In den 1970er-Jahren in New York City entstanden, begann sich die HipHop-Kultur in den 1980er Jahren weltweit auszubreiten – und landete auch in Österreich. Spätestens mit Beginn der 1990er Jahre bildete sich hierzulande „eine eigenständige und mittlerweile sehr vielfältige HipHop-Szene“, schreibt Frederik Dörfler-Trummer in „HipHop aus Österreich“.
Das Buch entstand aus Dörfler-Trummers Dissertation an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und gibt erstmals einen umfassenden Überblick über die mittlerweile mehr als 30-jährige Geschichte des österreichischen HipHop. Während seines Studiums habe er festgestellt, dass es dazu im akademischen Bereich „nichts gibt“. Das wollte der Musikwissenschafter ändern.
„HipHop galt in der Musikwissenschaft lange als Thema, das nicht forschungswürdig ist“, erzählt Dörfler-Trummer. In den letzten zehn Jahren habe sich aber viel getan. In den USA gebe es mit HipHop-Studies sogar ein eigenes Studienfach und auch in Österreich öffne sich der Wissenschaftsbereich für die HipHop-Kultur.
Samples als Zitate
Spannend seien die ganz unterschiedlichen Zugänge, die möglich sind: Breakdance aus sportwissenschaftlicher Sicht und Textanalysen in der Germanistik etwa. In seiner Arbeit sei es ihm wichtig gewesen, die Musik in den Vordergrund zu stellen, so Dörfler-Trummer. „Beim HipHop heißt es oft, dass musikalisch nicht viel passiert. Ich wollte zeigen, dass da sehr viel passiert und dass es interessant ist, sich das wissenschaftlich anzuschauen“.
In seinen Musikanalysen beschäftigte er sich mit jenen Subgenres, die in Österreich am weitesten verbreitet sind: Boom bap etwa, dem klassischen Sound der 1990er. „Beim Boom bap sind Soul- und Funk-Samples aus den 70er und 80er Jahren typisch. Diese Samples werden auch oft als Zitate verwendet, das heißt, sie verweisen auf andere Künstler*innen. Dahinter steht oft eine tiefere Bedeutung“.
Ziehharmonika und HipHop-Beats
Ein roter Faden, der sich durch Dörfler-Trummers Forschung zieht, ist der Begriff der „Glokalisierung“ – ein Kofferwort aus Globalisierung und Lokalisierung. Die beiden Begriffe stellen allerdings keine Gegensätze dar, sondern sind miteinander verbunden. Dörfler-Trummer beschreibt Glokalisierung als „Zusammenspiel von global verbreiteten Charakteristika und Phänomenen und deren Einbindung ins Lokale“.
Bei Texten in österreichischen Dialekten ist Glokalisierung deutlich erkennbar. Aber auch in der Musik ist dieser Prozess zu finden. So werde etwa durch Samples auf die eigene Herkunft verwiesen, erzählt Dörfler-Trummer: Wenn HipHop-Elemente mit dem typischen Wiener-Lied-Sound verbunden werden. Wenn Ziehharmonika, Zither und andere österreichische Musikinstrumente zu hören sind. Oder wenn ein Beat aus einer bekannten Melodie von Mozart aufgebaut ist.
Dörfler-Trummer promovierte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Seine Forschungen wurden durch zwei Stipendien der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sowie durch den österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) gefördert. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit ist er als DJ und Produzent tätig und gibt HipHop-Workshops an Schulen.
Das Buch „HipHop in Österreich“ ist im transcript Verlag erschienen.