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20. Dezember 2023

Das Ziel: Pensionen für alle

Von Schrödingers Katze
Allgemein
Besser gebildete Menschen leben im Durchschnitt länger. Derlei Umstände müssen bei Berechnungen berücksichtigt werden, um Ungerechtigkeiten zu vermindern.

2050 werden – laut Daten der Statistik Austria – 27,9 % der Österreicher*innen über 65 Jahre alt sein. Bereits jetzt wird häufig über das Pensionssystem diskutiert: Die Bevölkerung wird älter, sodass es für die nachkommenden Generationen schwieriger wird, mit ihren finanziellen Beiträgen das Pensionssystem aufrechtzuerhalten. Alexia Fürnkranz-Prskawetz entwickelt an der TU Wien mathematische Modelle und untersucht, wie sich demographische Prozesse auf die Wirtschaft auswirken. Über das aktuelle Pensionssystem in Österreich hält sie fest: „Ein Umlageverfahren, wie es das österreichische Pensionssystem ist, bei welchem die heute Beschäftigten die Pensionen der im Ruhestand befindlichen Personen zahlen, wird natürlich auch durch die demographische Struktur geprägt. Ein wachsender Anteil von Pensionisten steht einer schrumpfenden Bevölkerung im erwerbsfähigem Alter gegenüber.“

Nötige Umverteilung für Pensionen

Daher braucht es Reformen des bisherigen Systems. Vorschläge für diese reichen von der Erhöhung des Pensionsantrittsalters, über Pensionskürzungen bis hin zur Förderung von privaten Pensionsversicherungen. Wie Fürnkranz-Prskawetz und ihre Kolleg*innen in einem aktuellen Paper zeigen konnten, ist es wichtig, dass diese Reformen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen berücksichtigen, da diese sich – etwa hinsichtlich der Lebenserwartung – unterscheiden. So weiß man, dass höher gebildete Menschen durchschnittlich älter werden. Sie sind länger mit ihrer Ausbildung beschäftigt und steigen erst später ins Berufsleben ein. Dadurch zahlen sie weniger lange ins Pensionssystem ein, nehmen diese jedoch zugleich länger in Anspruch. Dieser Umstand zeigt die aktuell bestehenden Ungerechtigkeiten des österreichischen Pensionssystem. Dazu sagt Alexia Fürnkranz-Prskawetz: „Konkret kann es zu einer Umverteilung von jenen Bevölkerungsgruppen mit geringerer Lebenserwartung zu Bevölkerungsgruppen mit höherer Lebenserwartung kommen.“

Mathematikmodell

Daher hat die Wissenschafterin mit ihrem Team ein mathematisches Modell entwickelt, das zur Berechnung für die Pensionen in Österreich herangezogen werden kann. Dieses berücksichtigt unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und bildet Szenarien für 500 Geburtskohorten ab. „Jede Generation bzw. Geburtskohorte setzt sich aus verschiedenen Individuen zusammen, die sich hinsichtlich Bildung, Partizipation am Arbeitsmarkt, Pensionsantritt sowie Lebenserwartung unterscheiden.“ 

Die individuellen Entscheidungen der Menschen werden durch politische bzw. wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Löhne oder Zinssätze beeinflusst. Die Bevölkerungsstruktur und deren ökonomisches Verhalten haben wiederum Auswirkungen auf Arbeit und Kapital.

Verschiedene Szenarien

Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit haben Alexia Fürnkranz-Prskawetz und ihre Kolleg*innen sechs verschiedene Modelle für Pensionsreformen skizziert. Im ersten Modell beschränkten sie den Beitragssatz des Pensionssystems mit 22 %. Wenn dieser Wert erreicht wird, muss die Ersatzrate (das ist der Prozentsatz des Gehalts, der als Pension zur Verfügung steht) des Pensionssystem entsprechend reduziert werden. Dieser Faktor wird auch in allen weiteren skizzierten Pensionsmodellen berücksichtigt. Im zweiten Modell änderten die Wissenschafter*innen die Pensionsregel 45-65-80 (45 Erwerbsjahre, Pensionsantritt im Alter von 65, Ersatzrate 80 %) auf 50-70-80; das Pensionsantrittsalter wurde also um fünf Jahre erhöht. Im dritten Modell nahmen die Wissenschafter*innen an, dass die Dauer im Arbeitsprozess für alle Menschen gleichgesetzt wird. Im vierten Modell korrigieren Alexia Fürnkranz-Prskawetz und ihre Kolleg*innen die Ersatzrate von Pensionen um den Faktor der relativen Lebenserwartung. Im fünften Modell betrachteten sie die relative Lebenserwartung sowie das relative Lebenseinkommen, um die Ersatzrate zu korrigieren. Im sechsten Modell nahmen die Wissenschafter*innen an, dass zu Beginn der Pension mehr Pensionszahlungen erfolgen.

Die Ergebnisse zeigen, dass unter dem momentanen österreichischen Pensionssystem Individuen mit höherer Bildung und höherer Lebenserwartung im Durchschnitt kürzer arbeiten als gering ausgebildete Individuen mit kürzerer Lebenswartung. Ebenso ist die interne Rendite des Pensionssystems für die sozial benachteiligte Gruppe geringer.

Alexia Fürnkranz-Prskawetz und ihre Kolleg*innen konnten mit ihren Berechnungen zeigen, dass Pensionsreformen auf Basis verschiedener Kriterien evaluiert werden müssen, vor allem um die Umverteilungswirkungen solcher Reformen aufzuzeigen. „Beispielsweise entlastet eine gleichmäßige Anhebung des Pensionsantrittsalters (zweites Modell) den Staatshaushalt deutlich, gleichzeitig verstärkt sich dadurch aber die bestehende Umverteilung von kurz- zu langlebigen Personen. Eine Reform, die die Ersatzrate an die relative Lebenserwartung koppelt (viertes und fünftes Modell), kann im Gegensatz dazu diesen Umverteilungseffekt deutlich reduzieren.“ 

Wichtige Daten

Die Wissenschafter*innen arbeiten mit historischen demographischen und ökonomischen Daten, die bis zu den Ursprüngen des heutigen Pensionssystems in den 1950er Jahren zurückgehen. „Insbesondere zeigen wir, dass unser Modell wesentliche makroökonomische Kenngrößen replizieren kann. Diese inkludieren die Bildungsverteilung, das Arbeitseinkommen, das Pro-Kopf Einkommen, das Verhältnis von Pensionsausgaben zur Wirtschaftsleistung und die Pensionszahlungen.“ Zudem kann die zeitliche Entwicklung für einzelne Kohorten isoliert betrachtet werden.

Alexia Fürnkranz-Prskawetz und ihrem Team war es wichtig, Pensionsreformen hinsichtlich ihrer Umverteilungseffekte zu analysieren. Über ihre Arbeit sagt die Wissenschafterin weiters: „Die Wichtigkeit unserer Arbeit ergibt sich aus der Notwendigkeit von Pensionsreformen und diese müssen so gestaltet werden, dass sie existierende Ungleichheiten zwischen sozialen Gruppen nicht verstärken. Dies wird auch langfristig zu einer höheren Akzeptanz der Reformen führen.“

Professorin für Mathematische Ökonomie Alexia Fürnkranz-Prskawetz
Die Professorin für Mathematische Ökonomie Alexia Fürnkranz-Prskawetz forscht und lehrt an der TU Wien © Luiza Puiu

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