Ein internationales Forschungsteam, an dem mitunter der Psychologe Marcus Mund (Universität Klagenfurt) beteiligt war, hat die Daten von zwei Studien zusammengetragen und folgendes festgestellt: Ob eine (heterosexuelle) Beziehung auch künftig als glücklich betrachtet werden kann, hängt nicht nur von der aktuellen Zufriedenheit der Frau, sondern auch der des Mannes ab. Bisher galt vor allem die Zufriedenheit der Frauen als Barometer für eine glückliche Beziehung, daraus entstand wohl auch der gängige Spruch „Happy Wife, Happy Life“. Psychologe Marcus Mund erklärt sich diesen bisherigen Fokus so: Einerseits gab es eine einflussreiche Studie, in der gezeigt wurde, „dass die Beziehungszufriedenheit der Männer auch von der Zufriedenheit der Partnerin abhängt, die Zufriedenheit der Frau aber weniger von der Zufriedenheit der Männer.“ Die Forscher*innen interpretierten dies so, dass eben die Frau eine Art Barometer für die Beziehungszufriedenheit sei. Doch dieser Umstand hat sich in späteren Studien nicht gezeigt, so Mund. „Zudem haben viele andere Studien, die die ‚Barometer-Hypothese‘ genutzt haben, einige andere Schwächen wie zum Beispiel nur kleine Stichprobe, Einmal-Messungen oder sehr kurze Untersuchungszeiträume.“ Außerdem ist es möglich, dass auch die Wissenschaft von dem gängigen Klischee, dass Frauen beziehungsorientierter seien als Männer, beeinflusst worden ist.
Daten aus zwei Studien
In der aktuellen Arbeit haben Marcus Mund sowie weitere (internationale) Forscher*innen Daten aus neun Tagebuch-Studien studiert: Dabei wurden Paare gebeten, drei Wochen lang jeden Abend einen kurzen Fragebogen zu ihren Erlebnissen am Tag sowie zu ihrer Sicht der Beziehung auszufüllen. „Mit diesem Ansatz konnten wir untersuchen, inwiefern die Beziehungszufriedenheit einer Person heute einen Einfluss hat auf die Beziehungszufriedenheit der anderen Person am nächsten Tag – ob die Zufriedenheit der Männer also von der gestrigen Zufriedenheit der Frau beeinflusst wird und umgekehrt. Unsere Ergebnisse haben gezeigt, dass sich beide Partner gegenseitig beeinflussen“, erklärt der Psychologe. Zudem untersuchten die Forscher*innen einen 2. Datensatz mit größeren Abständen zwischen den Befragungen. Die Daten des Deutschen Famillienpanels pairfam gaben Einblick über Befragungen über einen Zeitraum von fünf Jahren. „Das Ergebnis war identisch mit den Befunden aus der Tagebuchanalyse: Es gibt wechselseitige Einflüsse zwischen der Zufriedenheit eines Partners heute und der Zufriedenheit des anderen Partners ein Jahr später – wiederum waren die Effekte für Männer und Frauen gleich groß.“ Somit sind sowohl Frauen als auch Männer Barometer für die Beziehungszufriedenheit. „In Zeiten, in denen es nicht gut läuft, liegt die Last nicht allein bei den Frauen, die Beziehung zu ‚reparieren‘, auch Männer können und sollten hier natürlich auch aktiv werden“, erinnert Marcus Mund.
Rezept für glückliche Beziehung?
Marcus Mund ist Institutsleiter am Institut für Psychologie, Abteilung Psychologische Diagnostik, der Universität Klagenfurt. In seiner Forschung befasst er sich etwa mit Einsamkeit oder der Entwicklung sozialer Beziehungen. Welche Erkenntnisse konnte er in der Forschung finden, wie eine glückliche Beziehung entsteht bzw. aufrechterhalten werden kann?
Die Forschungslage sei hier „etwas paradox“, erklärt der Psychologe. „Beziehungszufriedenheit scheint ein Merkmal zu sein, dass innerhalb von Personen relativ stabil, aber zwischen Personen relativ unterschiedlich sein kann.“ Die Forschung kennt einige Merkmale, die dazu beitragen, dass manche Beziehungen besser funktionieren als andere: „Zum Beispiel sind Personen, die glücklichere Beziehungen führen, tendenziell extrovertierter, verträglicher und weniger ängstlich, kommunizieren in Konfliktsituationen sachlich und lösungsorientiert, können sich selbst dem Partner bzw. der Partnerin gegenüber öffnen und sind in Krisenzeiten unterstützend.“ Ein Blick in die Beziehung selbst, offenbare jedoch, dass die Zufriedenheit nicht steigt, wenn die Kommunikation positiver ist als üblich und ebenso nicht sinkt, wenn die Kommunikation negativer ist als für das Paar üblich, so Marcus Mund. „Wir können aufgrund der bisherigen Forschung also sagen, welche Paare wahrscheinlich glücklicher sein werden als andere (oder weniger glücklich), aber innerhalb eines Paares scheinen die Wege zur Zufriedenheit recht einzigartig zu sein“, fasst der Forscher zusammen. Somit gibt es kein Rezept für eine dauerhaft glückliche Beziehung, so Marcus Mund.
Matthew D. Johnson, Justin A. Lavner, Amy Muise, Marcus Mund, Franz J. Neyer, Yoobin Park, Cheryl Harasymchuk & Emily A. Impett (2022). Women and Men are the Barometers of Relationships: Testing the Predictive Power of Women’s and Men’s Relationship Satisfaction. PNAS Psychological and Cognitive Sciences, https://doi.org/10.1073/pnas.2209460119.