Immer wieder ein Hit auf Youtube oder Facebook: Videos von meistens Frauen, die meistens vergeblich versuchen, sich in eine Parklücke einzufügen. Sie bestätigen scheinbar das alte Klischee, dass Frauen nicht Auto fahren können und vielmehr eine besondere Gefahr im Straßenverkehr darstellen.
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Ob und auf welche Weise das Geschlecht einer Person Rückschlüsse auf ihr Fahrverhalten zulässt, versuchten Cornelia Lex und Arno Eichberger im Rahmen der Studie „MueGen Driving“ an der TU Graz zu untersuchen. Mithilfe eines Fahrsimulators wurde getestet, wie sich die Probanden hinterm Steuer unter anderem in Gefahrensituationen verhalten und auf welche Art von Warnsignal sie am besten reagieren.
Ziel der Studie war es, einerseits herauszufinden, inwiefern dieses Verhalten geschlechts- oder auch altersabhängig ist, andererseits daran angepasste Fahrassistenzsysteme zu entwickeln und zu testen, wie gut die Probanden mit ihnen umgehen können.
Bei Frauen spielt das Alter kaum eine Rolle
Die Ergebnisse bestätigen Geschlechterunterschiede in punkto Fahrstil. „Unfälle passieren sowohl Männern als auch Frauen. Was man aus Unfallstatistiken ableiten kann, sind Tendenzen bei gewissen Unfallursachen. Hier spielt aber nicht nur das Geschlecht eine Rolle, sondern auch das Alter“, sagt Cornelia Lex. So überschreiten vor allem junge Männer das Geschwindigkeitslimit, mit zunehmendem Alter wird der Unterschied zum anderen Geschlecht geringer.
Frauen hingegen haben über alle Altersklassen hinweg eine stärkere Tendenz, Vorrang- und Vorfahrtsregeln zu missachten. Auch in der Risikoeinschätzung gibt es Unterschiede zwischen Mann und Frau. Frauen unterschätzen durchschnittlich die Zeit bis zur Kollision des Autos stärker als Männer. Sie erwarten früher einen Zusammenprall und reagieren demnach auch eher.
Frauen vertrauen dem Assistenten weniger
Ob und wie ein Fahrassistent diese Unfallursachen vermeiden kann, sollte die Studie schließlich mit einem eigens gebauten Fahrsimulator klären. Hier erlebten die 96 Teilnehmer typische Situationen im Straßenverkehr. Mit dabei: ein automatisierter Notbremsassistent und ein System zur adaptiven Abstandsregelung, das das Tempo anpasst, um den bestmöglichen Abstand zu anderen Fahrzeugen zu schaffen.
Bei der Fahrt sollten die Probanden sowohl die Assistenten als auch die Abstände zu Fahrzeugen in der Simulation beurteilen. Das Ergebnis: Je älter die Probanden waren, desto weniger vertrauten Frauen der Abstandsregelung. Bei Probanden ab 50 Jahren stieg das Vertrauen wieder. „Frauen aller Altersklassen vertrauen subjektiv dem automatisierten Notbremsassistenten weniger als Männer“, erklärt Cornelia Lex. „Auch der Komfort des Assistenten wird von Frauen als geringer eingeschätzt als von Männern.“
Braucht es geschlechterspezifisches Fahrtraining?
Sich vollständig auf einen Assistenten zu verlassen, kann jedoch auch einige Risiken mit sich bringen. „Ein ‚sich auf die Maschine Verlassen’ ist in der Praxis vor allem dann gefährlich, wenn die automatische Funktion sehr oft sehr gut funktioniert, dann aber wieder in sehr kurzer Zeit in einer schon kritischen Fahrfunktionen einen Eingriff von Fahrerin oder Fahrer erfordert“, sagt Cornelia Lex.
Für die Forscherin gibt es neben dem Fahrassistenten noch eine weitere Alternative, um manche Unfallursachen durch geschlechterspezifische Maßnahmen künftig zu verringern. „Da gewisse Unfallursachen in gewissen Altersklassen und abhängig vom Geschlecht häufiger vorkommen, gehe ich persönlich davon aus, dass gezieltes Training Sinn macht.“
Jedoch solle man bei dem Marketing dieser geschlechterspezifischen Fahrtrainings vorsichtig sein. „Wie die Ergebnisse einer deutschen Forschungsgruppe von Prof. Doris Kortus-Schultes gezeigt haben, haben Frauen zum Beispiel spezifische Anforderungen an die Fahrzeugausstattung, würden aber nicht ein ‚Frauenfahrzeug’ kaufen“.
Autorin: Melanie Gerges