Die Belastung von Familien mit Kindern ist durch die Corona-Pandemie gestiegen, ebenso sind institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen und deren (größtenteils weibliche) Mitarbeiter*innen besonders von der angespannten Situation betroffen: Eine Studie, die das Zentrum für Professionalisierung der Elementarpädagogik (PEP) der Universität Graz gemeinsam mit der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin Berlin 2021 durchführte, ergab diese Ergebnisse. Untersucht wurde mittels Online-Befragungen die Verbreitung und Auswirkungen der Covid-19-Infektionen in Kitas, Krippen und Kindergärten in Deutschland, Österreich und der Schweiz in der 2. Welle (August 2020 bis Januar 2021). Nur wenige Haushalte waren direkt von Covid-19-Infektionen betroffen, die Belastung für die Familien war jedoch hoch. Auf die Frage, wie sie die Belastung während der Lockdown-Phase auf einer zehnstufigen Skala bewerten würden, wobei 10 für eine extrem hohe Belastung stand, gaben 73% der Familien einen Wert von sechs oder höher an. Auch die Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen wurden befragt und auch bei ihnen zeigte sich eine hohe Belastung. Gut ein Fünftel gab sogar den Höchstwert 10 an, 90% einen Wert ab sechs.
Wer an Bildung denkt, denkt meistens an Schulen und und an Universitäten. Dass Bildung jedoch bereits viel früher, nämlich im Kindergarten beginnt, wird mitunter wenig beachtet. In Österreich gab es 2020/2021 9.549 institutionelle Kinderbetreuungseinrichtungen (ohne Saisontagesheime), davon 4.582 Kindergärten, 2.417 Kinderkrippen und Kleinkindbetreuungseinrichtungen, 951 Horte und 1.599 altersgemischte Betreuungseinrichtungen. 373.881 Kinder waren mit Stichtag 15.10.2020 bundesweit in Kindertagesheimen eingeschrieben (Quelle: Statistik Austria).
Elementarpädagogik: Professionalisierung notwendig
Um die Relevanz der Elementarpädagogik herauszustreichen, wurde das Internationale Zentrum für Professionalisierung der Elementarpädagogik (PEP) an der Universität Graz errichtet. Catherine Walter-Laager, Vizerektorin für Studium und Lehre an der Uni Graz und Professorin für Elementarpädagogik, fordert Qualität in der Elementarpädagogik. Es brauche die besten Fachkräfte, die sowohl professionelle Handlungskompetenzen aufweisen, über eine gute Allgemeinbildung sowie über soziale und kommunikative Fähigkeiten verfügen, so die Expertin. Nur durch das passende Personal könne die Generation von morgen die Fähigkeit erlangen, selbstbestimmt, kritisch, sachkompetent und solidarisch zu handeln. Elementarpädagogik trage dabei zu einem positiven Start ins Leben bei: „In der Praxis gewährleisten gute elementarpädagogische Einrichtungen, dass Kinder viele außerfamiliäre Erfahrungen sammeln und die Kinder neben den familiären Netzwerken, weitere tragfähige Beziehungen zu erwachsenen Personen sowie Kinderfreundschaften aufbauen. Bei einer hohen Qualität in der Einrichtung ermöglichen diese Erfahrungen, dass Kinder viel lernen. Darüber hinaus sichern elementarpädagogische Einrichtungen, dass beide Elternteile im Berufsleben bleiben können und für die Kinder trotzdem bestens gesorgt wird.“
Erkenntnisse für die Öffentlichkeit
Das Internationale Zentrum für Professionalisierung der Elementarpädagogik (PEP) an der Universität Graz mache wissenschaftliche Erkenntnisse über die ersten Lebens- bzw. Bildungsjahre der Öffentlichkeit zugänglich und somit für die Praxis nutzbar und zudem werde in enger Zusammenarbeit mit pädagogischer Praxis oder Familien fundiertes Wissen generiert, so Walter-Laager. Was dies konkret bedeutet: „Ergebnisse aus der Forschung z. B. zur Nutzung digitaler Medien in der frühen Kindheit sind in einen Eltern-Leitfaden und ein Arbeitsmodell zur digitalen Bildung in den ersten Lebensjahren eingefloßen. Wissen über adaptive Lehr-Lernformate sind durch Tools, Arbeitsmaterialien und zum Teil kostenfreie (digitale) Weiterbildungen für die Praxis abrufbar und Instrumente zur Erhebung der Interaktionsqualität in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen stehen der Fachcommunity zur Verfügung. Zudem konzipiert das PEP bedarfsgerechte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für Verwaltungen oder Trägerschaften im In- und Ausland.“
Besseres Gehalt & qualitätsvolle Interaktionen
Die Relevanz der Elementarpädagogik sieht auch Walter-Laager. Bezugnehmend auf die eingangs zitierte Studie ergänzt sie: „In der ICKE-Studie haben uns über 16.000 Eltern zurück gemeldet, wie sie ohne die Einrichtungen kaum durch den Tag kommen und das den Kindern der Alltag in ihrer Krippe oder ihrem Kindergarten sehr fehlt. Auch machten sich die Eltern große Sorgen, dass die fehlenden Erfahrungen sich negativ auf die kindliche Entwicklung auswirken bzw. sie konnten zum Teil sogar sehen, wie die Kinder sich zurückzogen.“
Es brauche daher, so Walter-Laager, ein angemessenes Gehalt, ausreichend und gut ausgebildetes Personal und v.a. Zeit, für qualitätsvolle Interaktionen zwischen Pädagog*innen und Kindern.