Gleich mehrere Initiativen in Österreich haben das Ziel, das Interesse an Technik bei Mädchen und Frauen zu fördern: Schließlich sind MINT-Berufe (also jene, für die es viele Beschäftigte mit Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik braucht) besonders gefragt und auch im Alltag werden IT-Skills wichtiger.
Jugend am Werk Steiermark ist eine davon und rief – gemeinsam mit dem Institute of Interactive Systems and Data Science der TU Graz – das Projekt FemQuest ins Leben, indem Mädchen spielerisch programmieren lernen. Im Spiel hat eine Professorin verschiedene Kreaturen erschaffen – darunter einen boshaften Hasen, der nun die Stadt verwüstet. Die Spieler*innen müssen diese wiederaufbauen und den Hasen mittels eines Gegengifts friedlich machen. FemQuest ist hier gratis zum Download verfügbar.
Skills
„Unser Alltag wird zunehmend digitaler und Informationstechnologien spielen eine immer größere Rolle. Ein grundlegendes Verständnis von IT und Programmieren ermöglicht es, diese Technologien nicht nur zu nutzen, sondern auch besser zu verstehen und gegebenenfalls zu gestalten“, erklärt Michael Holly, der für das Projekt FemQuest vonseiten der TU Graz zuständig ist.
Es gibt hunderte von Programmiersprachen – und beim Erlernen dieser werden Skills, wie logisches Denken, Probleme lösen, Geduld und abstrakte Konzepte verstehen, trainiert. Wer zudem denkt, dass Techniker*innen nur alleine in ihrem Büro sitzen, der irrt, denn IT-Jobs sind durchaus kommunikativ: „Kommunikationsfähigkeiten sind wichtig, da Entwicklung und Programmieren oft in Teams erfolgt und die Fähigkeit, Ideen klar zu vermitteln, entscheidend ist.“
Jedes Alter
IT-Fähigkeiten kann man in jedem Alter lernen, ist Holly überzeugt: „Grundsätzlich kann jeder Mensch, in jedem Alter erfolgreich eine Programmiersprache erlernen. So können bereits Kinder im Alter von fünf bis sieben Jahre ihre eigenen interaktiven Geschichten und Spiele zum Beispiel via ScratchJr gestalten.“ Menschen mit einer stärkere Affinität zu Technologien haben es dabei leichter, räumt er ein. Diese Affinität haben meist Männer: „In Bezug auf das Interesse an IT und Programmieren gibt es möglicherweise Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die durch soziale und kulturelle Faktoren bedingt sein können. Die IT-Branche ist oft männlich dominiert, wodurch Frauen sich eventuell weniger angesprochen fühlen.“
Praktische Erfahrungen
Die Zeit, die es braucht, um programmieren zu lernen, variiert von Person zu Person. „Ein grober Richtwert sind drei bis sechs Monate, um die Grundlagen einer Programmiersprache zu erlernen. Für ein tieferes Verständnis sind jedoch Erfahrungen über Jahre notwendig“, erklärt Michael Holly.
Online-Kurse, Tutorials, Bücher oder Kurse an Universitäten – programmieren lernen kann man auf unterschiedliche Art und Weise. „Am wichtigsten ist aber die praktische Erfahrung, nur über lesen und zusehen kann man programmieren nicht vertiefen.“
Seine Empfehlung: „Für Anfänger*innen eignen sich besonders visuelle Programmiersprachen (z.B.: Scratch) mit einer blockbasierten Benutzeroberfläche oder skriptbasierte Sprachen wie Python oder JavaScript. Python ist hier bekannt für seine einfache und leicht verständliche Syntax.“
Interesse fördern
Hier setzt das Projekt FemQuest an: Dieses möchte durch Bildung, Mentoring und Förderung einer inklusiven Umgebung das Interesse von Mädchen und Frauen an IT und Programmierung fördern. Die Teilnehmerinnen erhalten in Workshops ein Verständnis über die inhaltliche Bedeutung einer Programmiersprache und zu welchem Ergebnissen die Befehle dieser führen, sie lernen also, einfache Befehle zu programmieren. „Für das Projekt FemQuest haben wir uns für eine Multiplayer-Anwendung entschieden, wo die Spielerinnen im Team die Aufgaben lösen müssen und so einfach Programmierkonzepte und Problemlösungen kennenlernen.“
Vorbehalte überwinden
Durch das Computerspiel und die Beschäftigung mit den technischen Abläufen dahinter sollen Mädchen ihre Skepsis gegenüber Informatik überwinden und dazu ermutigt werden, eine IT-Karriere zu wählen. Schon bei der Entwicklung wurden dabei Feedback, Wünsche und Anforderungen der Spielerinnen berücksichtig und integriert.
Michael Holly erklärt den Ablauf des Workshops: „In einem vierstündigen Workshop arbeiten die Mädchen im Team an verschiedene Programmieraufgaben, indem sie eine in das Spiel integrierte blockbasierte Programmierschnittstelle verwenden. Jedes Level beginnt mit einem Comic, der die Geschichte und die Ziele vorstellt. Der/die Workshop-Leiter*in kann hier eingreifen und festlegen, wie viele Spieler*innen eine bestimmte Aufgabe lösen müssen. Die Spieler*innen müssen diese erfüllen, um das Level abzuschließen. Am Ende bespricht der Spielleiter/die Spielleiterin die Lösungen mit den Teilnehmer*innen und bittet sie um Feedback.“
Relevanz
Projekte wie FemQuest zeigen die Relevanz von Videospielen und wie diese genutzt werden können, um Technikkenntnisse zu verbessern. Michael Holly: „Videospiele können ein guter Zugang zu der Thematik sein, da sie oft Elemente der Logik, des Problemlösens und der Strategie enthalten, die auch beim Programmieren wichtig sind. Durch das Spielen von Videospielen können Spieler*innen ihre Fähigkeiten in diesen Bereichen verbessern und gleichzeitig Spaß haben. Außerdem bieten einige Spiele die Möglichkeit, Grundkonzepte des Programmierens auf spielerische Weise zu erlernen, was den Einstieg in das Thema erleichtern kann.“
Die Teilnehmerinnen des Workshops gaben größtenteils positives Feedback, vor allem zu den Aspekten Lernen, Design und Engagement, überfordert fühlte sich kaum jemand.