Der Templerorden, ein christlich-religiöser Ritterorden, bestand von 1118 bis 1312. Bis heute ranken sich viele Legenden um diesen. Die Templer (nur Männer wurden aufgenommen) verpflichteten sich zu Keuschheit, Gehorsam und Armut und dazu, Pilger*innen rund um Jerusalem zu schützen.
Nach und nach gewannen die Templer an Bedeutung – auch in finanzieller Sicht – und machten sich Feinde. 1312 fand der Orden sein Ende, er wurde vom damaligen Papst, Clemens V. (1250/1265 – 1314), aufgelöst. Den Templern wurde vorgeworfen, Gotteslästerung und von der Kirche abweichende Lehren zu praktizieren. An der Universität Salzburg konnte die Juristin Sophie Kirchgasser im Rahmen ihrer Dissertation feststellen, dass diese Auflösung ungültig ist.
„Vox in Excelso“
Dafür befasste sie sich mit der päpstlichen Bulle „Vox in Excelso“, diese gab den Anstoß für die Auflösung des Ordens. Bullen – so werden Urkunden bezeichnet, die Rechtssprechungen des Papstes verkünden – stellen auch heute wichtige Quellen für Rechtshistoriker*innen dar. Sie werden in Archiven aufbewahrt, etwa im Archivum Secretum Vaticanum, dem Vatikanischen Geheimarchiv, das ist der primäre Aufbewahrungsorte für viele mittelalterliche Bullen und andere päpstlichen Urkunden oder im Archivo Historico Nacional in Madrid, dieses enthält viele Dokumente zu historischen Themen, darunter zur Geschichte des Templerordens in Spanien. Das Nationalarchiv in Paris ist ebenso eine beliebte Anlaufstelle, um päpstliche Bullen zu finden. Doch Sophie Kirchgasser stellte fest: Die Bulle „Vox in Excelso“ existiert nirgends.
Doch keine Bulle
Beim Dokument „Vox in Excelso“ handelt es sich nämlich nicht – wie bisher angenommen – um eine päpstliche Bulle, sondern nur um eine Rede, die später als Bulle bezeichnet wurde. Zudem basiert sie auf falschen Zitierungen. Sophie Kirchgasser stieß auf die Chronik von Walter de Guisborough, ein Stiftsherr des Augustinerklosters, dessen Schriften Aufschluss über die Ereignisse, die zur Auflösung des Ordens führten, geben. Kirchgasser: „Der Papst hat das Dokument zur Auflösung des Ordens beim Konzil von Vienne verlesen, was nicht einer rechtmäßigen Kundmachung zu verwechseln ist, dies bedarf weiterer Anforderungen. Der Papst übte seine Autorität in erheblichem Maße aus, indem er den Orden auflöste, obwohl das rechtliche Verfahren dies nicht eindeutig unterstützte.“ Dementsprechend ist die Auflösung des Templerordens als nichtig einzustufen.
Philipp IV.
Zudem zeigten die Schriften des Walter de Guisborough den Einfluss des französischen Königs, Philipp IV. (1268 – 1314): Dieser hatte es seit 1307 auf die Templer abgesehen. Schließlich hatten diese viel Geld angehäuft, etwa indem sie sie von Pilger*innen Geld verlangten. Sie waren zu einflussreichen Bankiers geworden – und der von Schulden geplagte Philipp IV. wollte ihren Reichtum. „Die Auflösung des Templerordens war vor allem das Resultat von Machtkämpfen und politischen Intrigen, bei denen Philipp IV. eine Schlüsselrolle spielte. Er nutzte die religiösen Vorwürfe gegen den Orden als Vorwand, um seine Ziele zu erreichen“, so Sophie Kirchgasser.
Philipp IV. übte Druck auf Clemens V. aus, dieser ließ die Templer verfolgen, verhaften und foltern. Am 18. März 1314 wurde schließlich Jakob von Molay, der 23. und letzte Großmeister des Templerordens, am Scheiterhaufen verbrannt. Seine letzten Worte: „Gott weiß, wer im Unrecht ist und gesündigt hat. Bald wird Unglück hereinbrechen über die, die uns fälschlich verurteilt haben. Gott wird unseren Tod rächen.“ Kurz danach starben sowohl Clemens V. als auch Philipp IV.
Die Templer heute
„In seiner historischen Form existiert der Templerorden heute nicht mehr. Dennoch hat sich der Name in verschiedenen Kontexten weiterentwickelt. Es gibt heute verschiedene Organisationen, die sich auf den Templerorden berufen, jedoch sind diese nicht die direkten Nachfahren des historischen Ordens“, erklärt Kirchgasser und nennt als konkretes Beispiel OSMTH (Order of the Sacred Military Constantinian Order of Saint George), eine religiöse, wohltätige Organisation.
Sophie Kirchgassers Forschung könnte Folgen für den Templerorden haben, denn nun könnte man eine Rehabilitation des Ordens anstreben. „Dies ist jedoch ein äußerst komplexes und vielschichtiges Thema, das historische, rechtliche und theologische Aspekte berührt. Aus kirchenrechtlicher Sicht bedarf es da die Autorität des Papstes.“ Im Zuge ihrer Dissertation erkannte Sophie Kirchgasser, wie die Rechtsgeschichte unser heutiges Leben und Rechtsverständnis prägt:„Sie gibt uns nicht nur Einblicke in die Entwicklung von Gesetzen und Institutionen, sondern lehrt uns auch, wie wichtig es ist, die Prinzipien von Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit zu bewahren.“