Kaum ein Tag vergeht, ohne Neuigkeiten, ihre Fans verursachen bei Konzerten schon mal ein Erdbeben und der Hype um die am 13. Dezember 1989 geborene Sängerin hat dazu geführt, dass Medien eigene Taylor Swift-Berichterstatter*innen engagieren. Die Wirtschaft profitiert ebenso: Gastiert sie mit ihrer „The Eras“-Tour in einer Stadt, sorgt das für einen Boom an Hotelbuchungen – Medien sprechen vom „Swift-Effekt“. Auch die Wiener Tourismusindustrie könnte Anfang August hiervon Nutzen ziehen, schließlich kommt die Sängerin von 8. bis 10. August 2024 erstmals für drei Konzerte nach Österreich.
Lange Karriere, verschiedene Stile
„Taylor Swift ist eine Popmusikerin, die aktuell so viel mediale Aufmerksamkeit bekommt wie wohl kaum eine Person des kulturellen Lebens vor ihr“, sagt Ralf von Appen, Leiter des Instituts für Popularmusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Erfolg hat die Pop-Ikone dabei nicht nur am westlichen Markt, sondern auch in Südostasien und Südamerika. Ihre Karriere begann mit der Veröffentlichung ihres ersten Albums 2006. Zu Beginn eroberte sie die Country-Welt, nach und nach zog es sie Richtung Pop. Während der Pandemie veröffentliche sie zwei ruhige Alben, die ihr zusätzlich den Respekt der Indie- und Folk-Gemeinschaft einbrachten. „Diese Stilwechsel hatten einen positiven Effekt auf ihre Karriere. Sie hat ihr Publikum eher vergrößern können als dass sie Fans verloren hätte, weil die Stilwechsel als authentisch wahrgenommen worden sind.“ Ihre Musik und Texte wurden komplexer und tiefgründiger – genau das spricht ihre Fans an. Diese sind mit der Sängerin erwachsen geworden und betrachten ihre Musik „als Spiegel ihrer eigenen Reifung“.
Viele Rekorde
Taylor Swift bricht nicht nur ökonomische Rekorde, sie wird ebenso dafür gefeiert, für ihren Platz in der Musikindustrie zu kämpfen: So nimmt sie seit 2021 ihre ersten sechs Alben abermals auf, um so selbst die Rechte an ihren Musikaufnahmen kontrollieren zu können und stärker von deren Erlösen zu profitieren, denn 2019 und 2021 wurde ihre ehemalige Plattenfirma an eine Investmentgesellschaft verkauft. „Swifts außerordentliche Position hat es ihr ermöglicht, Forderungen gegenüber der Musikindustrie durchzusetzen, die andere niemals hätten durchsetzen können. Besonders wird ihr dabei zugutegehalten, dass sie sich auch um eine Verbesserung der wirtschaftliche Situation anderer Musiker*innen bemüht.“ Ralf von Appen betrachtet die Sängerin in diesem Kontext als „singuläres Phänomen“ und ihr Fall hat bereits dazu geführt, „dass neue Verträge zwischen Künstler*innen und Plattenfirmen verschärfte Klauseln enthalten, die ausschließen, dass Musiker*innen ihre Musik innerhalb einer bestimmten Frist neu aufnehmen und wiederveröffentlichen.“
Nähe zu Fans
Taylor Swift hat ihren großen Erfolg mitunter ihrer besonderen Nähe zu ihren Fans zu verdanken: So nutzte sie – vor allem zu Beginn ihrer Karriere – Social Media, kommentierte Postings von Fans und lud sogar einige von ihnen zu sich nach Hause ein. Auf Social Media tauschen sich ihre Anhänger*innen auch untereinander aus und sie bilden eine lebendige Community, dazu sagt Ralf von Appen: „Selbst ohne das aktive Zutun Swifts findet eine starke Vergemeinschaftung in den sozialen Netzwerken statt, etwa indem Songtexte und deren Bezüge zu Swifts Privatleben diskutiert werden.“ Besonders bekannt ist Swift dafür, sogenannte „Easter Eggs“ in ihren Auftritten und Postings zu platzieren, das sind versteckte Hinweise auf zukünftige Veröffentlichungen oder auf Deutungsmöglichkeiten von Songtexten.
„Somit sorgt sie dafür, dass die Fans jedes öffentliche Auftreten, jedes gepostete Wort, jeden Songtext und sogar die Wahl ihres Schmuckes bis ins letzte Detail analysieren, weil sie denken, so versteckte Botschaften oder Bezüge finden zu können.“ Sie gibt ihren Fans genügend Gesprächsstoff und es gelingt ihr, Lyrics zu schreiben, „die Hörer*innen sehr gut auf ihr eigenes Leben beziehen können.“
Weibliche Erfahrungen
„Taylor Swift wird zudem als mutig wahrgenommen, weil sie eigene Verletzungen durch (mächtige) Männer in Songs und Interviews anspricht und sich in verschiedenen Situationen dagegen gewehrt hat. Sie zeigt, dass man sich nicht alles gefallen lassen muss, was sie zu einem wichtigen Role Model und Sprachrohr macht“, erklärt Ralf von Appen weiters. In den letzten Jahren wurde sie für manche zur feministischen Ikone und sie wurde dafür gelobt, weiblichen Erfahrungen in ihren Texten Raum zu geben. Ralf von Appen schränkt jedoch ein: „Sie handelt feministisch, allerdings kaum in einem Ausmaß, das Personen verprellen könnte, und Swift wird oft ein ‚white feminism‘ vorgeworfen: Sie repräsentiert v. a. weiße, hübsche, gebildete und erfolgreiche Frauen der westlichen Welt.“
Ende des Hypes?
Dass Taylor Swift einer der größten Popstars unserer Zeit ist, steht fest. Könnte es dennoch möglich werden, dass sie ihren Einfluss und Status als Popikone wieder verliert? Laut Ralf von Appens Einschätzung könnte im Zeitalter von Social Media ein Fehltritt rausreichen, um „die ‚Blase‘ platzen zu lassen. Entsprechend werden von ‚Hatern‘ Gerüchte gestreut, um ihren Ruf zu schädigen – bislang erfolglos, denn Swifties sind sehr loyal und wehren sich.“ Darüber hinaus sieht der Experte eventuell die Gefahr, dass Taylor Swift und ihre Musik zu präsent werden. Dennoch betont er: „Es steht fest, dass Swifts Musik so vielen Menschen in einer entscheidenden Phase ihres Lebens so wichtig war und ist, dass sie sich auch in Jahrzehnten noch auf diese verlassen und Stadien füllen kann.“