Kaum ist das Licht ausgeschaltet, beginnen die Gedanken zu kreisen – und an Schlaf ist nicht mehr zu denken. Schlafstörungen können eine große Belastung sein. Forscher*innen der MedUni Wien haben nun eine Studie zu krankhafter Schlaflosigkeit veröffentlicht. Unter der Leitung des Schlafforschers Stefan Seidel und der Epidemiologin Eva Schernhammer wurden die Schlafprobleme von 1.004 Personen abgefragt.
Das Ergebnis: Knapp acht Prozent der Österreicher*innen leiden unter krankhafter Schlaflosigkeit. Darunter versteht man Ein- und Durchschlafstörungen und frühmorgendliches Erwachen mit negativen Konsequenzen für die Tagesbefindlichkeit. Und das führt nicht nur zu körperlichen und geistigen Problemen, sondern auch zu hohen gesellschaftlichen Kosten.
Wenn gute Tipps nicht reichen
Doch wie weiß man, ob man unter chronischer Schlaflosigkeit leidet oder einfach nur manchmal schlecht schläft? „Chronische Insomnie ist durch eine Dauer von zumindest 3 Monaten und einer Häufigkeit von dreimal pro Woche oder häufiger gekennzeichnet“, erklärt Seidel.
Tipps zur Schlafhygiene sind bekannt: Keine schweren Mahlzeiten zu später Stunde etwa, das Schlafzimmer gut durchlüften, und das Smartphone nicht erst kurz vor dem Schlafengehen weglegen. Der Neurologe rät darüber hinaus zum persönlichen Gespräch mit dem*der Hausärzt*in. Und in weiterer Folge – vor allem bei fehlendem Therapieerfolg – zur Abklärung im Schlaflabor.
Nur jede*r Zweite holt Unterstützung
Die Studie zeigte allerdings noch ein weiteres alarmierendes Ergebnis: Nur jede*r Zweite mit krankhaften Schlafproblemen suchte professionelle Hilfe. „Daraus lässt sich ein dringender Bedarf nach besserem Screening und besserer Aufklärung in der Bevölkerung ablesen“, sagt Seidel. Die praktischen Ärzt*innen müssen „als wichtige Partner*innen und Gate-Keeper in die Versorgung und für die gezielte Zuweisung in spezialisierte Zentren“ eingebunden werden.
Spezialisierte Zentren wie etwa die MedUni Wien, wo Menschen, die Hilfe suchen, im neurologischen Schlaflabor und in der Schlafambulanz, in enger Kooperation mit der Neuropsychologie, unterstützt werden. Langfristig sei zudem die Gesundheitspolitik gefordert, so der Schlafforscher, denn: „Wir sind in Österreich deutlich unterversorgt“.
Risiko für Alzheimer, Demenz und Diabetes steigt
Die Therapie der Wahl bei chronischer Insomnie ist laut Seidel die kognitive Verhaltenstherapie. Die Insomnie dauere bei mehr als der Hälfte der Betroffenen über Jahre an. „Das bedeutet, es ist eine kontinuierliche Behandlung und vor allem der konsequente Einsatz der verhaltenstherapeutischen Maßnahmen nötig.“
Doch welche Folgen hat chronische Schlaflosigkeit auf den Körper? Kurzfristig sei der Abtransport von Amyloid-Plaques – Eiweißablagerungen im Gehirn oder „neuronaler Müll“, wie Seidel sagt – nicht mehr so effizient. Zudem geraten Stoffwechselprozesse, etwa die Blutzuckerregulation, außer Tritt. Und langfristig steige dadurch das Risiko für Krankheiten wie Alzheimer, Demenz oder Diabetes mellitus.