Biomarker sind biologische Merkmale, die im Blut oder Gewebeproben, in klinischen Untersuchungen, oder auch anhand von Bildgebung, digital, oder mit Hilfe von sogenannten ‚wearable devices‘ (z. B. Fitnesstracker), gemessen werden können und wichtige Hinweise über mögliche Erkrankungen im Körper liefern. Zu den gängigen Biomarkern zählen etwa Vitalzeichen wie Blutdruck, Puls und Körpertemperatur, Laborwerte wie Blutzucker und Cholesterin, Messwerte aus verschiedenen Untersuchungen wie Ultraschall oder EKG (Elektrokardiogramm) oder Hormone. Sie alle geben Auskunft darüber, ob die verschiedenen Prozesse in unserem Körper richtig ablaufen oder nicht.
Biomarker des Alterns
„Biomarker können sehr hilfreiche Tools darstellen, um quantitativ zu erfassen, was gerade in unserem Körper passiert“, erklärt Chiara Herzog. Sie werden bereits jetzt zur Diagnose von Krankheiten (wie Krebs oder Herzinfarkten) oder zur Prognose eingesetzt, um etwa die Frage zu klären, ob ein Patient/eine Patientin gute oder schlechte Therapieaussichten hat. Auch das Ansprechen auf verschiedene medizinische Behandlungen oder welchen Umweltstoffen (wie zum Beispiel Zigarettenrauch) Patient*innen ausgesetzt sind, kann mit Hilfe von Biomarkern gemessen werden, erklärt die Wissenschafterin. Sie arbeitet an der Universität Innsbruck und beschäftigt sich in ihrer Forschung mitunter mit Alterungsprozessen des Körpers. In einer neuen Studie hat sie nun – gemeinsam mit Kolleginnen der Universität Innsbruck, der Harvard Medical School und weiteren Expert*innen aus über zehn verschiedenen internationalen Universitäten Richtlinien zur Standardisierung von Biomarkern des Alterns vorgeschlagen.
Keine Standardisierung
„Durch Fortschritte in molekularen Analysen und molekularem Profiling in den letzten 10-20 Jahren gibt es bereits jetzt sehr vielversprechende Biomarker des Alterns. Bekannt sind zum Beispiel sogenannte ‚epigenetische Uhren‘, die das chronologisches Alter sehr genau bestimmen können, aber teilweise auch das Risiko für verschiedene alternsbedingte Erkrankungen und Mortalität voraussagen können“, sagt Herzog. Bisher werden diese Biomarker klinisch nicht angewendet, da es noch zu wenig Standardisierung gibt. Aus diesem Grund wurde das „Biomarkers of Aging Consortium“ gegründet, ein Zusammenschluss von Wissenschafter*innen, die Biomarker für das Altern entwickeln, testen und einsetzen.
Biomarker zeigen epigenetisches Alter
„Aktuell gibt es keine Biomarker des Alterns, die regulär in klinischer Anwendung sind. Will man sein epigenetisches Alter wissen, kann man das bei mehreren Anbietern auf eigene Kosten untersuchen lassen.“ Das epigenetische Alter umfasst molekularbiologische Veränderungen an den Genen; somit lässt sich berechnen, wie sehr jemand bisher gealtert ist – wobei die aktuell üblichen kommerziellen Tests in der wissenschaftlichen Community noch umstritten sind. Chiara Herzog rät von ihnen ab: „Die individuelle Vorhersagekraft solcher Biomarker ist noch nicht gut getestet, der Messfehler ist aktuell nicht gut definiert und wir haben keine akuten Handlungsempfehlungen.“ Man kann also nicht sagen, was jemand tun sollte, dessen epigenetisches Alter erhöht ist. Zwar sind
gesunde Ernährung, regelmäßige sportliche Betätigung, soziale Kontakte, Stressreduktion sowie eine gute Schlafqualität sind gut für unsere Gesundheit. „Dazu brauchen wir aber keinen Test.“
Dennoch können standardisierte und getestete Biomarker des Alterns künftig helfen – wenn sie direkt mit Handlungen verknüpft werden können, so die Expertin. „Die Zukunftsvision ist, dass wir den individuellen Alterungsprozess messen könnten, daraus vorbeugende Maßnahmen planen können und deren Effektivität individuell messen können.“
Gesundheit verbessern dank Biomarkern
Chiara Herzog und ihre Kolleg*innen möchten standardisierte Biomarker nutzen, um Erkrankungsrisiko, Alterungsprozess sowie das Ansprechen auf bestimmte gesundheitsfördernde Maßnahmen zu messen. Somit trägt ihre Forschung dazu bei, die Anzahl gesunder Lebensjahre von Menschen zu erhöhen und die Lebensqualität der Bevölkerung zu verbessern.
„In Österreich führen wir dazu Studien durch, bei denen wir untersuchen, wie verschiedene Biomarker auf gesundheitsfördernde Maßnahmen reagieren. So können wir zum Beispiel vergleichen, welche Biomarker besser oder schneller ansprechen als andere und wie verschiedene Personen gegebenenfalls unterschiedlich auf die gleiche Intervention reagieren.“ Bisher haben die Wissenschafter*innen mehr als eine Milliarde Daten generiert, diese bilden die Grundlage des „Lifestyle Atlas“, der Biomarker und darauf basierende medizinische Behandlungen abbildet. Mehrere Publikationen dazu sind in Vorbereitung. „Wir hoffen, dass diese Daten dazu beitragen, Biomarker weiterzuentwickeln und sie in klinische Anwendung zu bringen.“