170 Forscher*innen, Praktiker*innen und politische Entscheidungsträger*innen trafen am 13. und 14.10. an der Uni Innsbruck zusammen, um im Rahmen der Disaster Research Days über Katastrophenforschung und -bewältigung zu diskutieren. Es gab mehr als 50 Beiträge zu Themen wie Extremwetter, Überschwemmungen, Massenbewegungen, Lawinen und Erdbeben, aber auch kritische Infrastruktur, Technologien im Krisen- und Katastrophenmanagement und öffentliche Gesundheit sowie Krisenkommunikation. Die Conclusio der Veranstaltung: Wissenschaft und Praxis müssen zusammenrücken und gemeinsame Aktivitäten wie Aus- und Weiterbildung forcieren. Organisiert wurden die Veranstaltung vom Disaster Competence Network Austria (DCNA): Als Verein versteht sich das DCNA als Partner von Hilfs- und Einsatzorganisationen sowie von Entscheidungsträgern aus dem öffentlichen oder privaten Bereich. Die Verbindung von Wissenschaft und Praxis ist dem DCNA ein großes Anliegen. DCNA-Geschäftsführer Christian Resch war beim Bundesheer Teil zahlreicher Hilfs- und Katastropheneinsätzen, aktuell widmet er sich in seiner Dissertation dem Krisen- und Katastrophenmanagement störfallgeneigter Infrastrukturen. Er lehrt an der BOKU und der TU Graz.
Naturkatastrophen
Der Experte betont die große Bedeutung von Naturkatastrophen: „Insgesamt verursachten Stürme, Überschwemmungen, Waldbrände und Erdbeben 2021 laut vorläufigen Zahlen der Munich Re Gesamtverluste von 280 Milliarden US-Dollar, von denen etwa 120 Milliarden US-Dollar versichert waren.“ Katastrophenereignisse nehmen auch in Österreich zu und treffen auf eine schlecht vorbereitete Gesellschaft. Bisher machten Hochwasser und Überflutungen bereits Probleme, nun kommen Hitzewellen, Dürreperioden und Waldbrände hinzu. „Präventionsmaßnahmen werden dennoch nicht oder immer erst sehr spät getroffen“, so der Experte. Bestehende Risiken müssen verringert und neue verhindert werden. Was gibt es zu tun? Risikoanalysen müssen optimiert, Maßnahmen zur Vorsorge gestärkt sowie konkrete Vorbereitungen getroffen werden. Zudem braucht es den Aufbau von Versicherungen und Risikofonds, die das finanzielle Risiko auf die Gemeinschaft verlagern.
Wissenschaftsskepsis
Ein weiteres Thema der Disaster Research Days 2022 war Wissenschaftsskepsis. „In der jüngsten Eurobarometer-Umfrage zur Stellung von Wissenschaft und Technologie in Europa, zeigt sich, dass die Themenfelder Wissenschaft und Forschung sowie Innovation und Technologie in der österreichischen Gesellschaft deutlich schwächer verankert sind als im europäischen Durchschnitt.“ Wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse spielen bei Behörden und Einsatzorganisationen eine wichtige Rolle. Daraus ergeben sich Maßnahmen: Menschen sollten etwa die Fähigkeit zur Interpretation von wissenschaftlichen Daten und deren Darstellung lernen, ebenso muss die Wissenschaft praxisrelevante Beiträge (in- und außerhalb von institutionellen Settings) leisten. Schlussendlich ist die Innovationsfähigkeit in Organisationen wie Feuerwehr und Rettung ein Thema.
Disaster-Robotik
Ein weiteres Thema war Disaster-Robotik: Darunter versteht man den Einsatz von Drohnen und Robotern bei Katastrophen. So wurden 2005 beim Hurrikan Wilma fliegende und schwimmende Roboter eingesetzt, um Schäden zu untersuchen. Auch bei Brückeninspektionen nach dem Hurrikan Ike im Jahr 2008 kamen Roboter zum Einsatz. Während es beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs nicht möglich war, Roboter zu verwenden, geschah dies wiederum 2011 auf Zypern, als ein Kraftwerk durch die Explosion eines Munitionslagers zerstört wurde. Fliegende und fahrende Roboter wurden auch bei der Inspektion von Schäden an Kulturgütern nach dem Erdbeben in der italienischen Region Emilia-Romagna 2012 benötigt und Christian Resch erlebte 2014 den Ansatz von Aufklärungsdrohnen bei der Flut in Bosnien-Herzegowina. Beim Schiffsunglück der Costa Concordia 2021 wurde unter Einsatz von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen eine Erkundungsmission durchgeführt. Zudem wurden die Roboter für die Bergungsmission vermisster Personen verwendet. Bei der Bekämpfung von COVID-19 wurden Roboter zur Desinfektion von Oberflächen eingesetzt.