Die Anatomie des menschlichen Körpers völlig neu wahrnehmen, das ermöglicht der JKU medSPACE, eine Kooperation zwischen der JKU – Johannes Kepler Universität Linz, dem Ars Electronica Futurelab und Siemens Healthineers. Hier werden CT- und MRT-Daten von echten Patient*innen als fotorealistische Bilder präsentiert – und das aus allen Blickwinkeln, gestochen scharf sowie nahtlos zoombar. Initiiert wurde das Projekt von Franz Fellner, Dekan der Medizinischen Fakultät der JKU und Vorstand des Zentralen Radiologie Instituts am Kepler Universitätsklinikum. Die Technik, die Siemens Healthineers verwendet, heißt Cinematic Rendering: Sie ermöglicht die dreidimensionale Darstellung von CT- und MRT-Aufnahmen. Das Ars Electronica Center wiederum stellte anfangs den Projektionsraum (Deep Space) zur Verfügung. Franz Fellner: „Daher entstand die Idee, diese beiden High-Tech-Entwicklungen, Cinematic Rendering und Deep Space, zu kombinieren und dort Virtuelle Anatomie-Vorlesungen abzuhalten. Das Ergebnis war so spektakulär und erfolgreich, dass die JKU im neuen Medizinischen Campus, der 2021 eröffnet wurde, analog dem AEC Deep Space einen solchen Raum eingerichtet hat, den wir JKU medSPACE nannten.“ Seither lernen Medizinstudierende der JKU im JKU medSPACE Anatomie, aber auch der interessierten Öffentlichkeit wird hier Anatomie so nähergebracht.
Die verwendete Software Virtual Anatomy erhielt bereits einige Auszeichnungen: 2022 wurde sie beim renommierten E&T Innovationspreis als „Best Emerging Technology of the Year“ prämiert, ebenso wurde sie mit der Silbermedaille in der Kategorie „Most Innovative Solution in Digital Health and Social Care“ gewürdigt.
Anatomie lebender Menschen
Franz Fellner fasst zusammen: „Im JKU medSPACE können Studierende Anatomie in vivo erleben, das heißt, dass hier die Anatomie lebender Menschen präsentiert wird.“ Seiner Ansicht nach entwickeln die Studierenden so eine andere emotionale Beziehung zur Anatomie, da sie wissen, dass sie gerade lebende Menschen und keine gezeichneten oder computergenerierten Modelle betrachten. Die Visualisierungen sind anschaulich und wirken natürlich. Sie gestatten es, den angehenden Mediziner*innen, Schädigungen im Körper zu sehen, die Diagnose einer Erkrankung oder den Ablauf einer geplanten Operation zu erklären. Die Darstellungen sind sehr genau und sie ermöglichen bisher undenkbare Einblicke in anatomische Details: So können etwa Fasern im menschlichen Gehirn mit einer sonst nicht möglichen Feinheit dargestellt werden. Zudem können die wirklichkeitsnahen 3D-Bilder beliebig gedreht und je nach Anwendungsfall aufbereitet werden.
Künstliche Intelligenz in der Medizin
Laut Fellner gibt es nationale und internationale noch keine vergleichbaren Projekte, wobei von mehreren Institutionen bereits Interesse am JKU medSPACE bekundet wurde. „In naher Zukunft wird diese Methode auch den Studierenden der Medizinischen Universität Graz zur Verfügung stehen – im Rahmen einer Kooperation zwischen Linz und Graz.“ Auf die Frage, inwiefern Künstliche Intelligenz (KI) künftig die Radiologie beeinflussen wird, heißt es von Franz Fellner: „Die KI wird zunehmend nützliche Assistenzsysteme für die Radiologinnen und Radiologen entwickeln. Allerdings wird das nicht so schnell gehen, wie im Automobilbereich, da die korrekte Interpretation radiologischer Untersuchungen wesentlich komplexer ist als z. B. autonomes Fahren.“
Hier gibt es Einblicke in den JKU medSPACE.
Aus dem Projekt Virtual Anatomy heraus hat Siemens Healthineers zudem die Lösung Cinematic Anatomy entwickelt, eine Applikation für die digitale und immersive Anatomie-Lehre in unterschiedlich skalierbaren Ausbaustufen. Weitere Informationen dazu gibt es hier.