Welcher Spieler machte die meisten erfolgreichen Pässe, welcher Spielzug führte zum Torschuss? Diese Frage stellen sich Analysten immer mehr, denn Spielanalyse ist kaum noch vom Fußballfeld wegzudenken.
GPS-Tracking und Fitbits
Die Anfänge der Spielanalyse waren recht bescheiden: Man verwendete Stift und Papier. Heutzutage werden zumeist Kameras oder Funkgeräte verwendet, um das Spielgeschehen festzuhalten und später zu analysieren. Bei Wettkämpfen dürfen allerdings ausschließlich Kameras eingesetzt werden, alles andere verbietet das Regelwerk.
Genauer und einfacher ist die Methode mit Funk. Daber werden Sender im Trikot der Spieler angebracht. Früher waren diese sperrig und dadurch die Verletzungsgefahr hoch, daher stammt auch das Verbot für Wettkämpfe. Heute sind die Sender wesentlich kleiner und stellen kein Verletzungsrisiko mehr dar. Wird im Freien gespielt, erfolgt das Tracking der Sender über GPS, in der Halle wird mit anderen Funksystemen gearbeitet.
„Dabei wird ein Signal ausgesendet, das an mehreren Stationen erfasst wird”, erklärt Markus Tilp vom Institut für Sportwissenschaften der Uni Graz. „Man weiß, wie lange ein Signal von einem Punkt zum anderen braucht. Daraus kann man auf die Distanz zum Spieler zurückrechnen.” Neben diesen Daten werden auch physiologische Messwerte der Spieler wie der Puls erhoben, ähnlich wie bei einem Fitbit.
Den Ball selbst lässt sich nur sehr schwer tracken. Es wurde zwar versucht, einen Sensor am Ball zu befestigen. Allerdings wird der Ball während dem Spiel so großen Belastungen ausgesetzt, dass Fehlmessungen die Folge sind. Mit Kameras funktioniert das Tracking auch nicht besser, da der Ball ja, im Gegensatz zu den Spielern, nicht immer am Boden bleibt.
Big, big Data
Für jeden Spieler werden pro Sekunde etwa 25 Datenpunkte aufgezeichnet. Dabei kommen für 22 Spieler und 90 Minuten Spielzeit sehr, sehr viele Daten zusammen. Dass sich ein Trainer in diesem Datengewusel selbst auskennt, scheint unwahrscheinlich. Deshalb bräuchten Teams eigentlich einen eigenen Datenanalysten, der auf Spielanalyse spezialisiert ist. „Der Analyst versucht dann, die für den Trainer relevanten Informationen aus den Daten herauszuholen”, erklärt Tilp. „Der Trainer kommuniziert diese Informationen anschließend an die Spieler.”
„Das Problem ist, dass das immer noch sehr aufwendig ist”, so Tilp. Bei diesen riesigen Datenmengen dauert die Auswertung trotz hochentwickelter Programme sehr lang. Zudem wisse man manchmal nicht genau, welche Daten denn wirklich von Belang und wie sie zu interpretieren sind. „Heutzutage haben wir das Problem, dass wir zu viele Daten haben und noch nicht richtig wissen, welche davon wichtig sind”, meint Tilp.
Wie vorhersehbar sind Spieler?
Ein Ansatz, wie mit diesen Daten umgegangen werden kann, ist, sie mithilfe von künstlich intelligenter Software zu analysieren. Gibt man ihr die Positionsdaten der Spieler und einen Hinweis, worauf dabei zu achten ist, erkennt die Software eigenständig Muster. „Wir haben damit die Ballwege kurz vor den Torschüssen aufgezeichnet, also die letzten Pässe und den Torschuss”, so Tilp. „Mit dieser Software war es dann tatsächlich möglich, aus dieser großen Anzahl an Daten Strukturen und Taktiken herauszufiltern.”
Beim Handball konnte Tilp mit diesem System bei Handballspielen schon vorhersagen, wo in etwa der nächste Wurf auf das Tor stattfinden wird. „Wir konnten den Wurf innerhalb eines Radius von 1,2 Metern richtig vorhersagen“, so Tilp. Allerdings bedeutet das nicht, dass mit technischer Spielanalyse das Verhalten von Spielern ganz genau vorhergesagt werden kann. Bis jetzt kann Spielaktionen nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden.
Es gibt allerdings schon wissenschaftliche Arbeiten, in denen mithilfe von Spielanalyse versucht wurde, retrospektiv das Ergebnis eines Spiels vorherzusagen. Dabei konnte tatsächlich mit einer 80 prozentigen Wahrscheinlichkeit gesagt werden, welches Team das Spiel gewinnt oder ob es unentschieden ausgeht. Tilp betont aber, dass dieser Wert nicht vorausgesetzt werden kann. „Wir sind alle keine Maschinen, sondern haben einen freien Willen. Daher kann man mit diesen Methoden zwar Wahrscheinlichkeiten erhöhen, aber keine Sicherheiten herstellen.”