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Verschiedene Lebensmittel sind rund einen gezeichneten Darm platziert.
21. Februar 2025

Ich weiß, was du gestern gegessen hast

Von Schrödingers Katze
Medizin
Dank einer neuen Methode kann rekonstruiert werden, welche Speisen und Getränke jemand zu sich nahm. Das hilft bei der Behandlung von Darmerkrankungen.

Schnitzel oder Gemüseauflauf? Apfel oder Avocado? Ein Glas Orangensaft oder Wein? Um bestimmte Krankheiten besser behandeln zu können, müssen Patient*innen ihre tägliche Ernährung notieren. Warum das so ist, erklärt Christian Diener, Bioinformatiker an der Medizinischen Universität Graz: „Unsere Ernährung ist eng an unsere eigene Gesundheit geknüpft. Wie, was und wie viel wir essen hat Auswirkungen auf unseren gesamten Stoffwechsel und beeinflusst das Risiko für eine ganze Reihe an Krankheiten, wie zum Beispiel Diabetes, Kreislauferkrankungen und Fettleber.“ Um manche Krankheiten zu vermeiden bzw. zu behandeln, ist es daher wichtig, bestimmte Lebensmittel aus dem Speiseplan zu streichen oder zumindest weniger oft zu konsumieren.

Darmmikrobiom

Zudem sagt das Darmmikrobiom – also die Gesamtheit aller Mikroorganismen wie Bakterien, die unseren Darm besiedeln – viel über unseren Gesundheitszustand aus. Christian Diener: „Wichtig ist auch unser Darmmikrobiom, die Gemeinschaft aus 38 Billionen Mikroben, die in unserem Darm lebt und einen großen Teil unserer Nahrungsmittel verstoffwechseln. Was wir essen bestimmt, welche Mikroben in uns leben und ob diese gesundheitsfördernde oder gesundheitsschädliche Effekte haben.“ Oft ist es nicht leicht, genaue Aufzeichnungen über die aufgenommenen Speisen und Getränke zu machen, daher sind die Angaben oft unvollständig oder falsch. Auch Scham kann hier eine Rolle spielen: „Wer gibt schon gerne zu, dass er sich schlecht ernährt?“

Neue Technik

Die falschen bzw. unvollständigen Ernährungstagebücher können die Behandlung von Darmerkrankungen verhindern bzw. verzögern. Daher wär es praktisch, anhand einer Stuhlprobe zu wissen, welche Speisen und Getränke jemand zu sich genommen hat. Genau das ist dem Bioinformatiker – gemeinsam mit seinen Kolleg*innen – nun mit der Technik MEDI (Metagenomic Estimation of Dietary Intake) gelungen. „MEDI ist eine Methode, um in der DNA in Stuhlproben nach kleinen Mengen von Rest-DNA aus Nahrungsmitteln zu suchen. Das ist mitunter schwierig da die Nahrungsmittel-DNA weniger als 0,1 % der DNA in Stuhlproben ausmacht. Daher enthält MEDI neue computergestützte Algorithmen um diese DNA-Sequenzen zu finden und den korrekten Nahrungsmitteln zuzuordnen“, führt der Experte aus.

DNA-Datenbank

Damit das funktionieren kann, braucht es eine DNA-Datenbank. Darunter versteht man eine Sammlung von Genomsequenzen von Organismen. Als Genom bzw. Erbgut bezeichnet man die Gesamtheit aller vererbbaren Informationen einer Zelle. „Im Falle von MEDI sind das Genome von mehr als 400 Organismen, die wir konsumieren, zum Beispiel Karotten oder Rind. Dazu beinhaltet die Datenbank detaillierte Nährstoffmengen für all diese Nahrungsmittel. Das ist so ähnlich wie die Nährwertangabe auf abgepackten Lebensmitteln.“

Nährstoffprofile

Die aus den DNA-Spuren bestimmten Nahrungsmittel werden in Nährstoffprofile umgerechnet, die die Aufnahme von Eiweiß, Vitaminen und anderen Nährstoffen exakt abbilden. In einer aktuellen Studie konnte Christian Diener nachweisen, dass MEDI Nahrungsmittel und Nährstoffe in den Stuhlproben findet, die mit einem erhöhten Risiko für das metabolische Syndrom (das ist das gemeinsame Auftreten von Übergewicht, Bluthochdruck sowie Zucker- und Fettstoffwechselstörungen) im Zusammenhang stehen. MEDI könnte also künftig helfen, Ernährungsempfehlungen zu personalisieren sowie den Einfluss der Ernährung auf die Darmgesundheit besser zu verstehen. 

400 Lebensmittel

Mit Hilfe der DNA-Datenbank erkennt MEDI aktuell mehr als 400 Lebensmittel, aber es gibt noch Einschränkungen: Lebensmittel mit zugesetztem Zucker bzw. Fetten können mit MEDI nicht identifiziert werden. „Es hängt auch davon ab, wie schnell die Nahrungsmittel im Verdauungstrakt zersetzt werden, da dies die DNA zerstören kann. Daher ist es schwerer, verdauliche Nahrungsmittel wie härteres Gemüse oder Hülsenfrüchte zu erkennen als zum Beispiel Milch oder hoch verarbeitete Fleischprodukte“, führt Christian Diener aus. 

Die Darmflora ist bei jedem Menschen anders, daher kann es sein, dass manche Menschen zum Beispiel von einer ballaststoffreichen Ernährungen profitieren – und andere nicht. Es gibt aber einige Lebensmittel, die dem Darm meistens guttun: „Dazu gehört eine Ernährung mit abwechslungsreichen Ballaststoffen, vielem unterschiedlichen Obst und Gemüse und guten Mengen an Polyphenolen, das sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in Pflanzen wie Aronia oder grünen Tee vorkommen.“

Bioinformatiker Christian Diener
Der Bioinformatiker Christian Diener ist an der Medizinischen Universität Graz tätig. © Opernfoto Graz

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