Intelligente Hilfsroboter für hilfsbedürftige und alte Menschen – das muss es doch schon längst geben. In Japan, sicherlich? Alte Bevölkerung, Techno-Land. Das würde passen. Walter Wohlkinger, Chef von Blue Danube Robotics, bringt dieser Gedanke zum Schmunzeln. Sicher, Japan ist ein Technologie-Riese, extrem versiert in Mechatronik. Und es gibt Asimo, den künstlichen Butler.
Der aber ist ferngesteuert, weil Artificial Intelligence eben noch lange nicht so weit ist wie die Regisseure in Hollywood. Nach der Katastrophe von Fukushima musste Japan sogar Deutschland und die USA um Roboter-Hilfe bitten. Nein, Pionierarbeit wird in Österreich geleistet.
Wall-E ist gut.
Die Firmenräume von Blue Danube Robotics werden gerade neu gestrichen, Roboterteile liegen herum. Hier ein Arm, dort ein leerer Kopf. Eine Mischung aus Werkstatt und Hi-tech. Dass die ganze Branche gerade im Umbruch ist, passt ins Bild.
„Womit wir am meisten zu kämpfen haben, ist das Hollywood-Klischee von Robotern. Diese Filme helfen niemandem. Wall-E ist gut. Wall-E hilft. Aber alle anderen sind furchtbar. Zwei Meter riesige Roboter, die agil in einem Ring boxen – so ein Blödsinn“, ärgert sich Walter Wohlkinger, einer der Chefs von Blue Danube Robotics. Es gibt aber auch guten Kino-Stoff: Robot and Frank etwa. Das liegt Wohlkinger schon eher. „Frank leidet an Demenz und sein Sohn bringt ihm einen kleinen Roboter, der ihm im Haushalt hilft. Zuerst kann er sich nicht mit ihm anfreunden. Dann aber knackt der Roboter Schlösser und hilft Frank. So könnte es einmal sein.“ Und dass es einmal soweit kommt, das ist die Mission von Blue Danube Robotics.
Roboter für die Pflege?
„Im Moment ist die große Diskussion – sollen wir Roboter für die Pflege einsetzen oder nicht?“ Das hänge davon ab, wie man Pflege definiere. „Unser Ansatz ist der: wir haben eine semi-autonome Maschine, die dem Nutzer ermöglicht selbstständiger zu leben. Pflege braucht man trotzdem. Aber diese Standard-Sachen, jemandem im Rollstuhl etwas zu trinken zu geben, die Tür aufmachen, etwas in die Mikrowelle stellen – dafür braucht man immer Menschen, die um einen sind.“ Momentan gibt es andere Spezialisten für diesen Job: Tierische. „In Holland gibt es Assistenzhunde für Rollstuhlfahrer. So einer kann bis zu 70 verschiedene Tätigkeiten und kostet 35.000 €, braucht 2 Jahre Training und lebt dann ein paar Jahre. In diesem Preisbereich sind wir auch. Sogar billiger. Auf den Butler, der uns den Kaffee macht müssen wir noch Jahre warten. Aber so etwas wie dieser Hund, das können wir heute schon.“
Mit Blue sieht ein Patient im Rollstuhl die Welt durch die Augen des Roboters. Auf dem Rollstuhl befindet sich ein Tablet. „Du klickst auf den Boden – er fährt dort hin. Du klickst auf die Tür – er macht die Tür auf. Dann fährst du in die Küche, klickst auf den Kühlschrank und darauf, was du gerne hättest. Dann bringt er das.“
„Wenn es mir nicht mehr hilft, sondern mich bevormundet, dann habe ich etwas dagegen.“ – Walter Wohlkinger
Risiken sieht auch der Blue Danube Robotics-Chef. Etwa die Gefahr eines neuen Super-Daten-Staubsaugers. Eines intelligenten Gesundheits-Assistenten, der alle Werte gespeichert hat und das Cola verweigert, weil der Blutzucker ohnehin schon zu hoch ist. Davor hat auch Walter Wohlkinger Angst. „Roboter“, meint er, „werden wohl die ersten sein, die genau das können.“ Gesundheitsoptimierte Services, mit Krankenkassen, Ärzten und Angehörigen verlinkt – weniger Diener, mehr Aufpasser.
Touch me!
Blue wurde für den direkten Umgang mit Menschen entworfen. „Daher hat er auch überall diese Haut drauf, damit er alles mitkriegt. Wenn er gegen etwas fährt. Wenn man ihn berührt, kann er interagieren.“ Die Haut ist das Herzstück des Roboters. Auf einer Fach-Messe in Deutschland konnten die Kollegen gar nicht genug davon kriegen, diese weiche Haut auf dem Roboter-Arm zu berühren. „Industrie-Roboter, autonom fahrende Fahrzeuge, Notaus-Taster für Arbeitszellen – es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten. Es ist so simpel. Man kann es frei formen, draufgeben und mit nur einer leichten Berührung reagiert es.“ fasst Wohlkinger die Vorzüge zusammen.
Offline Fitness
Robotik, so Wohlkinger, ist Integration. Zusammenführen, was bisher getrennt war. Also bestehende Technologie wie Sprachsteuerung in ein System einzubauen, dass diese Sprachsteuerung mit einem Hebearm verbindet. Am besten so, dass der Arm auch noch macht, was die Stimme befiehlt. Das muss auch nicht zwangsläufig mit dem Internet verbunden sein – hier schlägt der Alarm der Datensicherer an – denn Googles Sprach-API ist längst so ausgereift, dass es auch offline funktioniert. Online werden die Algorithmen trainiert damit sie auch offline fit sind. Und fit müssen sie auch sein. Ein akuter Hilferuf kann nicht unerhört verhallen, nur weil es keine Netzverbindung gibt. Das wäre gleichzeitig Super-GAU und Konkurs jedes Roboter-Herstellers.
Nix da Terminator
Dass es Ängste gibt vor eiskalten Intelligenz-Bestien aus Stahl weiß er. Aber woher kommt das Unbehagen? „Es sind Vorurteile und falsche Vorstellungen“, sagt Wohlklinger. „Jeder hat heute Tablets oder Handies. Da hat es auch geheißen: keiner wird mehr miteinander reden. Beim Fernsehen: keiner geht mehr hinaus. Nein, wir haben uns daran gewöhnt. Bei den Robotern kann das genauso sein.“ Liegt es vielleicht einfach am Wort Roboter? Braucht’s einen neuen Ausdruck? Haushaltshilfe vielleicht? „Roboten ist halt auch „arbeiten“. Vielleicht ist Roboter wirklich ein schlechtes Wort, das kann sein. Haushaltshilfe trifft es am besten. Es ist etwas, das einem nur hilft.“
Mehr zu den helfenden Robotern gibt es auf der Website von Blue Danube Robotics.