Die Blicke von Hunden verraten, dass sie Newtons Gesetzen der Bewegung folgen können. In einem Experiment setzten Christoph Völter und Ludwig Huber vom Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien 14 Hunde nacheinander vor einen Bildschirm und zeigten ihnen zwei Videos: Im ersten Video stößt eine Billardkugel auf eine andere, stoppt durch den Aufprall, worauf die andere losrollt. Im zweiten stoppt die erste Kugel lange bevor sie die zweite erreicht hätte, diese beginnt dennoch zu rollen.
Während die Vierbeiner die Videos betrachteten, wurden ihre Augenbewegungen und die Pupillengröße von einem Eye-Tracker erfasst. Beim zweiten Video verharrten die Hundeblicke länger auf der ersten Kugel, die offensichtlich grundlos zum Stillstand gekommen war, so die Verhaltensforscher. Zudem waren ihre Pupillen weiter geöffnet – „ein Zeichen von erhöhter Aufmerksamkeit und Erstaunen“. Die Studie wurde im Fachmagazin „Biology Letters“ veröffentlicht.
Schimpansen reagieren ähnlich
„Unsere Studie deutet darauf hin, dass Hunde implizite Erwartungen haben, wie sich Objekte in ihrer physikalischen Umgebung verhalten“, sagt Völter. Damit eine Billardkugel die andere in Bewegung setzen kann, sei Kontakt erforderlich. „Die Hunde sind überrascht, wenn sich die beiden Kugeln wie bei einem Kollisionsereignis bewegen, obwohl es gar keinen Kontakt zwischen ihnen gab.“
Ähnliche Erwartungen über das Zusammenspiel von Objekten seien etwa bei Schimpansen beobachtet worden. Laut Völter ist es durchaus möglich, dass dieses Phänomen in der Tierwelt weitverbreitet ist. Dazu sei aber weitere Forschung nötig. Und auch mit Hunden werde es Folgestudien geben. Denn um mit Sicherheit sagen zu können, dass die Vierbeiner Ursache und Wirkung verstehen, müssten den Erwartungen auch Handlungen folgen: „Haben Hunde also nicht nur bestimmte Erwartungen an ihre physikalische Umgebung, sondern handeln sie auch danach, etwa wenn sie mit einer Problemsituation konfrontiert sind?“
„Die Hunde kommen gerne ins Lab“
Im Clever Dog Lab der Vetmeduni herrsche jedenfalls immer reger Betrieb, erzählt Völter. Jeden Tag kommen Hundehalter*innen mit ihren Hunden vorbei. In sechs Testräumen, die jeweils mit einem Multikamerasystem ausgestattet sind, finden Verhaltensstudien statt. „Die moderne Technik gibt uns die Möglichkeit über Beobachtungen hinauszugehen“, so der Verhaltensforscher. So können etwa anhand von Touchscreen-Einheiten mit automatischen Futterspendern die individuellen Lernfähigkeiten von Hunden untersucht werden. „Die Studien ähneln Spiel- und Trainingssituationen. Und wir verwenden ausschließlich positive Verstärkung, sodass die Hunde gerne ins Lab kommen.“
Interessierte Hundehalter*innen finden u. a. auf der Website des Clever Dog Lab Informationen zu den aktuellen Möglichkeiten an Studien teilzunehmen.