Wer an Wien denkt, denkt an Kaffeehauskultur und das nicht zu Unrecht. Kein anderes Land kennt so viele unterschiedliche Varianten für Kaffeegenuss wie Österreich. Was den Kaffeekonsum betrifft, liegen wir im europäischen Spitzenfeld der Kaffeetrinker. Dennoch wurde das morgendliche Lieblingsgetränk vieler Menschen lange Zeit als ungesund verteufelt. Das im Kaffee enthaltene Koffein soll den Blutdruck erhöhen, Stress verursachen und sogar abhängig machen. Wissenschaftler der Karl-Franzens-Universität Graz haben sich mit der Wirkung von Kaffee auf den menschlichen Organismus auseinandergesetzt und dabei auch positive Nebeneffekte des Muntermachers festgestellt. Univ.-Prof. Dr. Frank Madeo und Dr. Christian Ruckenstuhl vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz beschäftigten sich dabei vor allem mit dem Phänomen der Autophagie. „Es handelt sich dabei um eine Art Selbstverdauungsprogramm, das die Zellen reinigt und entgiftet“, erklärt Madeo den Vorgang, der normalerweise durch kontrolliertes Fasten erreicht wird.
Und welche Rolle spielt Kaffee dabei?
Die Grazer Forscher haben untersucht, ob dieser Stoffwechselprozess auch ohne den kompletten Verzicht auf Nahrung in Gang gesetzt werden kann und haben entdeckt, dass Kaffee ein natürlicher Autophagie-Auslöser ist. „Innerhalb von einer bis vier Stunden nach dem Konsum wurde in den Modellorganismen die zelluläre Autophagie der untersuchten Organe, also der Leber, der Skelettmuskulatur und die des Herzens, angekurbelt.“ Grund dafür sollen laut aktueller Forschung die enthaltenen Polyphenole sein, die diesen Vorgang hervorrufen.
„Trinken Sie Kaffee mit gutem Gewissen, aber am besten schwarz oder mit pflanzlich basierter Milch, wie etwa Mandel- oder Kokosmilch.“ – Univ.-Prof. Dr. Frank Madeo
Koffein spielt bei diesem Vorgang übrigens keine Rolle. Wer auf die aufputschende Wirkung verzichten will, kann auch auf die koffeinfreie Variante zurückgreifen – der Entgiftungsvorgang wird dennoch in Gang gesetzt. Wer seinen Kaffee am liebsten mit viel Milch trinkt, wird aber enttäuscht. Die tierischen Proteine der Milch können den Autophagie-Prozess hemmen und damit die positive Wirkung schmälern. Auf pflanzliche Milch muss man laut Madeo aber nicht verzichten: „Trinken Sie Kaffee mit gutem Gewissen, aber am besten schwarz oder mit pflanzlich basierter Milch, wie etwa Mandel- oder Kokosmilch.“
5 weitere Studienergebnisse zum Thema Kaffee
Kaffee gegen Alzheimer
In einer finnisch-schwedischen Langzeitstudie wurde zudem herausgefunden, dass Kaffeetrinker deutlich seltener an Alzheimer erkranken, als Menschen, die auf Kaffeegenuss verzichten. Drei bis fünf Tassen täglich senken das Demenzrisiko um etwa zwei Drittel. In der Studie wurden die Ernährungsgewohnheiten von mehr als 1400 Menschen über durchschnittlich 21 Jahre verfolgt.
Kaffee kann bei Nichtrauchern den Blutdruck senken
Kaffee erhöht den Blutdruck – diese Annahme war bisher weit verbreitet. Eine Schweizer Studie bestätigt zwar, dass der Blutdruck kurz nach dem Trinken von Kaffee steigt, wer aber regelmäßig Kaffee trinkt, hat meist einen niedrigeren Blutdruck. Eine Tasse Kaffee am Tag kann dadurch über längere Zeit das Risiko auf einen Herzinfarkt oder Hirnschlag verringern, wie die Studie mit 16.000 Personen ergab. Die blutdrucksenkende Wirkung von Kaffee konnte allerdings nur bei Nichtrauchern bewiesen werden.
Kaffee gegen Darmkrebs?
Laut einer Studie des Dana-Farber Krebsinstitutes der Harvard Medical School ist das Risiko des Wiederauftretens von Darmkrebs bei Kaffeetrinkern deutlich geringer. Den größten Effekt hatte der Konsum von vier oder mehr Tassen pro Tag, das Risiko des Wiederauftretens einer Krebserkrankung war um 42 Prozent geringer wie bei Nicht-Kaffeetrinkern. Insgesamt umfasste die Untersuchung 1000 Patienten.
6 Facts über Kaffee
Wer trinkt am meisten?
Die Weltmeister im Kaffeetrinken sind die Finnen. Rund ein Liter Kaffee wird am Tag in Finnland getrunken. Österreich liegt mit 2,9 Tassen immerhin im europäischen Spitzenfeld.
Wie viel Koffein ist eigentlich in einer Tasse?
Wie viel Koffein ist eigentlich in einer Tasse Kaffee? Eine Kaffeebohne enthält zwischen 0,8% und 2,5% Koffein – demnach hängt der Koffeingehalt einer Tasse Koffein stark von der Bohnensorte, der Menge und der Zubereitungsart ab. Ein Espresso (50 ml) enthält etwa 50 bis 150 mg Koffein, eine Tasse Filterkaffee (150 ml) etwa 80 mg Koffein.
Was verursacht Koffein in unserem Körper?
Koffein verhindert, dass die Aktivität unserer Nervenzellen abnimmt. Das Koffein im Kaffee gelangt nach der Aufnahme über den Magen in die Blutbahn und weiter ins Gehirn. Dort werden die Rezeptoren für den Neurotransmitter Adenosin blockiert. Adenosin ist ein körpereigener Botenstoff, der dafür zuständig ist, den Energiehaushalt der Nervenzellen im Gleichgewicht zu halten. Er schützt das Gehirn davor, sich zu überanstrengen und veranlasst, dass unsere Gehirnaktivität abnimmt. Durch die Blockierung von Adenosin steigt die Menge anderer Neurotransmitter an und die Neuronen arbeiten stärker – die Drosselung der Gehirnaktivität wird verhindert. Dies führt zu einer Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit.
Ist Kaffee wirklich nicht schädlich?
Wie bei allen Dingen macht auch bei Kaffee die Menge das Gift. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Koffein auf den menschlichen Körper überprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Einzeldosen von Koffein bis zu 200 mg und Tagesrationen von bis zu 400 mg (das entspricht vier bis fünf Espressi) für den Menschen gesundheitlich unbedenklich sind.
Was hat es mit Beethoven und den 60 Bohnen auf sich?
Ludwig van Beethoven trank seinen morgendlichen Kaffee laut Überlieferungen übrigens mit exakt 60 abgezählten Bohnen. Das entspricht etwa 8 Milligramm und ist in etwa soviel, wie man heute für die Zubereitung von einem Espresso verwendet.
Die Farbe macht den Kaffee
Während man heute einen Milchkaffee oder einen Espresso bestellt, wurde zur Beginn der Kaffeehauskultur der Kaffee nicht nach Zubereitung sondern nach der Farbe ausgewählt. Dazu bekam man eine Farbpalette, auf der die verschiedenen Stärkegrade von schwarz bis milchig-weiß abgebildet wurden.
Text: Yasmin Vihaus