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2. Mai 2019

Game of Thrones: Warum der Hype?

Von Schrödingers Katze
Psyche
Die Mittelalter-Phantasy-Serie Game of Thrones wurde in über 170 Ländern ausgestrahlt und gilt als die erfolgreichste HBO-Serie aller Zeiten. Was macht sie so erfolgreich?

Der Innsbrucker Psychologe Gerald Poscheschnik ist selbst Fan von Game of Thrones und hat dem Massenphänomen eine wissenschaftliche Arbeit gewidmet.

Fans in Game of Thrones Kostümen.
Credit: CC BY 2.0. Foto mike connor/flickr.

Schrödingers Katze: Was hat Sie dazu veranlasst, sich mit der Serie auseinanderzusetzen?

Gerald Poscheschnik: Ich stand der Fernsehserie Game of Thrones anfangs skeptisch gegenüber, da allzu große Hypes meist Zweifel in mir wecken. Nachdem ich allerdings zwei, drei Folgen geschaut habe, war ich äußerst fasziniert und habe angefangen, mich mit der Frage zu beschäftigen, was die Gründe für den exorbitanten Erfolg sind.

Ich habe mir die Serie angeschaut, in meiner Analyse mit der psychoanalytischen Methode des Szenischen Verstehens das Hauptaugenmerk auf die Großgruppendynamik gerichtet und so versucht, den narrativen Kern herauszuarbeiten.

Daenerys Targaryen, eine der Anwärterinnen auf den Eisernen Thron. Credit: CC BY 2.0. Foto: BagoGames/flickr.

Kaum eine Serie schafft es heute auf so einen großen Beliebtheitsgrad wie Game of Thrones. Was macht ihren Erfolg aus?

Die Gründe für den Erfolg kultureller Produkte sind natürlich immer mannigfaltig. Auf einer bewussten Ebene überzeugen meist ästhetische Aspekte, wie z.B. Kulisse, Maske, schauspielerische Leistung und außergewöhnliche Ereignisse, die die Fadesse des durchschnittlichen Zuschauerlebens transzendieren. Auf einer unbewussten Ebene muss eine erfolgreiche Serie aber auch Identifikationsmöglichkeiten mit den Charakteren, Narrativen und Gruppendynamiken bieten; das können sowohl Anteile von individuell unbewussten Elementen, als auch gesellschaftlich-kulturell unbewussten Elementen sein.

Jon Snow, einer der Schlüsselcharaktere der Serie. Credit: CC BY 2.0. Foto: BagoGames/flickr.

Welche Parallelen lassen sich zwischen der GoT-Welt und unserer ziehen?

Game of Thrones ist ein fiktives Phantasy-Spektakel in einer Pseudo-Mittelalter-Welt mit Drachen, Zombies und Prinzessinnen. Wir hingegen leben in einer technisierten, von Wohlstand und Frieden geprägten Hochkultur. Wenn wir uns allerdings nicht von der Oberflächlichkeit der Inszenierung blenden lassen und psychoanalytisch den narrativen Wesenskern freilegen, werden die Parallelen offensichtlich.

Westeros stellt – symbolisiert durch den Tod des Königs, den drohenden langen Winter, zunehmende Dekadenz und den ausbrechenden Krieg – eine Gesellschaft dar, die sich im Niedergang befindet. Auch in der westlichen Welt haben breite Teile der Bevölkerung das Gefühl, dass es bergab geht, der Konkurrenzkampf härter wird und im durch die Globalisierung verschärften Wettbewerb jeder um seine ökonomische Existenz ringen muss. Ob dem tatsächlich so ist, oder ob es sich hierbei um ein Phantasma handelt, sei dahingestellt.

Im Norden, mit seiner gigantischen Wand von Westeros getrennt, braut sich eine dunkle Bedrohung zusammen, die droht, das ganze Land zu überrennen und zu zerstören. Auch hier zeigt sich eine Parallele. Wir müssen uns zwar nicht vor Zombies fürchten, aber auch unser Modus vivendi produziert unerwünschte und unangenehme Nebenwirkungen, mit denen wir uns lieber nicht so gern auseinandersetzen. Dazu zählen beispielsweise der Raubbau am Planeten, der Wasser, Boden und Luft verschmutzt und so à la longue die Existenzgrundlage des Menschen zu zerstören droht. Das sind Themen, die wir lieber verdrängen.

Credit: CC BY 4.0. Foto: Kal242382/Wikimedia Commons.

Die Serie spiegelt die in unserer Gesellschaft weit verbreitete Phantasie wider, dass es mit unserem Lifestyle so nicht weiter gehen kann.

-Gerald Poscheschnik

Sigmund Freud hat die Verdrängung nicht als einen statischen Vorgang, sondern etwas Dynamisches verstanden. Die Verdrängung erzeugt immer auch eine Gegenkraft, die sich in der Wiederkehr des Verdrängten zeigt. Das scheint mir der Norden in Games of Thrones gut zu repräsentieren: Der Versuch der Verdrängung von Problemen, die aber wiederkehren.

Essos schließlich repräsentiert mit Daenerys Targaryen die zuletzt sterbende Hoffnung, eine andere, bessere Welt wäre möglich und denkbar. Dass Daenerys keine fertige Vision von einer besseren Welt verkörpert, sondern eine Hoffnung in statu nascendi ist, passt auch gut zur weit verbreiteten Ahnung, dass unsere Gesellschaft wohl Probleme produziert, man aber – insbesondere seit dem Scheitern des so genannten real existierenden Sozialismus – ein Utopievakuum hat. Es sollte bzw. könnte anders sein, man kann sich aber nicht vorstellen, wie diese Andersheit aussehen könnte.

Wie spricht uns Game of Thrones damit an?

Ich denke, die Serie spiegelt die in unserer Gesellschaft weit verbreitete Phantasie wider, dass es mit unserem Lifestyle so nicht weiter gehen kann, wir dafür einen apokalyptischen Preis zu zahlen haben werden, aber eventuell eine Rettung in einer messianischen Veränderung liegen könnte.

Dr. phil. Gerald Poscheschnik vom Institut für Psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung der Uni Innsbruck.

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