So manches Buch aus der Jugendzeit deiner Großeltern ist also gefährdet! Um den Wissenschatz zu bewahren, haben Forscher der Universität Graz und der Donau-Universität Krems eine spezielle Restaurationsmethode entwickelt und zum Patent angemeldet.
Warum die Bücher zerfallen
Bücher wurden ab Ende des 19. Jahrhunderts in ganz anderen Verfahren hergestellt, als wir das heute kennen. Es wurde eine Leimung verwendet, die Alaun enthält. Das ist eine chemische Verbindung, die man zum Beispiel in Form eines Deostifts kaufen kann. Was man damals nicht wissen konnte, ist, dass Alaun mit der Alterung zu Schwefelsäure zerfällt, die das Papier brüchig macht. Es zerbröselt also später buchstäblich in den Händen.
Die Bücher, die jetzt gerettet werden sollen, stammen allerdings nur aus Westeuropa. In anderen Ländern wurde noch länger mit Alaun gedruckt, in Asien wird es auch heute noch verwendet. In Westeuropa betrifft der Zerfall vor allem Archivalien, also unter anderem wichtige Aufzeichnungen aus dem ersten und zweiten Weltkrieg. „In Europa ist unser unmittelbares Kulturerbe betroffen. Diese Archivalien sind nämlich immer Unikate“, erklärt Patricia Engel von der Donau-Universität Krems. Sie hat das Projekt zusammen mit Volker Ribitsch von der Universität Graz verwirklicht. Der Zerfall betreffe kilometerweise Regalreihen an diesen einzigartigen Archivbeständen, also ein ganzes Jahrhundert an Wissen, das sonst verloren gehen würde.
So funktioniert die Bücherwaschmaschine
Papier besteht größtenteils aus Holzfasern, also Zellulose. Zellulose ist chemisch sehr nah mit Zucker verwandt, der stark löslich ist. Die Schwefelsäure, die beim Altern von Alaun entsteht, löst die Zelluloseketten auf. Das Papier hat dann einen sauren PH-Wert, der von der Bücherwaschmaschine ausgeglichen wird. Deswegen heißt die Maschine eigentlich auch Entsäuerungsmaschine.
Die Maschine besteht aus einem großen Zylinder mit etwa drei Metern Länge und einem Meter Durchmesser. Die Bücher werden in der Maschine gestapelt, etwa dreißig Regalmeter passen hinein. Anschließend wird eine Nanosubstanz eingebracht, die mit der Säure in der Zellulose reagiert und so das Papier entsäuert. Dadurch bekommt es nicht nur den richtigen PH-Wert, die Bücher werden auch widerstandsfähig und verwendbar.
Mögliche Schäden und Nachteile
Allerdings sind nicht alle von dem Vorgang so begeistert wie Engel: „Wir ernten sehr viel Kritik.“ Die Nanosubstanz sei als schädlich für den Menschen verschrien. Nano sei allerdings noch zu groß, um durch die Haut oder die Atemwege in den Körper einzudringen und dort Schaden anzurichten. „Man muss auch die ethischen Rahmenbedingungen der Restaurierung berücksichtigen“, sagt Engel. Darunter falle neben der Nicht-Schädlichkeit auch, dass das Äußere der zu restaurierenden Stücke erhalten bleibt.
Die Bücherwaschmaschine verändert zwar nicht das Äußere des Papiers, sie funktioniert aber unter Umständen nicht immer gleich gut. „Die Bücher kommen unterschiedlich krank daher“, erklärt Engel. Manche Bücher wurden viel herumgetragen und unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt, andere standen 100 Jahre hinter Glas und sind dementsprechend besser erhalten. Das kann auch Bücher aus derselben Auflage betreffen.
Bis jetzt wurden nur mehrfach vorhandene Bände von Klöstern als Versuchskaninchen restauriert. Engel arbeitet allerdings gerade an der Gründung einer Firma, die sich nur mit der Restaurierung mithilfe der Bücherwaschmaschine befasst. Als Gründungstag ist der 1. Jänner 2018 angesetzt. In naher Zukunft werden also alle, die betroffene Bücher zuhause haben, sie in der Maschine gründlich durchwaschen lassen können.