Was ist das Schwierigste an Wettervorhersagen allgemein?
Etwas jeden Tag produzieren zu müssen im Wissen, dass es, aufgrund physikalischer Gesetze und Bedingungen nie perfekt sein kann und wird. Genau das wird aber von Leuten erwartet.
Ist es schwerer Schnee vorherzusagen, als Regen oder Sonne?
Für das Wettervorhersagemodell ist es gleich. Was beim Schnee allerdings dazukommt, ist die Schneefallgrenze, welche durch die Temperaturschichtung bestimmt wird. Wenn der Schnee in Regionen, in denen die Temperatur auf über 0 Grad Celsius steigt, fällt, dann beginnt er zu schmelzen und fällt als Regen weiter. Ein Fehler in der Temperaturprognose von einem Grad Celsius, was wirklich nicht viel ist, bewirkt eine Änderung in der Schneefallgrenze von ca. 150m und das kann dann den Unterschied ausmachen, ob es in Wien Schnee gibt oder doch nur der Kahlenberg angezuckert ist. Insofern ist es besonders schwierig, die korrekte Schneefallgrenze vorherzusagen.
Wettervorhersagen werden des Öfteren verspottet, da sie nicht immer stimmen. Wie empfinden Sie das?
Das ist für mich kein Problem. Tatsache ist doch, dass Berufsgruppen und Wirtschaftszweige, die besonders vom Wetter abhängig sind wie Land- und Forstwirte, Versicherungen, Flugverkehr, Freiluftveranstalter etc. sich sehr stark an Wettervorhersagen bedienen, da sie wissen, dass sie davon am Ende profitieren. Diese bekommen auch Wetterprognosen, welche auf ihre Bedürfnisse abgestimmt und wesentlich detailreicher sind. Der „08/15-User“ bekommt die stark komprimierte Version über die Medien oder eine App. Hier ist die Information oftmals auf ein Wettersymbol reduziert, das den Detailreichtum des Wetters nie widergeben kann. Was beim „08/15-User“ noch dazukommt ist, dass ihn oder sie das Wetter oft nur an bestimmten Tagen, wie Weihnachten oder Ostern, interessiert. Wenn an diesen speziellen Tagen die Prognose nicht perfekt ist, was durchaus passieren kann, dann wird geschimpft. Das die Prognosen aber sonst sehr gut sind, wird nicht wahrgenommen.
Woran liegt es, dass Wettervorhersagen manchmal falsch sind?
Im Wesentlichen gibt es dafür drei Gründe:
1. Wetterprognosen werden mittels eines Wettervorhersagemodells, was ein Computerprogramm ist, erstellt und vom Prognostiker aufbereitet und interpretiert. Dieses Modell bekommt Beobachtungen als Eingangsdaten. Dem Modell muss gesagt werden, wie der momentane Zustand der Atmosphäre ist, wie Temperatur, Feuchte Wind, Druck, etc. sind. Diese Daten braucht das Modell von der ganzen Welt, also von der Arktis bis zur Antarktis. Außerdem braucht es diese Daten auch dreidimensional, also vom Erdboden bis zum Oberrand der Atmosphäre. Es gibt einfach zu viele Datenlücken. Das Modell leidet also unter ungenauen Eingangsdaten, was sich dann eben auch in ungenauen Prognosen widerspiegelt. In England sagt man dazu: shit in-shit out!
2. Die Modelle selbst werden laufend verbessert aber bleiben eben nur Modelle. Es sind keine perfekten Abbilder der wahren Gegebenheiten.
3. Die Atmosphäre hat eine vorhersagbare Komponente und eine nicht vorhersagbare Komponente. Das heißt, selbst wenn wir die perfekten Eingangsdaten und ein perfektes Modell hätten, würde es keine perfekte und über viele Wochen gültige Wetterprognose geben. Wir können nur versuchen uns einem Idealzustand anzunähern. Interessanterweise sind diese Komponenten nicht immer gleich. Manchmal ist eine 8 Tagesprognose noch sehr gut, manchmal ist eine 3 Tagesprognose zum Wegschmeißen.
„Wenn Spinnen Netze bauen, wird das Wetter gut“: Es gibt ja einige Mythen über das Wetter. Welche Mythen gibt es über Schnee?
Mit Mythen beschäftige ich mich nicht, sorry.
Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Schneefall in unseren Breiten aus?
Über die Temperatur. Wenn es wärmer wird, steigt die Schneefallgrenze an und es wird in den Niederungen immer weniger Schnee geben. Der Winterniederschlag als solches sollte sich nicht gravierend verändern.
Jahreszeitenprognosen stehen erst am Anfang. Alles anderes ist Kaffeesudlesen. – Manfred Dorninger
Was sagen Sie zu Menschen, die den Klimawandel leugnen?
Zunächst muss ich nachfragen: Was wird geleugnet? Der Klimawandel an und für sich oder der menschlich verursachte Anteil daran. Prinzipiell kann man ignorante Menschen nicht belehren und überzeugen. Ein Versuch könnte folgender sein: Wer den Messwerten nicht vertraut, macht mit mir eine fiktive Bergwanderung in den Nationalpark Hohe Tauern. Dort schauen wir uns an, wo die Gletscher früher waren und wo sie jetzt stehen. Dann fahren wir zum Patscherkofel und wandern von der Bergstation zum Gipfel. Da werden wir sehen, dass oberhalb der alten Baumgrenze viele junge Baumschösslinge von 5-10 Jahren stehen. Warum wohl?
Es gäbe noch viele andere Beispiele wo der Klimawandel sichtbar ist. Die Abschätzung des menschlich verursachten Anteils dabei ist gegeben, aber schwieriger abzuschätzen.
Wie sehen die aktuellen Prognosen für den diesjährigen Winter aus? Wie wird der Winter?
Jahreszeitenprognosen stehen erst am Anfang. Alles anderes ist Kaffeesudlesen. Ein starkes El Nino Phänomen, wie wir es derzeit erleben, führt tendenziell zu kälteren Wintern in Zentraleuropa, ist aber noch nicht gesichert. Es wird wieder sehr viele Winterprognosen aus unterschiedlichen vielen nichtwissenschaftlichen Quellen geben. Sie werden wieder alle Varianten des Winters abdecken und eine wird wieder zufällig stimmen.
Wichtigste Frage: Wann schneit es endlich in Wien?
Bis 5. Dezember mit ziemlicher Sicherheit nicht, alles darüber hinaus wäre unseriös.
Interview: Steven Meyer