Alpbach ist ein Dorf mitten in den Tiroler Bergen, mit alten Holzhäusern, vielen Blumen, Kühen und vor allem viel Ruhe und Idylle. Doch einmal im Jahr ändert sich das für zwei Wochen: Denn da findet das Europäische Forum Alpbach statt. Heuer stehen die Diskussionen, Workshops und sonstigen Veranstaltungen, die schon seit 19. August laufen, unter dem Thema „UnGleichheit“. Bei dem Treffen hat übrigens auch schon der Namensgeber dieses Wissenschaftsblogs mitdiskutiert hat – Erwin Schrödinger. Der berühmte Wissenschaftler hat in Alpbach auch seine letzte Ruhestätte gefunden.
Das Europäische Forum ist ein Verein, der 1945 unter dem Namen „Internationale Hochschulwochen“ gegründet wurde. Was klein begann, ist mittlerweile zu einer großen, renommierten Veranstaltung herangewachsen. Seit genau 70 Jahren versammelt sich im Kongresszentrum in Alpbach alles, was Rang und Namen in der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur hat und setzt sich mit gesellschaftlichen Fragestellungen auseinander. Studierende haben die Möglichkeit sich für ein Stipendium zu bewerben, so dass sie am gesamten Programm teilnehmen können. „Wir vernetzen WissensträgerInnen, Intellektuelle, InnovatorInnen, MeinungsbildnerInnen, EntscheidungsträgerInnen und die Jugend“, heißt es von den Organisatoren. Mit rund 4.000 BesucherInnen rechnet man in diesem Jahr, 700 davon sind junge StipendiatInnen aus der ganzen Welt.
Als Herzstück gilt die einwöchige Seminarwoche mit internationalen ExpertInnen aus den verschiedensten Fachgebieten und mit den unterschiedlichsten Perspektiven. Dazu gehören auch österreichische ForscherInnen wie Sarah Spiekermann vom Institut für Management Information System der Wirtschaftsuniversität Wien.
Sie hat ein Seminar zum Thema „Digitale Kluft“ abgehalten, die sich innerhalb der Gesellschaft durch digitale Dienste manifestiere. Wer hat Zugang zu IT, wer ist davon abhängig und wie kontrolliert diese Sucht das soziale Leben? Gemeinsam mit den Studierenden wurde ein Experiment gestartet: Sie mussten versuchen, es zwei Tage ohne Handy auszuhalten. Erstaunliche viele meldeten sich dafür an und zogen zum Schluss eine durchaus positive Bilanz aus der Erfahrung.
Roland Verwiebe vom Institut für Soziologie der Universität Wien, dessen Spezialgebiet unter anderem Ungleichheit ist, hielt ein Seminar mit dem Titel „Ungleichheitsforschung quo vadis?“ ab. Es ging darum, wie Ungleichheit heute in einer globalisierten Welt theoretisch und empirisch erfassbar ist. Das klingt trockener, als es ist. „Ich freue mich darauf auch von euch zu lernen“, wurde den Studierenden schon zu Beginn gesagt.
Keine Frontalvorträge
In der Seminarwoche werden also keine Frontalvorträge abgehalten, sondern intensive Diskussionen geführt, bei denen jeder die Gelegenheit hat, Experten „auszuquetschen“ und zu konfrontieren. Aufgelockert wird das Ganze von Kaffeepausen, die zum Netzwerken einladen. Wann hat man schon einmal die Möglichkeit, mit einem Professor einen Kaffeetratsch abzuhalten?
Wenn man nicht gerade in einem Seminar oder einem der vielen Vorträge sitzt, dann laden die umliegenden Berge zum Wandern ein. Auch lässt es sich gut in den Gasthäusern mit Tiroler Gröstl, Käsespätzle und Kaiserschmarrn aushalten. Dabei kann es schon einmal passieren, dass einem auf dem Weg Bundespräsident Heinz Fischer entgegenkommt, beim Essen Star-Ökonom Jeffrey Sachs neben einem sitzt und man später mit dem Epidemologen Michael Marmot über Ungleichheit im Gesundheitswesen diskutiert.
Bericht: Magdalena Meegraf
Das erste Bild des Artikels zeigt das Seminar „Digital Divide“ © Philipp Naderer