Ihr Surren lässt uns schlecht einschlafen und ihre Stiche jucken und schmerzen – Gelsen sind keine allzu beliebten Tiere. Dennoch müssen wir wohl mit ihnen leben, denn die Tierchen gehören zum Sommer wie das Eis im Stanitzel oder ein kühles Getränk im Gastgarten. Weltweit gibt es knapp 3.000 verschiedene Arten von Stechmücken. 100 davon in Europa und 52 in Österreich, erklärt Hans-Peter Führer, Zoologe und Evolutionsbiologe an der Veterinärmedizinischen Universität Wien: „Einerseits gibt es Hausgelsen, die uns nachts im Haus stechen. Es gibt Überschwemmungsgelsen, die nach Überschwemmungen bzw. regenreichen Zeiten vermehrt auftreten und tagsüber stechen. Es gibt außerdem noch Baumhöhlenbrüter und weitere Spezialisten die zum Beispiel nur im Frühjahr auftreten.“ Sie stechen alle gerne, wobei es manche Menschen bevorzugen und andere Vögel oder Amphibien.
Neue Gelsenarten bei uns
In den letzten Jahren gab es vermehrt Meldungen dazu, dass neue Gelsenarten uns künftig das Leben schwer machen werden. „Neben den einheimischen Arten gibt es auch welche, die mit dem Klimawandel verbunden sich Richtung Norden aus dem mediterranen Regionen ausbreiten. Außerdem gibt es Arten, die von anderen Kontinenten eingeschleppt wurden“, so der Experte. So wurden nun auch in Österreich die asiatische Tigermücke, die japanische Buschmücke sowie die koreanische Buschmücke gefunden. Besonders von Relevanz ist die asiatische Tigermücke, diese wurde in allen Bundesländern nachgewiesen – meist auf Autobahnraststätten, wie Hans-Peter Führer betont, denn die asiatische Tigermücke reist quasi mit dem Auto mit. Was diese Mückenart besonders unangenehm macht: Sie tritt in Massen auf und sticht auch tagsüber. Zudem ist sie die erste Stechmückenart in Österreich, die – zumindest theoretisch – Krankheiten wie das Dengue-Fieber, das Chikungunya-Fieber und das Zika-Virus übertragen kann. „Bisher gab es allerdings noch keine in Österreich erworbenen Fälle mit diesen Erregern“, beruhigt Führer.
Risiko von Krankheiten
Wie sieht es bezüglich der Krankheiten aus, die Stechmücken verbreiten können? „Einheimische Hausgelsen, die zahlenmäßig am häufigsten in Österreich vorkommen, übertragen das West-Nil Virus. Hierfür werden auch in Österreich Monitoringprogramme durchgeführt.“ Laut Daten der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) ist das Risiko, sich in Österreich mit dem West-Nil-Virus anzustecken, aktuell noch sehr gering. In Österreich wurden zwischen 2010 und 2022 55 im Inland erworbene West-Nil-Virus-Fälle bestätigt, wie es vonseiten der AGES heißt. Eine weitere Krankheit, die von bestimmten Gelsenarten übertragen wird, erwähnt Hans-Peter Führer ebenso: Malaria. „Stechmücken der Gattung Anopheles übertragen die Erreger der Malaria. Malaria war bis in die 1950er auch in Österreich verbreitet und wurde ausgerottet. Solange es ein funktionierendes Gesundheitssystem gibt, besteht derzeit keine Gefahr, dass sich die Krankheit wieder in Österreich etabliert.“
Gelsen und das Ökosystem
Gelsen sind nachvollziehbar unbeliebt, für das Ökosystem sind die Tiere dennoch nützlich, wie Hans-Peter Führer erklärt: „Stechmücken ernähren sich von Pflanzensäften und sind auch Bestäuber. Nur weibliche Stechmücken benötigen Blut für die Eiproduktion. Außerdem dienen Larven von Stechmücken als Nahrung für diverse aquatische Lebewesen (Fische, Insektenlarven) und adulte Stechmücken werden von insektenfressenden Vögeln, aber auch Fledermäusen gefressen.“
Buttersäure, Bier und Brutstätten
Gelsen sind also nützlich, für uns jedoch eher nervig – und für manche Menschen mehr als für andere, denn nicht alle werden gleich viel gestochen. „Leider werden manche Menschen häufiger von Stechmücken gestochen als andere“, so Führer. Das hat mehrere Gründe: Einerseits liegt es an der Atemluft und unseren Ausdünstungen, denn ausgeatmetes Kohlendioxid lockt die kleinen Tiere an. Zudem spielt Buttersäure eine große Rolle: Gelsen stechen gerne unsere Füße, denn sie lieben den Geruch von Ammonium und eben Buttersäure, die als Zerfallsprodukte von Fußschweiß entstehen. Zudem müssen die Bier-Liebhaber*innen nun stark sein, denn: „Es ist auch nachgewiesen, dass der Konsum von Bier zu vermehrten Gelsenanflug führt.“
Wie so oft ist Prävention bedeutend. Da die Tiere ihre Larven im Wasser ablegen, empfiehlt der Experte: „Man kann Regentonnen abdecken, Regenrinnen regelmäßig reinigen und Pflanzenuntersetzer wöchentlich entleeren.“ Sonst hilft es, sich mit Anti-Gelsen-Sprays bzw. -Gelen auszustatten und lange, helle Kleidung zu tragen sowie Insektennetze zu kaufen. Wer dennoch gestochen wurde, sollte den Stich kühlen, um damit den Juckreiz entgegenzuwirken.