“ empfunden. „Damals wurde das einfach nicht reflektiert“, meint Lickhardt. „Ohne böse Absicht eines Einzelnen wurden Frauen in bestimmter Weise körperlich präsentiert.“
Superheldinnen
Dass Frauen in den Medien vor allem aus einem männlichen Blickwinkel gezeigt werden, bringt Probleme mit sich. „Derjenige, der blickt, bildet immer den Maßstab für das Objekt des Blicks“, so Lickhardt. Das bedeutet, dass Frauen lernen, sich anhand männlicher Maßstäbe zu definieren. Die in Medien gezeigten Frauen und wie sie präsentiert werden, werden so zum „Ideal“. Nur zu oft sind das dann hellhäutige, schlanke, konventionell attraktive Frauen, die nicht die Diversität der Gesellschaft widerspiegeln.
Selbst in Filmen und Serien mit sogenannten „starken, weiblichen Hauptcharakteren“ wird der male gaze sichtbar. Maren Lickhardt hat sich beispielsweise mit der Marvel-Serie „Jessica Jones“ auseinandergesetzt. Die Hauptdarstellerin Krysten Ritter ist die übermächtige Anti-Heldin dieser Science-Fiction-Welt und erledigt ihre Feinde im Alleingang. Auch wenn in vielen Szenen immer noch der Körper der Schauspielerin sexualisiert wird, zeigt die Serie doch, so Lickhardt, dass man sich hier bewusst einen Schritt von der stereotypen Darstellung von Frauenkörpern entfernen will.
The Female Gaze
„Es gibt immer mehr RegisseurInnen, die ein Bewusstsein dafür entwickeln“, sagt Lickhardt. Und das sei der richtige Weg: Das eigene Handeln zu reflektieren und so zu verbessern, ohne den Spieß um jeden Preis umdrehen zu wollen. „Das geht dann oft nach hinten los, wenn man außerordentlich politisch und bildend sein will.“ Das Publikum lasse sich von den Medien auch nicht eins zu eins beeinflussen. „ZuschauerInnen sind viel klüger als man früher angenommen hat“, erklärt Lickhardt. Als ZuschauerIn könne man lediglich versuchen, Medien wachsam zu konsumieren und auf Stereotypisierungen zu achten.
Das genaue Gegenteil des male gaze, nämlich den female gaze, zu implementieren, sei auch keine gute Lösung. So würden eben Männer aus dem Blickwinkel einer Frau dargestellt, was die Probleme nur verschiebt. Manche Medien würden sich das bereits erlauben, so die Germanistin. „Das funktioniert aber nur mittelgut.“ Als positives Beispiel für eine Serie ohne den male gaze empfiehlt Lickhardt „Good Girl“. Die drei weiblichen Hauptcharaktere würden facettenreich und vielschichtig dargestellt, ohne die Existenz von Stereotypen und Klischees außen vor zu lassen.