BASEhabitat ist ein Studio der Abteilung Architektur an der Kunstuniversität Linz. Das Konzept: Build together – learn together! Mit BASEhabitat wurde an der Abteilung Architektur der Kunstuni Linz ein Studio eingerichtet, das Theorie und Praxis zu Projekten bündelt, die mit den Mitteln von Bautechnik und Raumkunst einen Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung und Erhaltung der Lebensqualität in den Ländern des Südens leisten. BASEhabitat versteht sich als Vermittler im gegenseitigen Austausch von Wissen und Technologie, von kulturellen Qualitäten und Fähigkeiten. Neben anderen Auszeichnungen erhielt BASEhabitat – architecture for development 2012 den Sustainability Award im Handlungsfeld „Studentische Initiativen“. Der in einer gemeinsamen Initiative von Wissenschafts- und Lebensministerium verliehene Preis würdigt Projekte und Nachhaltigkeitsprozesse in der österreichischen Hochschullandschaft. 2004 wurde als erstes Projekt ein Heim für behinderte Kinder in Südafrika geplant und gebaut. Schrödingers Katze sprach mit dem Leiter der Studienrichtung Architektur und des Studios BASEhabitat an der Kunstuni Linz, Prof. Roland Gnaiger, über Erfahrungen und Erkenntnisse in den vergangenen zehn Jahren.
Ihr Studio BASEhabitat für Architektur wurde 2014 zehn Jahre alt. In welchen Ländern ist BASEhabitat aktiv und wie fällt die Resonanz aus?
Wir haben bisher auf vier Kontinenten zehn Bauprojekte realisiert. Daneben wurden sieben Entwurfsprojekte erstellt, die noch auf eine Verwirklichung warten. Die Resonanz der Studierenden und von Auftraggebern ist derart überwältigend, dass ein Mehr nur durch unsere personellen und finanziellen Möglichkeiten begrenzt wird.
Wie viele Studierende der Kunstuni Linz waren bisher eingebunden?
Ich schätze es werden so um die 150 Studierende gewesen sein. Etliche von diesen sind jedoch zum wiederholten Mal in ein Projekt involviert. Dabei sind verschiedene Rollen möglich: In der Recherche, der Planung, der Arbeitsvorbereitung oder als Teil eines Bauteams vor Ort.
Was sind die prägenden Erfahrungen für Teilnehmer/innen von BASEhabitat?
Dazu ist sehr viel zu sagen. Natürlich steht die fachspezifische Lernerfahrung bezüglich bau- und hochbautechnischer Erfahrungen im Vordergrund. Auch die gewonnene handwerkliche Praxis bietet eine solide Grundlage für jede Tätigkeit von Architekten/innen. Die Lernerfahrungen reichen jedoch weit darüber hinaus: Teamarbeit, Krisenfestigkeit, Improvisationsvermögen, Selbstermächtigung und ein Zugewinn an Selbstsicherheit und beruflichem Standing. Neben einer erweiterten sozialen Kompetenz sind die Kulturerfahrungen relevant – jene, die den geistigen Horizont über die Disziplin hinaus weiten.
Ihr jüngster Workshop hat damit geworben, in experimentellen und kreativen Einheiten „Lehm hautnah zu erleben“. Gehen die Menschen verändert nach Haus?
Neben den Bauten sind Forschung und Lehre das zweite und dritte Standbein von BASEhabitat. Einerseits vermitteln wir in unseren internationalen Workshops konkretes praktisches Wissen, nicht nur zu verschiedenen Lehmbautechniken sondern auch zum Konstruieren mit Bambus. Andererseits werden die oben beschriebenen Lernerfahrungen auch für unsere Gaststudierenden wirksam. BASEhabitat veranstaltet Workshops mit bis zu 100 Teilnehmern aus allen Kontinenten. Unser letzter 14-tägiger Sommerworkshop wurde von Studierenden aus 34 Nationen besucht. Bezüglich dieser Zahlen sind wir nur durch ganz praktische logistische Grenzen beschränkt. Ich glaube nicht, dass es an einer anderen österreichischen Universität Lehrgänge von vergleichbarer Internationalität gibt. Da die Studierenden von derartig unterschiedlichen Kulturräumen kommen, ist der Kultur- und Wissensaustausch unüberschaubar groß. Die geknüpften Netzwerke verdichten sich in den sozialen Foren immer weiter.
„Die weltweite Behausungsfrage lässt sich nicht mit den Mitteln westlicher Technologie lösen“ – Roland Gnaiger
BASEhabitat zählt zu den UNESCO Lehrstühlen für Lehmbau. Was bedeutet das konkret?
Das sagt in erster Linie, dass die UNESCO dem Lehmbau eine große Bedeutung beimisst. Und tatsächlich lässt sich die weltweite Behausungsfrage nicht mit den Mitteln westlicher Technologie lösen. Zu groß wären Energie- und Rohstoffbedarf und das erforderliche (Hightech-)Wissen. Das Erfordernis der Gegenwart sind Bauwerke aus lokal verfügbaren, leicht zugänglichen und kostengünstigen Materialien. Das Entscheidende: Es bedeutet keinen Verzicht und keinerlei Komforteinschränkung, nur ein anderes Wissen und andere Formen der Ausrichtung und Intelligenz, die auch unserer westlichen Zivilisation zugute kommen.
Welche Chancen hat Lehm als Baustoff in den „reichen Ländern“ der Erde?
Das hängt von unserer Steuerpolitik ab. Da diese die Arbeit sehr hoch, den Ressourcenverbrauch jedoch viel zu gering besteuert, sind Lehmbaukonstruktionen im reichen Norden zu teuer. Dort, wo allerdings hohe Anforderungen an ausgewogene klimatische Bedingungen gestellt werden oder besondere sinnlich-haptischen Qualtäten gesucht sind, ist Lehm auch für unsere Breiten interessant. Das oberösterreichisches Unternehmen EDER, das Ziegel und Betonfertigteile produziert und BASEhabitat entscheidend unterstützt, fertigt bereits jetzt großformatige Stampflehmelemente. Es ist alles eine Frage der Umstände und der Zeit. Vor 30 Jahren hätte niemand dem Holzbau eine Entwicklung zu einem ultramodernen, höchst relevanten Baustoff zugetraut.
Erregt BASEhabitat international Aufsehen oder gibt es bereits Nachahmungen?
Es gibt Nachahmungen aber auch Vorläufer. Wir waren international nicht die Ersten. Nur hat meines Wissens niemand das Thema so konsequent verfolgt und im selben Maße gesellschaftliche und ökologische Erfordernisse mit der Kunst verbunden. Die Bewerbungen für ein Studium oder eine Workshop-Beteiligung aus über 50 Ländern sind der beste Beleg für die internationale Beachtung.
Architektur gilt als Modestudium und ist zumindest an der TU Wien überlaufen. Wie geht es Ihnen als Leiter der Studienrichtung Architektur an der Kunstuni Linz mit dem Andrang von Studierenden?
Der überwiegende Teil der Studierenden kann zum Zeitpunkt der Studienwahl qualitative Unterschiede unterschiedlicher Studienorte nicht erkennen. Die Entscheidung ist in erster Linie eine für den Studienort. Diesbezüglich steht Linz naturgemäß im Schatten von Wien. Vielleicht ist das im konkreten Fall kein Nachteil. Für die Aufnahmeprüfung an unsere Universität ist außerdem eine Eignungsprüfung erforderlich. Diese sorgt dafür, dass wir nicht zu einem Massenstudienort verkommen, Studierende intensiv betreuen und uns mit Spezialthemen wie BASEhabitat befassen können.
Zur Website des BASEhabitats geht’s hier. Das erste Artikelbild zeigt ebenso das Projekt HOMEmade in Bangladesh © Bauteam / BASEhabitat.