Nutritional Psychiatry erforscht, welche Auswirkung die Ernährung auf die psychische Gesundheit hat, erklärt Sabrina Mörkl, Fachärztin an der Klinischen Abteilung für Medizinische Psychologie, Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Universität Graz. Und die Forschung über den Zusammenhang zwischen Ernährung und psychischem Wohlbefinden ist ergiebig: So konnte man in 16 Studien mit insgesamt 45.826 Teilehmer*innen zeigen, dass die Reduktion von Fett, Zucker und Fertiggerichten und eine vermehrte Zufuhr von Ballaststoffen, Gemüse und eine mediterrane Ernährung depressive Symptome reduzieren können. „Ernährung beeinflusst die Darmbakterien (Mikrobiom), welche wiederum über die Darm-Gehirn-Achse Einfluss auf das Gehirn und somit auf Denken, Fühlen und Verhalten nehmen. Eine mediterrane Ernährung dämpft zudem Entzündungen, welche maßgeblich mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Erkrankungen in Zusammenhang stehen“, erklärt Mörkl.
Unser Körper ist auf verschiedene Nährstoffe angewiesen, damit er Nervenbotstoffe (Neurotransmitter) wie Serotonin, Melatonin, Dopamin oder Noradrenalin herstellen kann. Dazu brauchen wir Folsäure, Eisen, Vitamin B12, Vitamin C, D und Magnesium. Zudem ist ein gesundes Darmmikrobiom – also die Gemeinschaft von Bakterien und anderen Mikroorganismen, die im menschlichen Darm leben – von Bedeutung.
Mediterrane Ernährung
Für eine ausgewogene Ernährung empfiehlt die Expertin eine ausreichende Zufuhr von gesunden und fetten Ölen sowie entzündungshemmenden Polyphenolen (das sind in Pflanzen vorkommende Stoffe, die sich etwa in den Randschichten von Obst, Gemüse und Getreide befinden). Nüsse sind ebenso gut, auch eine mediterrane Diät ist empfehlenswert. Laut der Expertin ist diese sogar die beste Ernährungsmethode bei psychischen Erkrankungen. Sabrina Mörkl rät: „Auf dem mediterranen Teller landen frisches Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Salate, Nüsse, Fisch, Olivenöl sowie Vollkornprodukte. Verzichtet wird dagegen auf zu viel rotes Fleisch und fetthaltige, frittierte Speisen sowie Fast Food.“ Eine salz-, fett- und zuckerreiche Ernährung mit zu vielen tierischen Produkten trägt laut ihr zur Entstehung psychischer und physischer Erkrankungen bei, ebenso kann eine vollwertige, pflanzenbasierte Ernährung vor diesen Krankheiten schützen.
Eat the Rainbow
Ein weiterer, leicht zu merkender Tipp: Eat the Rainbow! Auf jedem Teller sollen sich also mindestens fünf farbenfrohe Lebensmittel befinden. Zudem soll man mindestens fünf Portionen (eine Portion = eine Handvoll) Obst und Gemüse sowie Nüsse essen. Fisch sollte ein- bis zweimal in der Woche auf dem Speiseplan stehen. „Die in Nüssen und Fisch enthaltenen Omega-3-Fettsäuren schützen vor Entzündungen und können Depressionen vorbeugen“, erläutert die Expertin.
Jedoch ist nicht nur wichtig, was gegessen wird, sondern auch wie: Langsames, bewusstes Essen und Kauen so wie der gemeinsame Genuss in netter Gesellschaft von Bedeutung.
Culinary Medicine
Sabrina Mörkl merkt an, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen zu Beginn einer Ernährungstherapie Unterstützung brauchen. „Im stationären Umfeld können gezielt Angebote der sogenannten ‚Culinary Medicine‘ wie Kochworkshops eingesetzt werden. Kulinarische Medizin ist ein neuer, evidenzbasierter Bereich der Medizin, der die Kunst des Essens und Kochens mit der Wissenschaft der Medizin verbindet.“ Für viele Menschen hat Essen eine emotionale Komponente: Wenn es uns schlecht geht, wollen wir uns belohnen – oft mit ungesunden Speisen und Getränken. Wie kann man es also schaffen, nachhaltig gesunde Entscheidungen zu treffen? Sabrina Mörkl empfiehlt, den Zusammenhang zwischen Lebensmitteln und der eigenen Stimmung zu beobachten, wobei ein Ernährungsprotokoll helfen kann. „Eine stützende Psychotherapie kann diese Zusammenhänge dann verdeutlichen und gemeinsam mit Betroffenen an individuellen Problembewältungsstrategien arbeiten. Hierzu zählen auch Übungen zu Selbstfürsorge und Stressreduktion“, so Mörkl.
Zu diesem Artikel gibt es einen Lesetipp: Mutfak tıbbı.