Kein Turnunterricht, kaum Sport in der Freizeit und viel Zeit zuhause: Lockdowns und Homeschooling führten dazu, dass Kinder im Volksschulalter übergewichtiger und weniger fit sind als vor der Pandemie. Die ohnehin schon länger beobachtete Zunahme von übergewichtigen Kindern wurde deutlich beschleunigt, wie eine Studie von Sportwissenschaftlern zeigt.
Die Zahl der übergewichtigen oder adipösen Kinder in Österreich nahm innerhalb eines Jahres um fast vier Prozentpunkte zu. „Das entspricht in etwa der Zunahme innerhalb von vier Jahren“, sagt Gerald Jarnig vom Institut für Sportwissenschaften der Universität Graz.
Langes Laufen fällt schwerer
Volksschüler*innen nahmen laut Jarnig zudem nicht nur an Gewicht zu, sondern verloren auch an Ausdauer: „Die kardiorespiratorische Fitness nahm stark ab – und zwar sowohl bei übergewichtigen als auch bei nicht-übergewichtigen Kindern.“ Konnten die an der Studie teilnehmenden Volksschüler*innen im September 2019 noch durchschnittlich 917 Meter innerhalb von sechs Minuten laufend zurücklegen, schafften sie ein Jahr später nur noch 815 Meter.
Ist die kardiorespiratorische Fitness niedrig, steigt das Risiko für Blutzucker, Übergewicht und Bluthochdruck. „In weiterer Folge kann man an schweren, irreversiblen Krankheiten erkranken, wie etwa Diabetes Typ 2“, erklärt Jarnig.
Weitere Beobachtungen geplant
764 Kinder an zwölf Volksschulen in Klagenfurt und Umgebung nahmen an der Studie teil. Mit ihnen wurden vor und während der Pandemie Vergleichserhebungen und Fitnesstests durchgeführt. Bis zum Sommer 2022 sollen noch weitere Erhebungen und Tests stattfinden.
Die Ergebnisse der Studie lassen sich laut den Autoren auf die fast 350.000 Volksschüler*innen in ganz Österreich übertragen. Und sie deuten „auf einen Bedarf an gemeinschaftlichen Anstrengungen hin, um diese Veränderungen des Gesundheitsstatus der Kinder rückgängig zu machen und negative Langzeitfolgen für die Gesundheit zu verhindern“, schreiben Jarnig und seine Coautoren.
Eine Stunde Bewegung pro Tag
Doch wie können diese „gemeinschaftlichen Anstrengungen“ aussehen? „Bewegung an der frischen Luft und eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse“ nennt Jarnig als Schlüsselelemente. Vor allem soll die Bewegungsfreude der Kinder gefördert werden. Die Sportart sei zweitrangig.
Entscheidend sind hingegen Dauer und Regelmäßigkeit der sportlichen Betätigung. Als Richtwert nennt Jarnig die Bewegungsempfehlung für Kinder des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ), nämlich täglich eine Stunde Bewegung mittlerer bis höherer Intensität. Die Zeit dafür lasse sich etwa von der Bildschirmzeit abzwacken. Und das passt auch gut zu einer weiteren Empfehlung: Nach spätestens einer Stunde Sitzen sollen Kinder aufstehen und sich bewegen.