Das Interesse und die Neugier am Fach Chemie wecken, möchte wohl jede*r Chemie-Lehrerin. Für den Unterricht sind dabei Experimente essenziell, doch auch die Anleitung und Gestaltung von solchen Experimenten will gelernt sein. Seit Oktober 2023 ist das im Wiener Lehr-Lern-Labor an der Universität Wien möglich. „Experimente wecken Begeisterung und helfen im Idealfall beim Begreifen und beim Lernen. Am besten kann das durch Schüler*innenexperimente erreicht werden, denn beim eigenständigen Handeln ist der Lerneffekt am größten. Allerdings birgt das eigenständige Experimentieren einer ganzen Schulklasse auch einige Herausforderungen, auf die wir unsere Lehramtsstudierenden gut vorbereiten möchten“, erklärt Theresia Palenta, Leiterin des Wiener Lehr-Lern-Labors.
Gute Ausstattung
Ein begleitendes Seminar dient zu Reflexion und auch das Feedback der Schüler*innen ist bedeutend: „Dieses ermöglicht die Schüler*innenperspektive zu verstehen. Die Studierenden können dadurch stressfrei persönliche Betreuungsstrategien entwickeln.“ Das Projekt ist daher ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Schulen. „Die Schulklassen können sich auf unserer Homepage registrieren und zu Beginn des Semesters vergeben wir die Termine. Bisher hatten wir vor allem Schüler*innen aus Wien, aber auch einige aus NÖ im WiLLLa. Wir bedienen dabei verschiedene Schulformen (VS, AHS, MS, Poly, BHS)“, erklärt Theresia Palenta.
Laut der Chemie-Fachdidaktik-Expertin ist das Wiener Lehr-Lern-Labor „eine der modernsten und bestausgestatteten Einrichtungen ihrer Art“. Ein vergleichbares Angebot gebe es in Leoben, jedoch mache die rein chemie-didaktische Ausbildung das Angebot an der Universität Wien einzigartig, sagt Theresia Palenta. An der Universität Wien gibt es außerdem die Lehr-Lern-Labore der Fachrichtungen Biologie und Informatik.
Moderner Unterricht
Ein Projekt dieser Art kann dazu beitragen, den Chemie-Unterricht zeitgemäß zu gestalten. Es ist jedoch möglich, bereits vor der Schule bzw. Universität das Interesse an Chemie zu wecken, ist sich die Expertin sicher: „Die Beschäftigung mit der Chemie sollte lange vor Beginn des Chemieunterrichts einsetzen: Bereits im Kindergarten sind einfache Experimente durchführbar, diese regen mit alltagsnahen Erklärungen die ohnehin große Neugierde in diesem Alter an. Auch in der Volksschule lassen sich viele naturwissenschaftliche Themen im Sachunterricht unterbringen. Viele chemische Experimente sind aus dem Alltag ableitbar und können auf einfache und ungefährliche Art und Weise ausprobiert werden.“
Passende Materialien dafür gibt es auf der Website des Instituts für Didaktik der Chemie an der Universität Wien, so machen etwa die Experimente des Monats Lust auf Chemie.
Aufgabe der Schulen
An weiterführenden Schulen werden dann die Grundlagen für das Verständnis von stofflichen Veränderungen gelegt. In der Chemie verwendet man dafür Modelle, „um sinnlich nicht Wahrnehmbares kommunizieren zu können“, wie Theresia Palenta sagt. Beispiele für solche Modelle sind Atommodelle, das Teilchenmodell oder das Orbitalmodell. Diese Modelle müssen bei den Lernenden soweit gefestigt sein, dass sie zur Erklärung von Beobachtungen benutzt werden können und ebenso auf neue Sachverhalte übertragen werden können.
Offenheit und Lernbereitschaft
Auf dem Arbeitsmarkt herrscht eine große Nachfrage nach Fachkräften aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), das macht diese Fächer – neben Chemie – besonders wichtig. Wie kann hier also das Interesse bei den Schüler*innen und Student*innen an den diesen Fächern geweckt werden? Theresia Palenta: „Erfolg ist die beste und nachhaltigste Motivation! Begeisterung und damit langfristige Offenheit und Lernbereitschaft entsteht stets dann, wenn neue Informationen an vorhandenes Wissen erfolgreich angedockt werden können, wenn sich sogenannte Aha-Erlebnisse einstellen. Dann kann man auch Neues einordnen und fühlt sich nicht abgehängt.“
Wozu Chemie?
Theresia Palenta ist von Chemie fasziniert – und möchte mit ihrer Arbeit diese Faszination weitergeben. Für sie ist klar, dass Wissen über Chemie dabei hilft, alltägliche Sachverhalte zu verstehen, dadurch vieles kritischer zu hinterfragen und selbstständige Entscheidungen zu treffen. „Somit ist auch eine demokratische Auseinandersetzung mit Problemen und Optionen chemisch-naturwissenschaftlicher Bedingungen im Alltag und auf politischer Ebene möglich.“ Darüber hinaus hilft Chemiewissen dabei, chemische Projekte fundierter zu beurteilen. Ein Umgang mit bestimmten Stoffen erfolgt überlegter und nachhaltiger, aus „Wirkstoffen und Nahrungsmittelbestandteile“ werden „chemische Verbindungen“ – Chemiewissen sei Dank.