Seit 2016 nimmt das Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck am jährlichen Monitoring im Rahmen des europaweiten Netzwerkes SCORE teil. Dabei wurden auch 2021 in 90 Städten 110 Kläranlagen analysiert, um so Rückschlüsse auf den Drogenkonsum der Bevölkerung ziehen zu können. In Österreich wurden neun Kläranlagen analysiert und in Südtirol eine. Für die Studie wurden im Sommer 2021 über einen Zeitraum von einer Woche täglich Proben vom Zufluss der Kläranlagen entnommen.
„Die Einwohner*innen aus einer der zehn untersuchten Regionen trinken im Schnitt täglich ein Glas Wein, rauchen drei Zigaretten und konsumieren 0,06 Joints sowie rund ein Milligramm an aufputschenden Drogen“, so Chemiker Herbert Oberacher vom Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck. Somit liegen Österreich und Südtirol im Vergleich zu den anderen analysierten Regionen im hinteren Mittelfeld.
Cannabis und Kokain
Im Fokus der der Untersuchung standen die Suchtgifte Tetrahydrocannabinol (THC, Wirkstoff in Cannabis), Kokain, Amphetamin (Wirkstoff in Speed), 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA, Wirkstoff in Ecstasy) und Methamphetamin (Wirkstoff in Crystal Meth), sowie Alkohol und Nikotin. In fast allen Regionen war Cannabis die dominierende Droge, wobei im urbanen Raum mehr Cannabis konsumiert wurde als in ländlichen Gebieten. Bei den Stimulanzien, also den anregenden Stoffen, stand Kokain an der Spitze. Kokain wurde vor allem in Westösterreich konsumiert, den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Kokain verzeichnete Kufstein. Die größten Pro-Kopf-Konsummengen der Wirkstoffe Amphetamin (Speed) und Metamphetamin (Crystal Meth) gab es in Ostösterreich und dort v. a. in Graz. Der Pro-Kopf-Konsum von Alkohol und Nikotin war wiederum in ganz Österreich ähnlich hoch.
Drogen in der Pandemie
Auch die Auswirkungen der Pandemie (Stichwort Lockdowns) zeigen sich, wie Oberacher erklärt: „Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen scheinen Auswirkungen auf den Drogenmarkt zu haben. Auch wenn es regionale Unterschiede gibt, legen unsere Ergebnisse nahe, dass es insgesamt zu einem Rückgang beim Konsum von Partydrogen, insbesondere von MDMA/Ecstasy (minus 50 Prozent) aber auch Kokain (minus 10 Prozent) und Cannabis (minus 10 Prozent), gekommen ist. Weitere Auffälligkeiten waren Steigerungen des Methamphetamin/Crystal Meth- (plus 130 Prozent) und Amphetamin/Speed-Konsums (plus 30 Prozent). Der Konsum letztgenannter Drogen befindet sich zwar trotz Zunahme noch immer auf niedrigem Niveau, doch sollte diese Entwicklung im Sinne frühzeitiger Präventionsmaßnahmen im Auge behalten werden.“
Die erhobenen Daten liefern den Behörden und den politisch Verantwortlichen Entscheidungshilfen in der Drogenpolitik. Herbert Oberacher erklärt zu seinem Job abschließend: „Ich bin Wissenschaftler am Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck. Zu meinen primären Aufgaben gehören Forschung und Lehre. In der Fallarbeit bin ich nicht nur indirekt involviert. Der Konnex besteht lediglich darin, dass meine Forschungsgruppe analytische Methoden entwickelt, die in der Fallarbeit zum Einsatz kommen sollen.“