Wären die Lebensgewohnheiten aller Menschen weltweit, so wie jene in Österreich, würden wir 3,77 Erden brauchen. Im globalen Schnitt würden etwa 1,75 Erden gebraucht werden. Das ergab eine Untersuchung der Statista. Beim ökologischen Fußabdruck gibt es hierzulande also viel Luft nach oben. Dessen ist sich auch die Politik mehr oder weniger bewusst – denn die Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm 2020 bis 2024 zum Ziel gesetzt, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen.
Die Klimaneutralität soll dazu beitragen, die globale Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Werten zu begrenzen. Um das zu erreichen, wäre aber ein globales Umdenken notwendig. Ein großer Effekt könnte mit dem Umstieg von fossiler Energie auf erneuerbare Energie aus Wind oder Sonne erreicht werden. Wolfgang Sanz von der Technischen Universität in Graz hat sich gemeinsam mit Philipp Mandl angesehen, wie so eine Wende aussehen könnte. Gleich vorweg: Um die große Herausforderung der Klimaneutralität zu schaffen, wären gewaltige wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Anstrengungen notwendig. Leider.
Im Gespräch mit Schrödingers Katze erklärt Wolfgang Sanz, dass untersucht wurde, was notwendig wäre, um Österreich komplett mit erneuerbarer Energie zu versorgen und zwar nicht nur mit Strom, sondern auch jeder Art von Energie, die für Verkehr oder beispielsweise Wärme benötigt wird. “Es wurde geschaut, wie viele Photovoltaik-Anlagen, wie viele Windturbinen und welche Fläche notwendig wäre, um das in Österreich umzusetzen”, erzählt Wolfgang Sanz während unseres Telefonats.
Die benötigten Flächen liegen für Windkraft mit Speicherung von 35 Prozent des erzeugten Stroms bei 10 Prozent der Fläche Österreichs beziehungsweise 65 Prozent des Ackerlands. Also sehr viel Fläche. „Bei Aufbringung der Energie nur durch Photovoltaik liegt der Flächenbedarf beim 4,5-fachen der für Photovoltaik geeigneten Gebäudeflächen von 191 km2. Auch die benötigten Investitionen nur für die Energieerzeugungsanlagen liegen bei in etwa 2 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts für die nächsten 20 Jahre“, erklärt Wolfgang Sanz.
Zu wenig Privathaushalte mit erneuerbarer Energie
Laut Sanz würden bisher auch noch zu wenige Privathaushalte auf erneuerbare Energien setzen. “Heizen mit Biomasse – also beispielsweise Holz – macht viel aus und Photovoltaik wird auch verwendet”, sonst würde hier aber noch wenig auf regenerative Energiequellen gesetzt werden. Ein großer Vorteil ist aber, dass der Strom in Österreich zu 60 Prozent aus Wasserkraft generiert werden wird. Man muss den Privatsektor aber noch ausbauen.
Würde man in Österreich rein auf erneuerbare Energien setzen, so hätte das beachtliche Auswirkungen, „weil alleine der Heizbedarf in Österreich schon gewaltig ist“, weiß Sanz. 20 Prozent der Energie wird laut Sanz tatsächlich nur für Wohnraum-Energie aufgewendet, da könnte man sicher noch einiges verbessern. Würde man zusätzlich auch den Verkehr auf E-Mobiltität umstellen, wäre das laut Wolfganz Sanz eine weitere wichtige Maßnahme: “Momentan ist der Anteil der Elektroautos extrem gering. Wenn man in diese Richtung gehen würde und sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach bauen und über Wärmepumpen oder Biomasse heizen würde, dann könnte das was bewegen.”
Auf die Frage, ob das Ziel der Begrenzung der globalen Erderwärmung überhaupt realistisch ist, sagt Sanz: “Es ist nur realistisch, wenn man wirklich sofort anfangt, das umzusetzen. Ich habe Zweifel, dass das Ziel erfüllt werden kann, wenn nicht die ganze Welt mitmacht. Dem arbeitet auch der Bevölkerungswachstum entgegen.” Für Europa sähe er durchaus Chancen, weltweit leider schon weniger.
Laut Sanz ist eine zusätzliche Herausforderung, die Menschen zu überzeugen: “Wir wissen ja, wie schwierig es ist, Windturbinen auf den Bergen zu bauen, wie schwierig es ist, größere Flächen mit Photovoltaik zu belegen.” Anfang März wurde die größte Photovoltaikanlage Österreichs in der Donaustadt in Betrieb genommen. Die Anlage soll 12 Gigawattstunden Strom produzieren, was in etwa für 4900 Wiener Haushalte reicht. Jedoch ist das nur ein Schritt von vielen, die notwendig wären, um Österreich bis 2040 CO2-neutral zu machen.