Kommt ein Kakadu auf den Golfplatz – dies mag wie der Beginn eines Witzes klingen, war aber Ausgangspunkt für ein Experiment am Messerli-Forschungsinstitut der Veterinärischen Universität Wien. Antonio José Osuna Mascaró forschte mit seinen Kolleg*innen, ob und wie Goffin-Kakadus Werkzeuge nutzen.
Viele Wissenschafter*innen haben sich bereits mit der Nutzung von Werkzeugen bei Tieren und Menschen auseinandergesetzt. So spielt etwa der assoziative Werkzeuggebrauch bei Menschen eine große Rolle. Darunter versteht man die Nutzung mehrerer Objekte, um ein Ziel zu erreichen. Bei Tieren ist dieses Verhalten sehr selten, umso interessanter war es für die Forscher*innen nun, Kakadus zu beobachten. Dazu musste nur ein Weg gefunden werden, den Gebrauch von Werkzeugen bei diesen zu studieren. Der Weg in die Arbeit brachte für Antonio José Osuna Mascaró schließlich die Inspiration für das Experiment: „Unser Labor befindet sich in der Nähe von St. Pölten. Bei meinem Weg ins Labor komme ich am Schloss Goldegg und am Golfclub Goldegg vorbei. Die Antwort war die ganze Zeit direkt vor mir: Warum kann man nicht ein Experiment entwerfen, bei dem die Kakadus Golf spielen müssen?“
Golf spielende Kakadus
Daher haben die Forscher*innen eine Plattform mit einem grünen Teppich ausgelegt und auf diesem war ein Kasten mit einer vergitterten Vorderseite aufgestellt. Auf dem Teppich selbst befanden sich rechteckige Löcher mit einer Falltür. Während des Experiments wurde eine dieser beiden Falltüren mit einer Cashewkern geködert. Im Gitter des Kastens befand sich wiederum ein zentrales Loch, durch das eine schwere weiße Murmel in die Mitte des grünen Feldes gesteckt werden konnte. Da die Murmel aber nicht durch den Rest des Gitters passte, musste ein Stock durch das Gitter eingeführt und so ausgerichtet werden, dass damit die Murmel in eines der Löcher auf die Oberseite der Falltüre geschoben werden konnte, womit das Futter zum Vorschein kam. Die Kakadus mussten also mit dem Stöckchen die Murmel in das Loch stoßen, um an die Cashewnuss zu kommen. Und dies taten sie auch: Antonio José Osuna Mascaró und seine Kolleg*innen konnten mit dem Experiment beweisen, dass Kakadus Werkzeuge auf höchstem Nivea nutzen. Aufgaben dieser Art sind für alle Tiere schwer zu bewältigen, beim Experiment konnten jedoch drei Tiere den Ball ins richtige Loch werfen. Dabei hat jedes Tier seine eigene Technik entwickelt: Ein Vogel hielt den Stock zwischen Ober- und Unterkiefer, ein anderer zwischen Schnabelspitze und Zunge und ein dritter mit seiner Kralle.
Anpassung an eine komplexe Umwelt
Warum die Tiere dies tun, dies sei aber noch nicht geklärt, wie Antonio José Osuna Mascaró erklärt. Über den Werkzeuggebrauch der Goffin-Kakadus hält er folgendes fest: „Ihr Werkzeuggebrauch scheint sehr mit Erkundung und Spiel verbunden zu sein.“ Eine der Co-Autorinnen der Studie, Alice Auersperg, die zudem das Goffin Lab am Messerli Forschungsinstitut der Vetmeduni leitet, ergänzt die Annahme, dass Kakadus diese Fähigkeiten haben, um sich an eine komplexe, unvorhersehbare Umwelt anzupassen.
Dass die Goffin-Kakadus Werkzeuge gebrauchen, das weiß man schon seit 2011. „Mit diesem Golfclub-Experiment haben wir getestet, ob sie in der Lage sind, eine innovative Lösung zu entwickeln, die einen sehr fortgeschrittenen Werkzeugeinsatz erfordert, der so fortgeschritten ist, dass nur wenige Primaten ihn ausführen könnten.“
Werkzeuggebrauch bei Kakadus und Menschen
Gibt es Parallelen, die zum Werkzeuggebrauch des Menschen hergestellt werden können? Dazu heißt es von Antonio José Osuna Mascaró: „Die kognitiven Fähigkeiten, verschiedene Werkzeuge mit unterschiedlichen Funktionen kombinieren zu können, wurden im Laufe der Evolution mehrfach entwickelt. Was wir bei diesen Kakadus sehen, war sicherlich nicht bei dem gemeinsamen Vorfahren vorhanden, den wir mit ihnen teilen, der vor mehr als 300 Millionen Jahren lebte und Teil der ersten Reptilien war. Wir Menschen (als Primaten) und Goffins haben diese Fähigkeiten auf getrennte Weise entwickelt, das nennt man eine evolutionäre Konvergenz.“
Alice Auersperg ergänzt, dass ihr Forschungsteam sich für die Zutaten des intelligenten Werkzeuggebrauchs interessiert: „Im Moment deuten unsere Ergebnisse darauf hin dass die Fähigkeit, Werkzeuge zu erfinden, mehrere Vorraussetzungen benötigt: Unter anderem einen opportunistischen Lebensstil, Futterquellen, die Extraktion benötigen, und einen psychologischen Drang, Objekte spielerisch zu kombinieren.“
Die daraus gewonnenen Erkenntnisse könnten nicht nur dabei helfen, verschiedene Aspekte der Evolution von intelligentem Verhalten besser zu verstehen, sie könnten auch im Bereich der A.I. und Robotik nützlich sein, so Auersperg abschließend.