Bei Comics mag man nicht sofort an Medizin denken, doch auch hier hat sich diese Kunstform in den letzten 20 Jahren etabliert. Medical Comics sind Teil der Medical Humanities, ein interdisziplinäres Feld, das Medizin mit den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften verbindet, erklärt Eva Katharina Masel, Ärztin, Professorin und Leiterin der Klinischen Abteilung für Palliativmedizin des AKH Wien.
Medical Comics – Comics, die medizinische Themen zum Inhalt haben und z. B. die Herausforderungen des medizinischen Alltags illustrieren – sind gerade in diesem Fachgebiet wichtig: „In der Medizin spielt die bildliche Darstellung eine wichtige Rolle, da Themen wie Schmerz, Verlust, Krankheit, Trauer, (emotionaler) Stress, körperliche Integrität und vieles mehr verarbeitet werden müssen. Insbesondere in der medizinischen Ausbildung kann das Potenzial von Comics genutzt werden, um beispielsweise die Selbstreflexion zu beschleunigen, die Sensibilität für Kommunikation zu fördern und die Beobachtungsfähigkeit zu stärken“, so Eva Katharina Masel. „Insbesondere in Stresssituationen sind lange Texte wie z. B. Einverständniserklärungen für Patient*innen schwer fassbar, hier bieten Medical Comics eine andere Form des Zugangs.“
Neue Kommunikation
Medical Comics ermöglichen Reflexion und Austausch – und das jenseits von Sprache und Lesekompetenz. Besonders geeignet sind sie für junge Menschen und Personen mit Sprachbarrieren; auch zu Schulungs- und Informationszwecken können sie eingesetzt werden.
Medical Comics sind aber nur eines von zahlreichen neuen Kommunikationsmitteln , die bei der Behandlung von Patient*innen Einzug gefunden haben: Vor allem sind hier moderne Technologien wie Virtual Reality, Telemedizin (Bereitstellung von medizinischen Leistungen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien), Künstliche Intelligenz, Roboter und Wearables (wie Smartwatches) zu nennen. Eva Katharina Masel betont jedoch: „All diese Möglichkeiten können jedoch das persönliche Gespräch nicht ersetzen, insbesondere wenn es um Therapiekonzepte und Werte, Wünsche und Ziele von Patient*innen geht. Insofern ist es sinnvoll, diese Kommunikationsmittel zusätzlich einzusetzen.“
Beispiel Palliativmedizin
Die Expertin kennt das selbst aus ihrer beruflichen Praxis: Als Pallativmedizinerin arbeitet sie mit Menschen, die unheilbar krank sind, und daher weiß sie um die Ängste und Sorgen ihrer Patient*innen und deren Angehörigen und um die Notwendigkeit von Kommunikation auf Augenhöhe. Über ihren Arbeitsalltag sagt Eva Katharina Masel zudem: „Im Bereich Palliativmedizin versucht man, durch Linderung von belastenden Symptomen, Zukunftsgespräche und vorausschauendes Planen zu ermöglichen, dass Patient:innen und ihr Umfeld nicht ständig an die Erkrankung denken müssen und dass eine bestmögliche Lebensqualität möglichst in der gewünschten Atmosphäre gewährleistet wird. Obwohl am Anfang häufig Angst und Verunsicherung bestehen, sieht man in der täglichen Arbeit eine große Zufriedenheit und Wertschätzung der Menschen.“
Aktuelle Ausstellung
Die aktuell an der MedUni Wien zu sehende Ausstellung zeigt Medical Comics zum Thema Schmerzen. In der Medizin wird Schmerz als ein unangenehmes Sinnes- bzw. Gefühlserlebnis definiert, der sich nicht nur körperlich sondern auch z. B. psychisch auswirkt: „Medical Comics illustrieren das unterschiedliche Erleben und die Individualität von Schmerz durch das Aufzeigen von unterschiedlichen Perspektiven und Zugangsweisen. Bilder sind hier sehr aussagekräftig und sowohl Schmerzerleben als auch Behandlungsmöglichkeiten können durch bildliche Darstellung fassbarer werden“, erklärt Eva Katharina Masel.
Die Medical Comics-Ausstellung zum Thema Schmerzen, Teil des Projekts „Art – Action – Attitude“, läuft noch bis 30. Juni 2023 im Hörsaalzentrum der MedUni Wien im AKH Wien (Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Ebene 8). Der Eintritt ist kostenlos. Am 1. Juni 2023 findet zudem ein Symposium mit Künstler*innen statt. Weitere Infos gibt es unter www.meduniwien.ac.at/medical-comics