ForscherInnen der Vetmeduni Wien versuchen, den Habichtskauz durch ein großflächiges Netzwerk wieder in Österreich anzusiedeln.
Wie der Kauz ausstarb
Wenn ein Tier ausstirbt, bedeutet das herbe Verluste für die Biodiversität, denn mit jeder Art geht ein Teil im Gefüge des Ökosystems verloren. Um ein Tier also erfolgreich wiederanzusiedeln, muss man zuerst wissen, warum diese Art überhaupt ausgestorben ist. Denn sollten die Gründe für das damalige Aussterben noch bestehen, wird es beim Versuch der Wiederansiedlung bleiben. Beim Habichtskauz vermutet man, dass er durch zielgerichtete Jagd und Veränderungen in der Waldbewirtschaftung in Österreich ausgestorben ist.
In Teilen des 18. Und 19. Jahrhunderts hat man Eulen und Greifvögel generell als Nahrungskonkurrenten des Menschen gesehen, dafür wurden auch Prämien für den Abschuss ausbezahlt. Auch im Dienste der Wissenschaft wurde dem Habichtskauz zugesetzt. Die Tiere wurden beispielsweise für Museumssammlungen geschossen.
„Das war ein lokales Verschwinden“, beschreibt Zink das Aussterben des Vogels. Denn im Nachbarland Slowenien und in den Karpaten haben sich Restbestände des Habichtskauzes gehalten. Doch warum sind andere Vögel nicht ausgestorben? „Den Habichtskauz hat es härter als andere Arten getroffen, da der Habichtskauz von Natur aus sehr wenig Scheu zeigt“, erklärt Zink. Für gewöhnlich flüchten Vögel nämlich bereits, wenn man sich ihnen auf 100 Meter nähert. Der Habichtskauz hebt erst bei 20 Metern Nähe ab, was den Abschuss erleichtert.
Und warum? „Das ist mir selbst ein Mirakel“, meint Zink. Bis heute gibt es als Antwort nur Hypothesen. Der Habichtskauz ist ein kräftiger Vogel und hat kein Problem damit, sich zu wehren. Das muss er allerdings auch nicht oft, denn er hat wenige natürlich Feinde. Genau dieser Umstand könnte dazu geführt haben, dass er es sich nicht angewöhnen musste, so schnell wie andere Arten zur Flucht anzusetzen.
Überprüfung mit DNA-Monitoring
Richard Zink von der Österreichischen Vogelwarte der Vetmeduni ist Leiter des Projekts „Habichtskauz Wiederansiedlung“. Seit zehn Jahren arbeitet das Projektteam daran, ein Zuchtnetzwerk aufzubauen. Dafür stellen sie europäischen Zoos und Zuchtstationen kostenlos Habichtskäuze zur Verfügung. Der Nachwuchs wird um den 90. Lebenstag herum freigelassen. Da sind die Tiere schon flügge, aber auch noch jung genug, um zu lernen, wie sie sich in der Natur selbst ernähren können.
Das ist besonders wichtig, da das Projekt natürlich langfristig Erfolg haben soll. Habichtskäuze werden nämlich sehr alt (bis zu 28 Jahre) und müssen sich deshalb über viele Jahre hinweg selbst versorgen können. Vor der Freilassung werden sie in ein geräumiges Gehege gesetzt, wo sie ihre Flugmuskulatur stärken und im Käfig platzierte Mäuse jagen können.
Wichtig ist bei solchen Wiederansiedlungsprojekten auch die wissenschaftliche Betreuung, sagt Zink. Viele Projekte ohne die Betreuung bleiben leider erfolglose Versuche. Das Projektteam nutzt dafür den DNA-Fingerabdruck der Tiere. Vor der Freilassung werden jedem Habichtskauz ein paar Federn genommen, damit später mittels Abgleich der gefundenen DNA im Wald gezeigt werden kann, dass genau dieser Vogel, von dem die DNA stammt, in diesem Gebiet war.
Mehr Revier für den Kauz
Ein weiterer Grund für das Aussterben des Kauzes ist, dass immer mehr Wälder bewirtschaftet, also frühzeitig geerntet, wurden. Der Habichtskauz baut nämlich keine Nester auf Ästen, deshalb ist er auf Baumhöhlen angewiesen. „Wenn man sich aber vorstellt, dass diese Eule über einen halben Meter groß ist, wird klar, dass kleine Höhlen nicht ausreichen“, so Zink. „Das müssen wirklich Urwaldriesen sein, wo ein Ast abbricht und eine Höhle ausmorscht.“ Bäume werden allerdings meist gefällt, lange bevor sie groß genug für den Kauz werden.
Deshalb werden für den Artenschutz immer mehr Wälder unter Schutz gestellt, beispielsweise im Biosphärenpark Wienerwald. Doch der Ausbau dieser großflächigen Schutzzonen ist für die Wiederansiedlung des Habichtskauzes nicht zwingend nötig. „Was man braucht, ist, dass mehr Einzelbäume im Wirtschaftswald stehen gelassen werden“, urgiert Zink. „Es wäre bereits eine große Hilfe, wenn pro Hektar zwei bis drei Bäume dauerhaft stehen bleiben dürften.“ Jeder Habichtskauz kommt nämlich auf ein Revier von 500 Hektar, so könnte er sich seinen Nistplatz aus mehreren Hundert Bäumen aussuchen.
„Wir sind sehr glücklich und stolz, dass es uns mit dem Projekt sehr gut geht bis jetzt“, zieht Zink ein Resümee. Bislang sind durch die Bemühungen des Projektteams 35 Habichtskauz-Reviere in Österreich entstanden. „Das ist schon ein sehr schöner Erfolg.“ Doch noch ist die Population zu fragil, um strenge Winter oder Seuchen wie etwa das Usutu-Virus zu überstehen. Das Ziel des Projektteams ist es, mindestens 60 Habichtskauz-Reviere zu etablieren.