Die Jugend ist in der Krise, heißt es in einigen aktuellen Medienberichten. Die Covid19-Pandemie, Auswirkungen der Klimakrise und Inflation bringen viel Unsicherheit mit sich. Gerade, wer noch am Beginn seines Lebens steht und viele Entscheidungen für das künftige Leben treffen muss, trifft das besonders stark. Gabriela Gniewosz forscht unter anderem zu Jugend und sie weiß: Die Frage, ob gerade die aktuelle Jugend in der Krise ist, ist vor allem eines: Komplex und schwer zu beantworten. Dennoch gibt es laut der Expertin einige Faktoren, die darauf hindeuten, dass Jugendliche gerade vielen einzigartigen Herausforderungen gegenüberstehen:
Zuerst spielt die rasante Entwicklung von Technologien und Digitalisierung eine Rolle. Jugendliche leben in einer hochvernetzten Welt und Social Media-Plattformen können dazu beitragen, eine eigene Identität zu entwickeln. Gabriela Gniewosz betont hier zwar auch die Vorteile, dennoch sieht sie auch die Risiken: „Jugendliche stehen unter dem Druck, (ständig) online präsent zu sein, soziale Medien zu nutzen und hierüber auch ihren und den Erwartungen ihrer Peers gerecht zu werden. Dies kann zu erhöhter Angst vor sozialer Ausgrenzung, Cybermobbing und dem ständigen Vergleich mit anderen führen.“
Weitere Faktoren, die Jugendliche belasten, sind die wirtschaftliche Unsicherheit, das wettbewerbsorientierte Bildungssystem sowie hohe und neue Anforderungen am Arbeitsplatz.
Umgang mit Stress
Auch die Bewältigung von Stress ist ein weiterer Faktor für die psychische Gesundheit der Jugend: „Die Art und Weise, wie Jugendliche mit Stress umgehen und welche Bewältigungsstrategien sie anwenden, kann einen großen Einfluss auf ihre psychische Belastung bzw. Wohlbefinden haben. Wenn Jugendliche keine effektiven Bewältigungsmechanismen entwickeln, können sie anfälliger für Stress, Angst und Depressionen sein.“ Zudem spielt die Unterstützung des eigenen sozialen Umfelds für die psychische Gesundheit der Jugendlichen eine Rolle. Jugendliche, die keine oder wenig Unterstützung erhalten, fühlen sich stärker belastet.
Ein weiteres Beispiel ist der akademische Druck, den viele Jugendliche ausgesetzt sind: „Hohe Leistungsanforderungen und der Druck, gute Noten zu erzielen, können bei Jugendlichen Stress und Angst verursachen. Symptome können Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, übermäßige Selbstkritik oder Angst vor Versagen sein.“
Geld und Gesellschaft
Familienprobleme – wie etwa innerfamiliäre Konflikte, Trennung der Eltern und weitere familiäre Krisen – können sich ebenso auf das Wohlbefinden von Jugendlichen auswirken. Symptome wie Verhaltensauffälligkeiten (z. B. Regeln nicht einhalten, verstärkter Alkoholkonsum), emotionale Instabilität, Rückzug oder Aggression deuten das an. Weiters ist finanzielle Unsicherheit ein Thema für Jugendliche: „Armutsgefährdung ist einer der wichtigen Prädikatoren, um Misserfolg in der Schule und Bildung sowie für schlechte Gesundheit und Wohlbefinden zu erklären.“, betont Gabriela Gniewosz. Zu guter Letzt nennt die Expertin einen weiteren Stressfaktor im Leben der Jugendlichen und zwar gesellschaftliche Erwartungen und Zukunftsängste. „Jugendliche stehen unter dem Druck, gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden und Entscheidungen über ihre Zukunft zu treffen. Dies kann zu Stress, Angst und Unsicherheit führen. Symptome können Schlafstörungen, Entscheidungsschwierigkeiten, emotionale Belastung oder depressive Verstimmungen sein.“
Individuelle und gesellschaftliche Ziele
Nicht alle Jugendlichen reagieren gleich auf all diese aktuellen Herausforderungen betont die Jugendforscherin. Soziale Unterstützung, Persönlichkeitsstruktur und Bewältigungsmechanismen beeinflussen, wie schnell jemand gestresst ist und diese psychische Belastung verarbeitet.
Dennoch ist es wichtig, auf individueller sowie gesellschaftlicher Ebene Jugendliche zu unterstützen, so die Expertin. Individuelle Ziele können etwa die Stärkung des Selbstbewusstseins, das Erreichen von Bildungszielen und die Etablierung gesunder Bewältigungsmechanismen sein. Soziale Kompetenz sollte aufgebaut und emotionale Fähigkeiten gefördert werden.
Auf gesellschaftlicher Ebene wiederum könnten die Ziele darin bestehen, eine inklusive sowie unterstützende Umgebung für Jugendliche zu schaffen sowie Zugang zu Bildung und Beschäftigungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Zudem sollte Jugendlichen echte Partizipation ermöglicht und ein gesunder Lebensstil gelernt werden. Auch Unterstützungssysteme spielen eine Rolle. Auf Schuleben ist zudem die Förderung eines positiven Schulklima bedeutend, ebenso die Bereitstellung von Schulberatungsdiensten. Sozial-emotionale Kompetenzen sowie Kreativität sollen ebenfalls gefördert werden. In der Freizeit ist der Zugang zu sicheren Freizeiteinrichtungen, die Förderung von Vereinen, Jugendgruppen und Mentoring-Programmen wichtig. Auch ehrenamtliches Engagement sollte forciert werden. All diese Maßnahmen, um die psychische Gesundheit Jugendlicher zu stärken, sind längerfristig anzulegen, sagt Gabriela Gniewosz.